Urteil des BVerwG vom 16.02.2005

Versorgung, Beamtenverhältnis, Dienstzeit, Forschung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 76.04
OVG 5 LB 326/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht G r o e p p e r und Dr. H e i t z
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsge-
richts vom 11. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 21 378,50 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Er-
folg. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass ein Revisionszulassungsgrund gemäß
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gegeben ist.
Der Kläger hat geltend gemacht, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung
gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund liegt vor,
wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren eine konkrete Rechtsfrage von ent-
scheidungserheblicher Bedeutung beantwortet werden kann, die im Interesse der
Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortbildung des Rechts höchstrichterli-
cher Klärung bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerde-
führer darzulegen, d.h. zu erläutern, worin der allgemeine, über den Einzelfall hi-
nausgehende Bedarf an der rechtlichen Klärung der von ihm aufgeworfenen Frage
liegen soll (BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr).
Diesen Darlegungsanforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Vor-
trag des Klägers lässt nicht erkennen, dass hinsichtlich einer der drei aufgeworfenen
Fragen ein Bedarf an rechtlicher Klärung in einem Revisionsverfahren bestehen
könnte:
Zum einen hält der Kläger für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, ob "Art. 33 Abs. 5
i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG … verletzt (ist), weil nach den hergebrachten Grundsätzen
des Berufsbeamtentums die Versorgung für Hochschullehrer im Sinne des Art. 5
Abs. 3 GG abweichend vom allgemeinen Beamtenversorgungsrecht zu gestalten ist."
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Insoweit beschränkt sich die Beschwerdebegründung auf die Behauptung, Art. 33
Abs. 5 GG i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG forderten ein eigenständiges Versorgungsrecht
für Hochschullehrer, ohne dies auch nur ansatzweise durch verfassungsrechtliche
Ausführungen zu erläutern. Die Beschwerdebegründung enthält keinen Hinweis dar-
auf, dass ein eigenständiges Versorgungsrecht für Hochschullehrer im Beamten-
verhältnis einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von
Art. 33 Abs. 5 GG darstellen könnte, weil ein solches Regelwerk während eines län-
geren, Tradition bildenden Zeitraums, vor allem unter der Weimarer Reichsverfas-
sung als verbindlich anerkannt und gewahrt worden ist (BVerfGE 8, 332 <343>; 70,
69 <79>; 83, 89 <98>). Auch geht der Kläger nicht darauf ein, aus welchem Grund
der von Art. 5 Abs. 3 GG gewährleistete Schutz der freien Betätigung von Hochschul-
lehrern in der wissenschaftlichen Forschung und Lehre vor staatlichen Eingriffen
durch ein eigenständiges Versorgungsrecht sichergestellt oder gestärkt werden
müsste.
Zum anderen hält der Kläger für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, "ob früher ange-
rechnete Kann-Zeiten später in Verbindung mit der Gewährung von anderen Renten-
leistungen auch für Hochschullehrer im Sinne des Art. 5 Abs. 3 GG korrigiert/gekürzt
werden dürfen". Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sich die Antwort ohne
weiteres aus dem Beamtenversorgungsgesetz ergibt. Gemäß § 67 Abs. 1 BeamtVG
gelten für die Versorgung der zu Beamten ernannten Professoren an Hochschulen
die Vorschriften dieses Gesetzes, soweit nachfolgend nichts anderes bestimmt ist.
Danach gelten für die Berücksichtigung von Zeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten
die allgemeinen Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes nach Maßgabe
von § 67 Abs. 2 und 3 BeamtVG. Die Regelung des § 67 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG,
wonach Entscheidungen über die Ruhegehaltfähigkeit von Zeiten unter dem Vorbe-
halt des Gleichbleibens der Rechtslage stehen, die ihnen zugrunde liegt, stimmt wört-
lich mit der allgemeinen Vorschrift des § 49 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz BeamtVG
überein. Davon ausgehend zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf, dass ent-
scheidungserhebliche Fragen der Auslegung von § 67 Abs. 2 und 3 BeamtVG oder
von §§ 48, 49 VwVfG revisionsgerichtlicher Klärung bedürfen.
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Schließlich hält der Kläger für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, "ob Tz 11.010 Satz 2
VwV-BeamtVG mit der Berücksichtigung betrieblicher Altersrenten als Anlass für die
Korrektur von Kann-Zeiten rechtmäßig ist". Dabei verkennt er, dass Verwaltungsvor-
schriften wie die VwV-BeamtVG grundsätzlich kein revisibles Recht darstellen. Sie
sind keine Rechtsnormen, sondern Willenserklärungen, die Rückschlüsse auf eine
entsprechende Verwaltungspraxis zulassen. Daher unterliegt ihre Auslegung der re-
visionsgerichtlichen Prüfung nur insoweit, als es um die Einhaltung der für Willenser-
klärungen geltenden allgemeinen Auslegungsgrundsätze geht (BVerwG, Urteile vom
29. März 1968 - BVerwG 4 C 27.67 - BVerwGE 29, 261 <269>, vom 26. April 1979
- BVerwG 3 C 111.79 - BVerwGE 58, 45 <49> und vom 7. Mai 1981 - BVerwG 2 C
5.79 - Buchholz 232 § 25 BBG Nr. 1).
Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auch
nicht dargetan, wenn man die Frage für gestellt hält, ob eine Entscheidung, wonach
eine Vordienstzeit als ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen ist, zurückgenom-
men werden darf, sobald der Versorgungsberechtigte für diese Zeit eine Betriebsren-
te erhält. Das Berufungsgericht hat diese Frage im Hinblick auf den Zweck von
§§ 12, 67 Abs. 2 BeamtVG bejaht. Es hat - unter Verweis auf Rechtsprechung des
Senats - ausgeführt, dass Beamte, die erst im vorgerückten Lebensalter in das
Beamtenverhältnis übernommen worden seien, durch die Berücksichtigung von Vor-
dienstzeiten als ruhegehaltfähige Dienstzeiten den sog. "Nur-Beamten" versorgungs-
rechtlich gleichgestellt werden sollten. Daher könnten Vordienstzeiten nicht berück-
sichtigt werden, wenn ihre Anrechnung dazu führen würde, dass die Gesamtversor-
gung aus Versorgungsbezügen und Renten höher läge als die Versorgung, die sich
bei Zurücklegung der maßgeblichen Zeiten im Beamtenverhältnis ergäbe. Die Be-
schwerdebegründung, die sich mit diesen Erwägungen nicht befasst, zeigt einen Be-
darf an weiterer Klärung nicht auf.
Soweit der Kläger rügt, das Berufungsurteil verletze ihn "in seinen Grundrechten aus
Art. 3, 14, 33 Abs. 5 sowie 20 Abs. 3 i.V.m. 28 Abs. 1 Satz 1 GG", formuliert die Be-
schwerdebegründung weder eine konkrete Frage noch enthält sie verfassungsrecht-
liche Ausführungen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streit-
werts ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG (zweifacher Jahresbetrag der Differenz zwi-
schen angestrebten und festgesetzten Versorgungsbezügen).
Albers Groepper Dr. Heitz