Urteil des BVerwG vom 16.06.2009

Rückforderung, Ablieferung, Schlechterstellungsverbot, Besoldung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 84.08
OVG 1 L 159/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsge-
richts des Landes Sachsen-Anhalt vom 29. September
2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 433,95 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet.
Der Kläger ist Gerichtsvollzieher. Bei der Festsetzung seiner Bürokostenent-
schädigung für das 4. Quartal des Jahres 2002 ermittelte der Beklagte einen
Gesamtbetrag von ca. 25 316 € und forderte 5 433,95 € zurück. Dieser Betrag
ergibt sich aus der Differenz der Bürokostenentschädigung und den vom Kläger
einbehaltenen Gebührenanteilen. Der Kläger wehrt sich gegen die Rückforde-
rung. Das Berufungsgericht hat seine Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Mit ihrer Grundsatzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wirft die Beschwerde
mehrere vermeintlich rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf, die
jedoch nicht zur Zulassung der Revision führen können. Sämtliche Fragen sind
in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt oder lassen sich ohne Durch-
führung eines Revisionsverfahrens beantworten.
Die Frage,
ob „§ 12 BBesG und insbesondere § 12 Abs. 1 BBesG
und das dort geregelte Schlechterstellungsverbot auf den
Fall der Ablieferung zuvor von einem Gerichtsvollzieher
vorläufig einbehaltener Gebührenanteile auf Grundlage
des § 49 Abs. 3 BBesG in Verbindung mit der jeweils gel-
tenden Gerichtsvollzieherentschädigungsverordnung An-
wendung“ finden und „mithin das Schlechterstellungsver-
bot des § 12 Abs. 1 BBesG der Rückforderung vorläufig
einbehaltender Gebührenanteile entgegen“ steht,
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ist bereits durch das Senatsurteil vom 19. August 2004 - BVerwG 2 C 41.03 -
(NVwZ-RR 2005, 214 ff.) entschieden.
Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass § 49 Abs. 3 Satz 1 BBesG neben der
Ermächtigung des Verordnungsgebers zum Erlass einer Abgeltungsregelung
zugleich die Verpflichtung des Dienstherrn zum regelmäßigen Ersatz der Kos-
ten enthält, die dem Gerichtsvollzieher entstehen, weil er ein Büro unterhalten
muss. Damit hat der Senat einerseits den Zusammenhang zwischen den Büro-
kosten und der Alimentation des Gerichtsvollziehers hergestellt und anderer-
seits Alimentation und Bürokostenentschädigung voneinander abgegrenzt. Der
Zusammenhang besteht darin, dass der Gerichtsvollzieher die Kosten für den
Unterhalt des Gerichtsvollzieherbüros aus seiner Alimentation bestreiten müss-
te, würde er keinen Ersatzanspruch haben. Dazu wäre er wegen seines An-
spruchs auf amtsangemessene Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG) jedoch nicht
verpflichtet. Der in dieser Senatsentscheidung verdeutlichte Unterschied des
Ersatzanspruchs zur Alimentation besteht darin, dass der Ersatzanspruch eine
Entschädigung des Gerichtsvollziehers auf der Grundlage einer typisierenden
und pauschalierenden Kostenermittlung, jedoch keine Besoldung darstellt. Dar-
aus folgt zwingend, dass die Bürokostenentschädigung weder zu den Dienst-
bezügen nach § 1 Abs. 2 BBesG noch zu den sonstigen Bezügen nach § 1
Abs. 3 BBesG gehört. Diese rechtliche Bestimmung der Bürokostenentschädi-
gung hat der Senat in der zitierten Entscheidung mit folgender Formulierung
zusätzlich bekräftigt (vgl. juris Rn. 12):
„Auch die Stellung der Vorschrift im systematischen Kon-
text spricht für die Annahme, dass § 49 Abs. 3 Satz 1
BBesG nicht zur Regelung einer Vergütung, sondern einer
Kostenabgeltung ermächtigt.“
Wegen dieser unmissverständlichen und ohne Weiteres nachvollziehbaren
rechtlichen Bewertung bedarf es keiner weiteren Klärung der von der Be-
schwerde aufgeworfenen Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren. Denn da
die Bürokostenentschädigung nicht zu den Bezügen gehört, liegt auf der Hand,
dass § 12 BBesG auf die Rückforderung von Bürokostenentschädigung nicht
anwendbar ist.
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Die zweite Frage,
ob „die dem § 12 Abs. 1 BBesG korrespondierenden
landesgesetzlichen Regelungen des Beamtenrechts, hier
§ 87 Abs. 1 BG LSA, und die hierdurch normierten
Schlechterstellungsverbote auf den Fall der Ablieferung zu-
vor von einem Gerichtsvollzieher vorläufig einbehaltener
Gebührenanteile auf Grundlage des § 49 Abs. 3 BBesG in
Verbindung mit der jeweiligen geltenden Gerichtsvollzie-
herentschädigungsverordnung Anwendung“ findet,
bedarf aus denselben Gründen, mit denen die Rechtsgrundsätzlichkeit der ers-
ten von der Beschwerde aufgeworfenen Frage verneint wurde, einer Klärung in
einem Revisionsverfahren.
Die dritte Frage,
„ob der Gerichtsvollzieher, von dem Rückforderungsbe-
träge verlangt werden, im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2
BBesG in Verbindung mit § 819 Abs. 1 BGB bösgläubig
ist“,
würde sich nach dem oben Gesagten in einem Revisionsverfahren nicht stellen,
sodass sie die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
schon aus diesem Grund nicht rechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Herbert Prof. Dr. Kugele Thomsen
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