Urteil des BVerwG vom 06.06.2014
Rechtliches Gehör, Treu Und Glauben, Beförderung, Materielles Recht
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 75.13
OVG 10 A 11161/12
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Juni 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung und Dr. Kenntner
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 3. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdever-
fahren wird auf 25 175,61 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die der Sache nach auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie
auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde
ist unbegründet.
1. Der 1962 geborene Kläger steht als Hauptmann (BesGr A 11 BBesO) im
Dienst der Beklagten. Vom 1. September 2004 bis Ende Mai 2012 war er als
Mitglied des Personalrats vom militärischen Dienst freigestellt. Zur Bestimmung
seines weiteren beruflichen Aufstiegs bildete das Personalamt der Bundeswehr
im Jahr 2006 eine Vergleichsgruppe mit 12 Hauptleuten, in der der Kläger auf
dem Rangplatz 9 geführt wurde. Seinen im Jahr 2010 gestellten Antrag, ihn fik-
tiv auf einen nach der Besoldungsgruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten
zu versetzen, ihn in die Besoldungsgruppe A 12 BBesO einzuweisen sowie ihn
rückwirkend in vergütungs-, versorgungs- und dienstrechtlicher Hinsicht so zu
stellen, als sei er zu dem Zeitpunkt, zu dem erstmals ein schlechter als er be-
urteilter Hauptmann nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO befördert worden ist,
befördert und besoldet worden, lehnte die Beklagte ab. Seine Klage ist in bei-
den Instanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungs-
gericht im Wesentlichen ausgeführt:
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Es könne dahingestellt bleiben, ob der Beförderung des Klägers bereits der
Umstand entgegenstehe, dass er nicht fiktiv auf einen nach der Besoldungs-
gruppe A 12 BBesO bewerteten Dienstposten versetzt worden sei. Der Kläger
habe jedenfalls deshalb keinen Anspruch auf Beförderung, weil die Nachzeich-
nung seiner beruflichen Entwicklung nicht zu beanstanden sei. Der Kläger kön-
ne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr rügen, die Referenzgruppe sei für ihn zu
spät und in personeller Hinsicht schon im Grundsatz und auch in der Reihung
fehlerhaft gebildet worden. Denn er habe sich im Personalgespräch vom Okto-
ber 2006 nach eingehender Information und in Kenntnis aller Umstände mit der
Bildung der Referenzgruppe zu diesem Zeitpunkt, mit den betreffenden Sol-
daten und in der vorgesehenen Reihenfolge einverstanden erklärt. Auch sei er
hiergegen nicht mit der Beschwerde vorgegangen, sodass zu seinen Lasten
zumindest der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB greife. Der Ausschluss
der Einwendungen des Klägers gegen die Vergleichsgruppe und die Reihung
gelte umso mehr, als mit dieser Festlegung über Jahre hinweg die Grundlagen
für die Beförderungssituation freigestellter Mitglieder der Personalvertretung
festgeschrieben worden seien. Unerheblich sei, dass die Beklagte einen hinter
dem Kläger eingereihten Hauptmann befördert habe. Nach den Vorgaben des
Bundesministeriums der Verteidigung komme es allein auf die Anzahl der Be-
förderungen an.
2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache
nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätz-
liche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im
Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung
des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung
des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom
2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>).
Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht ge-
recht. Sie wendet sich vielmehr in der Art eines zulassungsfreien oder bereits
zugelassenen Rechtsmittels gegen die Argumentation des Oberverwaltungsge-
richts im konkreten Fall. Sie geht dabei von den Bestimmungen der Richtlinie
des Bundesministeriums der Verteidigung für die Förderung vom Dienst freige-
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stellter Soldatinnen und Soldaten vom 11. Juli 2002 (PSZ I 1 Az. 16-32-00/28,
- im Folgenden: Richtlinie -) und der hierzu ergangenen Erläuterungen des
Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. August 2010 (- im Folgenden: Er-
läuterungen -) aus. Die Frage, ob die rechtlichen Vorgaben im konkreten Fall
auf den vom Gericht festgestellten Sachverhalt zutreffend angewendet worden
sind - hier die Handhabung der Richtlinie und der Erläuterungen -, begründet
aber nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache. Bei einer
wohlwollenden Auslegung lassen sich der Beschwerdebegründung jedoch eini-
ge Fragen entnehmen, denen der Kläger rechtsgrundsätzliche Bedeutung bei-
misst. Diese rechtfertigen die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO jedoch nicht.
a) Auf der Grundlage der Richtlinie vom 11. Juli 2002 sieht der Kläger die
grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob es mit Art. 33
Abs. 2 GG vereinbar ist, dass das freigestellte Mitglied der Personalvertretung
nach Nr. 2.2.2 der Erläuterungen erst dann einzuweisen/zu befördern ist, so-
bald ein nächstes (nicht freigestelltes) Mitglied der Referenzgruppe für eine
Einweisung/Beförderung heran steht und soweit keine Hinderungsgründe in der
freigestellten Person vorliegen.
Diese Frage kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens dahingehend
beantwortet werden, dass diese Vorgehensweise mit Art. 33 Abs. 2 GG in Ein-
klang steht.
Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SBG und § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG darf die Frei-
stellung eines Soldaten von seiner dienstlichen Tätigkeit wegen der Mitglied-
schaft in der Personalvertretung nicht zu einer Beeinträchtigung des beruflichen
Werdegangs führen. Auf welche Weise der Dienstherr dies sicherstellt, ist
grundsätzlich ihm überlassen (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 C
11.09 - Buchholz 232.1 § 33 BLV Nr. 3 Rn. 15 zum Behinderungsverbot des
Art. 48 Abs. 2 GG).
Geht man, wie die Beschwerde, von der Richtlinie und den ergänzenden Erläu-
terungen aus, wird der vom Dienst freigestellte Soldat durch das in Nr. 2.2.2 der
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Erläuterungen geregelte System in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3
Abs. 1 SG beim ersten tatsächlichen Beförderungsverfahren berücksichtigt, in
dem er nach seinem Rangplatz hätte ausgewählt werden können. Stellte man
entsprechend den Überlegungen der Beschwerde bereits auf den Zeitpunkt der
Beförderung eines vor dem freigestellten Mitglied der Personalvertretung einge-
reihten Soldaten ab, hätte diese Verfahrensweise eine Bevorzugung des freige-
stellten Soldaten zur Folge. Er würde zu einem Zeitpunkt befördert, in dem er
nach seinem fiktiven Leistungsstand nicht hätte ausgewählt werden können.
Eine derartige Privilegierung ginge rechtlich unzulässig über das Verbot der
Benachteiligung eines freigestellten Soldaten hinaus.
b) Sinngemäß stellt die Beschwerde die weitere Frage, ob es der Rechtsgedan-
ke des § 839 Abs. 3 BGB ausschließt, dass ein freigestellter Soldat in einem
Verfahren auf Beförderung und Bewilligung von Schadensersatz die Rechtswid-
rigkeit der Bildung der Referenzgruppe (Zeitpunkt, einbezogene Soldaten sowie
konkrete Reihung der Soldaten) rügen kann, wenn er sich in einem Personal-
gespräch mehrere Jahre zuvor nach eingehender Information durch den Dienst-
herrn und in Kenntnis aller Umstände mit der Bildung dieser Referenzgruppe zu
diesem Zeitpunkt, mit diesen Soldaten und in der konkreten Reihung einver-
standen erklärt und hiergegen keinen Rechtsbehelf erhoben hat.
Auch diese Frage lässt sich ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf
der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts beantworten.
§ 839 Abs. 3 BGB ist eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips,
das in allgemeiner Form in § 254 BGB niedergelegt ist und für das gesamte
private und öffentliche Haftungsrecht gilt (Papier, in: Münchner Kommentar,
BGB, 6. Aufl. 2013, § 839 Rn. 329 f.). Bei rechtswidrigem Handeln des Staates
soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen und dem
Betroffenen dadurch die missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, ent-
weder den rechtswidrigen hoheitlichen Akt mit den ordentlichen Rechtsschutz-
mitteln anzugreifen oder aber diesen zu dulden und dafür zu liquidieren (BGH,
Urteil vom 15. November 1990 - III ZR 302/89 - BGHZ 113, 17 <22>). Nach
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dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhal-
ten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange
eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (BGH, Urteil vom
29. März 1971 - III ZR 98/69 - BGHZ 56, 57 <63>).
Dieser Rechtsgedanke ist in der Rechtsprechung zum öffentlichen Dienstrecht
sowohl auf Schadensersatzansprüche von Beamten wegen schuldhafter Verlet-
zung ihres aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs
(Urteile vom 25. August 1988 - BVerwG 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124>
= Buchholz 237.7 § 7 NWLBG Nr. 5, vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 -
BVerwGE 107, 29 <31> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40, vom 17. August 2005
- BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 ff.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2
GG Nr. 32 S. 28, vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136,
140 <143> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 S. 26 und vom 26. Januar
2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG
Nr. 53 jeweils Rn. 15) als auch auf entsprechende Ansprüche von Soldaten
(Beschluss vom 22. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 71.10 - juris Rn. 4) ange-
wendet worden.
§ 839 Abs. 3 BGB betrifft unmittelbar den Anspruch auf Schadensersatz. Für
den vorrangig geltend gemachten Anspruch auf Beförderung und Einweisung in
eine entsprechende Planstelle ist hinsichtlich der Bildung der Referenzgruppe
und der Reihung der darin einbezogenen Hauptleute der Gesichtspunkt der
Verwirkung maßgeblich. Auf diesen Aspekt hat das Oberverwaltungsgericht im
Zusammenhang mit seinen Ausführungen zu § 839 Abs. 3 BGB der Sache
nach abgestellt („nach Jahr und Tag“, UA S. 13). Es hat sowohl auf den erhebli-
chen zeitlichen Abstand zwischen dem Personalgespräch vom Oktober 2006
und der Stellung des Antrags auf Einweisung in eine Planstelle nach der Besol-
dungsgruppe A 12 BBesO erst im Dezember 2010 als auch auf den Umstand
abgehoben, dass die festgelegte Referenzgruppe über Jahre hinweg Grundlage
der beruflichen Förderung von freigestellten Soldaten ist und im konkreten Fall
für die berufliche Entwicklung des Klägers im Zeitraum seit dem Jahr 2006 bis
zum Ende seiner Freistellung am 31. Mai 2012 maßgeblich war.
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Der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und
Glauben ist auch im öffentlichen Recht einschließlich des öffentlichen Dienst-
rechts anwendbar. Dieser Einwand setzt neben dem Zeitablauf voraus, dass
der Inhaber eines materiellen oder prozessualen Anspruchs oder Gestaltungs-
rechts innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblie-
ben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unter-
nommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die
der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (Urteil vom
29. August 1996 - BVerwG 2 C 23.95 - BVerwGE 102, 33 <36> = Buchholz
237.95 § 10 S-HLBG Nr. 2 S. 4 m.w.N.; Beschluss vom 29. Oktober 2008 -
BVerwG 2 B 22.08 - juris Rn. 4). Danach kann ein Beamter oder Soldat sowohl
sein materielles Recht auf Überprüfung und gegebenenfalls Änderung seiner
dienstlichen Beurteilung als auch das prozessuale Klagerecht (BVerfG, Be-
schluss vom 26. Januar 1972 - 2 BvR 255/67 - BVerfGE 32, 305 <308 ff.>;
BVerwG, Urteil vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49,
351 <358> = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1 S. 5) oder auch seinen An-
spruch auf Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung verwirken (Urteil vom
13. November 2008 - BVerwG 2 C 11.07 - Buchholz 449.4 § 30 SVG Nr. 1
Rn. 21 ff.).
Diese Grundsätze gelten auch für einen freigestellten Soldaten, der trotz detail-
lierter Erläuterung der für sein berufliches Fortkommen maßgeblichen Refe-
renzgruppe erst nach Ablauf von mehreren Jahren geltend macht, diese Refe-
renzgruppe sei verspätet sowie in personeller Hinsicht bereits im Grundsatz und
in der Reihung fehlerhaft gebildet worden. Nach den insoweit nicht angegriffe-
nen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststel-
lungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Kläger im Oktober 2006 nach
eingehender Information durch die Beklagte in Kenntnis aller Umstände mit der
Bildung der Referenzgruppe zu dieser Zeit, mit diesen Soldaten und in dieser
Reihung einverstanden erklärt. Aus diesem Verhalten konnte die Beklagte be-
rechtigterweise den Schluss ziehen, der Kläger werde die ihm erläuterte Refe-
renzgruppe als Grundlage für die während seiner Freistellung zu treffenden
Personalentscheidungen nicht mehr in Frage stellen.
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Im Hinblick auf das zur Wahrung der eigenen Interessen gebotene Vorgehen
eines freigestellten Soldaten gegen den Zeitpunkt der Bildung der Referenz-
gruppe, gegen ihre personelle Zusammensetzung sowie gegen die Reihung der
einbezogenen Soldaten ist auch die Behandlung seines Begehrens durch die
Bundeswehr unerheblich. Ist das Beschwerdeverfahren erfolglos durchlaufen
worden, muss und kann der freigestellte Soldat - zumutbar - gerichtlichen
Rechtsschutz gegen die Bildung der Referenzgruppe in Anspruch nehmen, weil
diese nach der Konzeption der Beklagten für seine weitere berufliche Förderung
maßgeblich ist. Der in der Beschwerdebegründung aufgeführte Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 2013 (- BVerwG 1 WB 56.12 -) be-
fasst sich mit der insoweit nicht vergleichbaren Frage, ob ein Soldat beanspru-
chen kann, dass ihm der Dienstherr die Ergebnisse einer Perspektivkonferenz
offenlegt, die lediglich der Vorbereitung von Verwendungsentscheidungen dient.
Zu keiner anderen Beurteilung führt der Einwand der Beschwerde, der Kläger
hätte aufgrund seiner letzten dienstlichen Beurteilung - und damit vor der auf
ihrer Grundlage vorgenommenen Nachzeichnung - befördert werden müssen.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der
Kläger auf eine förderliche Verwendung auf der Grundlage seiner letzten tat-
sächlichen dienstlichen Beurteilung verzichtet und ausschließlich auf eine För-
derung aufgrund der Nachzeichnung auf der Basis der für ihn gebildeten Refe-
renzgruppe gesetzt. Aus diesem Verhalten konnte die Beklagte berechtigter-
weise folgern, der Kläger werde nicht mehr beanspruchen, auf der Basis seiner
letzten tatsächlichen dienstlichen Beurteilung aus dem Zeitraum vor der Bildung
der Referenzgruppe förderlich verwendet zu werden.
c) Die Frage, ob der Beklagten oder der Verwaltung der Bundeswehr wegen
ihrer Bindung an Recht und Gesetz jede ihrer Behauptungen zu glauben ist,
führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeu-
tung der Rechtssache. Denn das Gesetz bestimmt in § 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO ausdrücklich, dass das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamt-
ergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Der Grund-
satz der freien Beweiswürdigung schließt damit die Bindung an starre Beweis-
regeln aus.
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d) Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Antrag auf Beweiserhe-
bung als bloßer Ausforschungsbeweis zu bewerten ist, begründet nicht die
rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Diese
Frage ist in der Rechtsprechung bereits geklärt (Beschlüsse vom 29. März 1995
- BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266 S. 10 f. und
vom 28. Mai 2013 - BVerwG 7 B 46.12 - juris Rn. 6). Die korrekte Anwendung
dieser Grundsätze ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine
der richtigen Rechtsanwendung im Einzelfall.
e) Einzelfragen zur Anwendung der Richtlinie für die Förderung vom Dienst
freigestellter Soldatinnen und Soldaten und den hierzu ergangenen Erläuterun-
gen im konkreten Einzelfall begründen ebenfalls keine grundsätzliche Bedeu-
tung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
3. Die Beschwerde hat auch keinen Verfahrensmangel dargelegt, auf dem das
Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte,
die Ausführungen und Anträge der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen
und sich mit ihnen zu befassen. Dagegen gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen
Schutz gegen gerichtliche Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteilig-
ten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz
unberücksichtigt lassen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 -
BVerfGE 96, 205 <216 f.> m.w.N.).
aa) Hiernach hat das Oberverwaltungsgericht nicht dadurch das Recht des Klä-
gers aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, dass es im Urteil auf tatsächliches und
rechtliches Vorbringen des Klägers zu Umständen nicht eingegangen ist, auf
die es nach seiner Rechtsauffassung nicht ankommt. Dies gilt insbesondere für
die Ausführungen des Klägers zur Rechtmäßigkeit der Bildung der für seinen
weiteren beruflichen Aufstieg maßgeblichen Referenzgruppe, zum gebotenen
Zeitpunkt der Beförderung des Klägers sowie zu vorliegenden Beurteilungser-
kenntnissen aus dem Zeitraum bis Ende September 2006.
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bb) Auch soweit der Kläger rügt, das Oberverwaltungsgericht habe den Zeit-
punkt der Einweisung des auf der Rangstelle 8 geführten Soldaten in eine Plan-
stelle der Besoldungsgruppe A 12 BBesO unrichtig bewertet und damit seinen
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, genügt das Vorbringen nicht den An-
forderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn es wird nicht dargelegt, wel-
ches konkrete Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren das Oberver-
waltungsgericht übergangen hat.
cc) Die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisan-
trags, dass der Dienstposten, auf den der auf Rangplatz 10 gelistete Offizier
versetzt wurde, kein NATO-Dienstposten war und insbesondere einen Nach-
weis von Englischkenntnissen entsprechend SLP nicht erforderte, verletzt den
Kläger nicht in seinem Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG. Die Ablehnung eines Be-
weisantrags kann den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör nur
dann verletzen, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (BVerfG, Be-
schluss vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 - BVerfGE 50, 32 <36>;
BVerwG, Beschluss vom 12. Mai 1999 - BVerwG 9 B 264.99 - Buchholz 310
§ 108 Abs. 1 VwGO Nr. 3 S. 5). Dies ist hier nicht der Fall.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Beweisantrag wegen Unerheblichkeit der
unter Beweis gestellten Tatsache abgelehnt. Dies ist ein allgemein anerkannter
Grund für die Ablehnung eines unbedingten Beweisantrags (Urteil vom
24. März 1987 - BVerwG 9 C 47.85 - BVerwGE 77, 150 <157>; stRspr). Maß-
geblich ist dabei die materiell-rechtliche Rechtsauffassung des Berufungsge-
richts. Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Fallgestaltung, dass die
Auswahl des Hauptmanns mit Ranglistenplatz 10 rechtswidrig gewesen sein
sollte, für die dann eintretende Situation ausschließlich auf die Zahl der Förde-
rungen und den konkreten Ranglistenplatz des Klägers (Nr. 9) abgehoben.
dd) Das Vorbringen des Klägers zur tatsächlichen Anzahl der sog. „Zahlfälle“
hat das Oberverwaltungsgericht zur Kenntnis genommen. Dass es dem Vortrag
des Klägers inhaltlich nicht gefolgt ist, stellt keine Verletzung des Anspruchs
des Klägers auf rechtliches Gehör dar.
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ee) Nicht zu beanstanden ist es schließlich, dass das Oberverwaltungsgericht
den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag des Klägers abgelehnt
hat, zum Beweis der Tatsache, dass in Bezug auf die auf den Rangplätzen 6, 7,
11 und 12 gereihten Offiziere der Referenzgruppe des Klägers Angebote auf
förderliche Verwendungen nach Besoldungsgruppe A 12 BBesO unterbreitet
worden sind und sog. Zahlfälle vorliegen, die Personalakten dieser vier Offiziere
beizuziehen und diese urkundenbeweislich zu verwerten. Hinsichtlich des
Hauptmanns auf dem Rangplatz Nr. 7 ist das Oberverwaltungsgericht entspre-
chend der Angabe der Beklagten im Beschwerdebescheid vom 18. Februar
2013 von einem „Zählfall“ ausgegangen. In Bezug auf die Hauptleute auf den
Rangplätzen 6, 11 und 12 hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, es
handele sich insoweit um einen sog. Ausforschungsbeweis.
Der Kläger legt in der Beschwerdebegründung nicht dar, dass dieser anerkann-
te Ablehnungsgrund hier nicht vorliegt. Das Oberverwaltungsgericht hat die An-
forderungen an die Substantiierung eines Beweisantrags, die sich auch nach
der konkreten prozessualen Situation richten, nicht überspannt.
Die gebotene Substantiierung erschöpft sich nicht in der Nennung eines be-
stimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, die
das Beweisthema bezeichnet. Das Substantiierungsgebot verlangt vielmehr,
dass die Tatsache vom Beteiligten mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit
als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird.
Zwar darf sich ein Beteiligter insoweit mit einer Vermutung begnügen, wenn,
wie hier, die zu beweisende Tatsache nicht in seinen eigenen Erkenntnisbe-
reich fällt (Beschluss vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011,
264 Rn. 13). Wenn die Gegenseite aber der aufgestellten Vermutung mit einer
plausiblen Erklärung entgegengetreten ist, darf diese nicht einfach ignoriert
werden. Vielmehr muss sich der Beteiligte mit dieser Erklärung auseinanderset-
zen und hat greifbare Anhaltspunkte dafür zu benennen, dass seine Vermutung
entgegen der Erklärung der Gegenseite doch zutrifft. Einer ohne Auseinander-
setzung mit den Gegenargumenten „ins Blaue hinein“ aufrechterhaltenen Be-
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hauptung muss das Gericht nicht nachgehen (Beschluss vom 25. Januar 1988
- BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14).
Der Vertreter der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung angegeben, der
auf Rangplatz 7 gereihte Offizier sei ein solcher „Zählfall“ gewesen, weitere Fäl-
le hat er ausdrücklich verneint. Aus der Beschwerdebegründung ist nicht zu
entnehmen, dass sich der Kläger mit diesen konkreten Angaben des Beklag-
tenvertreters auseinandergesetzt und in der mündlichen Verhandlung gegentei-
liger Anhaltspunkte für die Richtigkeit seiner Behauptungen genannt hat.
Mit dem Vorbringen des Klägers zu einem möglichen Angebot einer förderli-
chen Verwendung an den auf Rangplatz 6 gereihten Hauptmann hat sich das
Oberverwaltungsgericht inhaltlich befasst. Hinsichtlich des Zeitpunkts des Per-
sonalgesprächs des auf Rangplatz 6 gereihten Offiziers mit Vertretern der Bun-
deswehrverwaltung genügt das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht
den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Es ist nicht Auf-
gabe des über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidenden Gerichts, die
Akten des gerichtlichen Verfahrens daraufhin zu überprüfen, in welchem
Schriftsatz der Kläger eine bestimmte Behauptung aufgestellt hat.
b) Dem Beschwerdevorbringen ist auch kein Verstoß des Berufungsgerichts
gegen die Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 Satz 1
VwGO zu entnehmen.
Die Darlegung eines solchen Verstoßes setzt voraus, dass die für erforderlich
gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen bezeichnet werden. Ferner muss dargelegt
werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme
weiterer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr bemängelt wird,
hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlun-
gen auch ohne solches Hinwirken des Beteiligten von sich aus hätten aufdrän-
gen müssen (Beschluss vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310
§ 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 S. 9). Dem genügt die Beschwerdebegründung
nicht.
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Welche Aufklärungsmaßnahmen die Tatsachengerichte ergreifen, haben sie auf
der Grundlage ihrer materiell-rechtlichen Rechtsauffassung zu entscheiden.
§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt nicht, dass ein Tatsachengericht Ermittlun-
gen anstellt, auf die es nach seiner Rechtsansicht für den Ausgang des Rechts-
streits nicht ankommt (Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - BVerwGE
140, 199 Rn. 25).
Auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts musste
nicht weiter aufgeklärt werden, zu welchem Zeitpunkt der Kläger zur Förderung
heranstand.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 71 Abs. 1 Satz 1, § 40,
§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG a.F. Der Wert des Schadensersatz-
antrages ist gemäß § 52 Abs. 6 GKG nicht zusätzlich anzusetzen.
Domgörgen
Dr. Hartung
Dr. Kenntner
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Rechtsgebiet:
BVerwGE:
nein
Soldatenrecht
Fachpresse:
ja
Beamtenrecht
Personalvertretungsrecht
Rechtsquellen:
GG
Art. 33 Abs. 2
SG
§ 3 Abs. 1
SBG
§ 51 Abs. 3 Satz 1
BPersVG
§ 46 Abs. 3 Satz 1
BGB
§ 839 Abs. 3
Stichworte:
Freigestelltes Personalratsmitglied; Nachzeichnung des beruflichen Werde-
gangs; nachträgliche Schadensersatzklage; unterbliebene Beförderung; Refe-
renzgruppenmodell der Bundeswehr; Verwirkung; Rügeverlust; Rechtsbehelfs-
möglichkeit.
Leitsatz:
Ein Soldat, der als Personalratsmitglied von der Dienstausübung freigestellt ist
(§ 51 Abs. 3 Satz 1 SBG, § 46 Abs. 3 Satz 6 BPersVG) und auf der Grundlage
des zur fiktiven Nachzeichnung seines beruflichen Werdegangs entwickelten
Referenzgruppenmodells der Bundeswehr Schadensersatz wegen unterlasse-
ner Beförderung begehrt, verwirkt sein Rügerecht hinsichtlich der ihn betreffen-
den Referenzgruppe, wenn er sich in einem mehrere Jahre zurückliegenden
Personalgespräch nach eingehender Information durch den Dienstherrn und in
Kenntnis aller Umstände mit der Bildung dieser Referenzgruppe (hinsichtlich
Zeitpunkt, einbezogene Soldaten und Reihung der Soldaten) einverstanden
erklärt und hiergegen keinen Rechtsbehelf erhoben hat.
Beschluss des 2. Senats vom 6. Juni 2014 - BVerwG 2 B 75.13
I. VG Koblenz vom 16.05.2012 - VG 2 K 700/11 -
II. OVG Koblenz vom 03.05.2013 - OVG 10 A 11161/12 -