Urteil des BVerwG vom 22.09.2008

Altersgrenze, Dienstverhältnis, Ermessen, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 74.07
OVG 1 A 3005/05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert, die
Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2007 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf die Wertstufe bis 15 000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche
Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden all-
gemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Recht-
sprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren
bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer,
diese Voraussetzungen darzulegen (Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG
8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr).
Der im Juli 1948 geborene Kläger stand als Berufssoldat im Dienste der Be-
klagten. Bevor er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt
wurde, war er im Range eines Hauptmanns als Offizier im Sanitätsamt der
Bundeswehr eingesetzt. Im Februar 2001 beantragte er eine Überprüfung sei-
ner Dienstfähigkeit. Mit Bescheid vom 20. November 2001 lehnte die Beklagte
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die erneute Berufung des Klägers in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten
wegen entgegenstehender dienstlicher Gründe ab. Der Kläger machte darauf-
hin Schadensersatzansprüche geltend, weil die Überprüfungsuntersuchung
schuldhaft verzögert worden sei. Klage und Berufung blieben erfolglos. Das
Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch unter anderem mit der
Begründung verneint, dass das Verhalten der Beklagten bei der Bescheidung
des Antrages des Klägers nicht kausal für den von ihm behaupteten Schaden
geworden sei. Der Kläger habe ausschließlich bis zum Erreichen der für ihn
geltenden besonderen Altersgrenze für Hauptleute nach § 45 Abs. 2 Nr. 4 Sol-
datengesetz reaktiviert werden wollen. Damit aber habe er einen Anspruch ver-
folgt, der ihm nach § 51 Abs. 4 Satz 2 Soldatengesetz nicht zugestanden habe.
Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,
ob die allgemeine Altersgrenze, auf die in § 51 Abs. 4 Sol-
datengesetz Bezug genommen wird, die allgemeine Alters-
grenze nach § 45 Abs. 1 Soldatengesetz oder aber die re-
gelmäßig angewandte Altersgrenze des § 45 Abs. 2 Solda-
tengesetz ist.
Diese Frage bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung. Ihre Beantwortung
ergibt sich bereits eindeutig aus dem Gesetz.
§ 45 des Soldatengesetzes (Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten - SG)
definiert sowohl in der aktuellen als auch in der zum Zeitpunkt der Behörden-
entscheidung maßgeblichen Fassung in Abs. 1 die allgemeine Altersgrenze für
Berufssoldaten und in Abs. 2 besondere Altersgrenzen. § 51 Abs. 4 Satz 1 des
Soldatengesetzes in der hier anzuwendenden Fassung vom 14. Februar 2001
(BGBl I S. 232, gültig vom 24. Dezember 2000 bis zum 29. April 2005 - SG a.F.)
sah vor, dass ein wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzter
Berufsoldat, der wieder dienstfähig geworden ist, erneut in das Dienstverhältnis
eines Berufssoldaten berufen werden kann, jedoch nicht nach Ablauf von fünf
Jahren seit der Versetzung in den Ruhestand oder nach Überschreiten der all-
gemeinen Altersgrenze. Auch der ähnlich lautende Wortlaut der aktuellen Fas-
sung (vom 30. Mai 2005, BGBl I S. 1482, gültig seit dem 30. April 2005) des
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§ 51 Abs. 4 Satz 1 SG erwähnt nur die allgemeine Altersgrenze und nicht etwa
die besonderen Altersgrenzen des § 45 Abs. 2 SG. Die nach Satz 1 im Ermes-
sen des Dienstherrn stehende Möglichkeit der Reaktivierung nicht mehr dienst-
unfähiger früherer Berufssoldaten wird in Satz 2 der Vorschriften zu einem An-
spruch des vorzeitig in den Ruhestand versetzten Berufssoldaten, falls nicht
zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Bereits aus diesem Verhältnis
der Sätze 1 und 2 des § 51 Abs. 4 SG zueinander und der besonderen Erwäh-
nung der allgemeinen Altersgrenze in Satz 1 der Vorschrift folgt, dass der Re-
aktivierungsanspruch des Berufssoldaten nicht auf einen bestimmten Zeitraum,
etwa bis zum Erreichen der besonderen Altersgrenzen nach § 45 Abs. 2 SG,
beschränkt werden kann. Dabei nimmt § 51 Abs. 4 Satz 2 SG in der aktuellen
Fassung sogar ausdrücklich noch einmal die „Voraussetzungen des Satzes 1“
auf, in dem die allgemeine Altersgrenze genannt wird. Im Übrigen folgt dies
auch aus dem Sinn der besonderen Altersgrenzen des § 45 Abs. 2 SG a.F., die
nach § 44 Abs. 2 SG a.F. dem Dienstherrn zum Zwecke einer bedarfsorientier-
ten Steuerung des Personalbestandes die Möglichkeit der vorzeitigen Zurruhe-
setzung ermöglichten und nicht etwa weitere bzw. zusätzliche oder gar regel-
mäßige Altersgrenzen für die dort genannten Dienstgrade darstellten. Nichts
anderes gilt für die Vorschriften in der aktuellen Fassung. Die derzeitige Praxis
der Beklagten bei der Zurruhesetzung ist nach dem eindeutigen Wortlaut des
§ 51 Abs. 4 SG unerheblich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG.
Herbert
Thomsen
Dr. Burmeister
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