Urteil des BVerwG vom 24.09.2013

Gemeinsame Einrichtung, Verfahrenskosten, Ermessen, Beendigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 73.13
OVG 1 Bf 71/12
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. September 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Kenntner
beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts
vom 24. April 2013 und des Verwaltungsgerichts Hamburg
vom 21. Februar 2012 sind wirkungslos.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Be-
klagte je zur Hälfte; die außergerichtlichen Kosten des
Beigeladenen trägt dieser selbst.
Der Wert des Streitgegenstands für das Beschwerdever-
fahren wird auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend §§ 141 Satz 1, 125
Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Die Vorentschei-
dungen sind wirkungslos (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Über die Kosten des Verfahrens in allen Instanzen ist gemäß § 161 Abs. 2
VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach-
und Streitstandes zu entscheiden. In Anlehnung an das in § 154 Abs. 1 VwGO
normierte Grundprinzip des Kostenrechts, nach dem der unterliegende Teil die
Verfahrenskosten zu tragen hat, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen,
die Kosten dem Beteiligten aufzuerlegen, der ohne die Erledigung voraussicht-
lich unterlegen wäre (Urteil vom 6. April 1989 - BVerwG 1 C 70.86 - BVerwGE
81, 356 <363>). Kann der hypothetische Ausgang des Verfahrens anhand einer
summarischen Prüfung nicht vorhergesagt werden, etwa weil er von der Beant-
wortung bislang höchstrichterlich nicht geklärter Fragen abhängt, sind die Kos-
ten den Beteiligten im Regelfall zu gleichen Teilen aufzuerlegen. Die Kosten-
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entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist nicht dazu bestimmt, trotz einge-
tretener Erledigung Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zu beantwor-
ten (Beschluss vom 2. Februar 2006 - BVerwG 1 C 4.05 - Buchholz 310 § 161
VwGO Nr. 123 Rn. 3 f.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Verfahrenskosten hier hälftig zu
teilen, weil die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO voraussichtlich zuzulassen gewesen wäre und der Ausgang des
Revisionsverfahrens offen erscheint. Ob und unter welchen Maßgaben die Zu-
weisung eines Beamten nach § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II an eine gemeinsame
Einrichtung auch gegen seinen Willen erfolgen kann und wie der für eine Been-
digung in § 44g Abs. 5 Nr. 2 SGB II vorausgesetzte „wichtige Grund“ verstan-
den werden muss, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
nicht geklärt. Gleiches gilt für die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen
zur Vereinbarkeit dieser Regelungen mit Art. 91e GG.
Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte
die Zuweisung des Klägers im Laufe des Beschwerdeverfahrens aufgehoben
hat. Zwar können im Rahmen der Billigkeitsentscheidung auch andere Umstän-
de, wie etwa die Herbeiführung des erledigenden Ereignisses berücksichtigt
werden. Dies wird insbesondere in Betracht kommen, wenn einer der Beteilig-
ten in der Sache nachgegeben hat, etwa die Behörde einen Kläger klaglos stellt
(vgl. Beschluss vom 26. November 1991 - BVerwG 7 C 16.89 - juris Rn. 12).
Vorliegend hat die Beklagte mit dem erlassenen Bescheid indes nicht ihren
Rechtsstandpunkt aufgegeben, sondern auf eine neue Situation reagiert - näm-
lich die erfolgreiche Bewerbung des Klägers auf eine freie Stelle (vgl. hierzu
Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO-Großkommentar, 3. Aufl. 2010, § 161
Rn. 100). Die Beklagte hat sich damit nicht in die „Rolle des Unterlegenen“ be-
geben, sondern auf eine nachträglich eingetretene Entwicklung reagiert. Hie-
raus lassen sich Anhaltspunkte für eine abweichende Billigkeitsentscheidung
nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entnehmen.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 2
GKG.
Domgörgen Dr. Heitz Dr. Kenntner
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