Urteil des BVerwG vom 30.03.2006

Eigenschaft, Überprüfung, Beamtenrecht, Verwaltungsgerichtsbarkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 8.06
OVG 4 B 36.02
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. März 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin und Dr. Bayer
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg vom 25. November 2005 wird zurück-
gewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO, gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die aufgeworfenen
Rechtsfragen,
„inwieweit Funktionsträger mit besonderen, gesetzlich zu-
gewiesenen Aufgaben, die einerseits durch einen be-
stimmten Personenkreis gewählt sind, ihr Amt ehrenamt-
lich durchführen und ihre persönliche Stellung vergleichbar
dem Schutz der Personalvertretung ist, beteiligungsfähig
bzw. klagebefugt sein können“,
sowie
„inwieweit bei Funktionsträgern, bei denen im Gesetz eine
behördliche Streitbeilegung vorgesehen ist, das Klage-
recht bzw. die Beteiligtenfähigkeit ausgeschlossen ist“,
würden sich in dieser allgemeinen Form in dem angestrebten Revisionsverfah-
ren nicht stellen. Zu entscheiden wäre dort allenfalls über die Fragen, ob die
Frauenvertreterin nach dem Landesgleichstellungsgesetz des Landes Berlin
aufgrund ihrer Wahl durch einen bestimmten Personenkreis, aufgrund ihres
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Amtes als eines Ehrenamtes und aufgrund ihrer persönlichen, der eines Perso-
nalvertreters vergleichbaren Stellung beteiligtenfähig im Sinne des § 61 VwGO
und klagebefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist. Die Frage könnte jedoch
nicht umfassend, in einer alle rechtlichen Aspekte einbeziehenden Weise be-
antwortet werden. Soweit es, ausgehend von der Umschreibung und inhaltli-
chen Festlegung der Rechtsstellung der Frauenvertreterin durch das Beru-
fungsgericht anhand seiner Auslegung des Landesgleichstellungsgesetzes um
Auslegung des Verwaltungsprozessrechts geht, sind die anstehenden Fragen
bereits geklärt und nicht erneut klärungsbedürftig. Soweit es um die Auslegung
des Landesgleichstellungsgesetzes geht, handelt es sich um irrevisibles Lan-
desrecht, sodass die aufgeworfenen Fragen in einem Revisionsverfahren nicht
klärungsfähig sind.
Die Fähigkeit, am Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit
beteiligt zu sein, besitzen nach § 61 Nr. 1 VwGO u.a. natürliche Personen, und
klagebefugt ist nach § 42 Abs. 2 VwGO derjenige, der geltend macht, durch die
beanstandete behördliche Maßnahme in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können nach § 61 Nr. 1
VwGO auch Organe oder Amtswalter beteiligungsfähig sein, denen personale,
wenn auch über das Amtswalterverhältnis oder die Organstellung vermittelte
Rechtspositionen zustehen (Beschlüsse vom 7. März 1980 - BVerwG 7 B
58.79 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 179 und vom 29. Oktober 1980 - BVerwG
7 C 5.79 - Buchholz 300 § 21a GVG Nr. 2), sodass die Frauenvertreterin betei-
ligtenfähig ist.
Ob sie gleichzeitig auch klagebefugt ist, hängt davon ab, ob ihre in der Inneha-
bung der organschaftlichen Wahrnehmungszuständigkeiten bestehende
Rechtsposition ein Recht im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO ist. Dies bestimmt
sich nach den §§ 16 ff., insbesondere § 17 des Landesgleichstellungsgesetzes
- LGG - vom 31. Dezember 1990 (GVBl BE 1991 S. 8), zuletzt geändert durch
das Gesetz vom 29. Juni 2004 (GVBl BE S. 261). Diese Bestimmungen wie-
derum sind kein revisibles Recht. Zwar handelt es sich bei denjenigen Vor-
schriften des Landesgleichstellungsgesetzes, die eine Beteiligung der Frauen-
vertreterin an beamtenrechtlichen Maßnahmen zum Gegenstand haben, um
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Vorschriften beamtenrechtlichen Inhalts mit der Folge, dass ihre Auslegung,
weil es - materiell - um Beamtenrecht geht, gemäß § 127 Nr. 2 BRRG der revi-
sionsgerichtlichen Prüfung unterliegt (Urteil vom 1. Dezember 1982 - BVerwG
2 C 59.81 - BVerwGE 66, 291 <292>; Beschluss vom 10. Juni 1977 - BVerwG
2 B 15.77 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 34).
Inhalt und Reichweite der Mitwirkungsbefugnisse der Frauenvertreterin bei be-
amtenrechtlichen Maßnahmen will die Beschwerde aber nicht geklärt wissen.
Ihr geht es vielmehr um die Qualität der Mitwirkungsbefugnisse als Rechte im
Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO. Das aber betrifft die Vorschriften, die diese Be-
fugnisse zum Gegenstand haben, nicht in ihrer Eigenschaft als Bestimmungen
mit beamtenrechtlichem Inhalt. Ihre Auslegung durch das Berufungsgericht im
Sinne von Vorschriften, die Wahrnehmungszuständigkeiten ohne die entspre-
chende Rechtsdurchsetzungsmacht verleihen, ist der Überprüfung durch das
Revisionsgericht entzogen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung
des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Albers Prof. Dawin Dr. Bayer
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