Urteil des BVerwG vom 11.07.2014

Vorteilsannahme, Rüge, Beamter, Vollstreckung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 70.13
OVG 11 A 10042/13.OVG
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dollinger
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 7. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg
(§ 132 Abs. 2 VwGO und § 69 BDG).
1. Der Beklagte stand zuletzt als Technischer Bundesbahnbetriebsinspektor
(Besoldungsgruppe A 9 mit Zulage) im Dienst des Klägers. 2004 versetzte ihn
der Kläger antragsgemäß in den Ruhestand. Mit im November 2008 rechtskräf-
tig gewordenem Urteil verhängte das Amtsgericht gegen den Beklagten eine
Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung
ausgesetzt wurde. Darin legte es ihm Bestechlichkeit in Tateinheit mit Untreue
und in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in sechs Fällen zur Last. Im Januar
2009 verpflichtete der Beklagte sich, an die DB Netz AG 30 000 € als Scha-
densausgleich zu zahlen.
Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht dem Beklag-
ten das Ruhegehalt aberkannt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen
gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es
ausgeführt: Der Beklagte habe als aktiver Beamter ein schwerwiegendes
Dienstvergehen begangen, insbesondere indem er Vorteile für die Vornahme
bestimmter dienstlicher Handlungen angenommen habe. In fünf Fällen habe er
für die Vergabe von Gleissicherungsaufträgen an bestimmte Auftragnehmer
Barzahlungen von insgesamt 2 100 € angenommen. In einem weiteren Fall ha-
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be er es einem Auftragnehmer für Gegenleistungen im Wert von 8 270 € er-
möglicht, überhöhte Abrechnungen vorzunehmen. Milderungsgründe von
rechtserheblichem Gewicht lägen nicht vor.
2. Die Beschwerde hat keinen Verfahrensmangel des angegriffenen Urteils auf-
gezeigt (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 69 BDG).
Die Rüge des Beklagten, an dem Berufungsurteil habe ein nicht ordnungsge-
mäß berufener ehrenamtlicher Richter mitgewirkt, greift nicht. Die Vereidigung
oder das Gelöbnis nach § 45 Abs. 3 und 4 DRiG ist zwar konstitutives Element
vor der ersten Dienstleistung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 DRiG) nach der Bestellung als
ehrenamtlicher Richter. Ist eine zum ehrenamtlichen Richter berufene Person
nicht vereidigt worden oder hat sie das Gelöbnis nicht abgegeben, so hat ein
Nichtrichter bei der Urteilsfindung mitgewirkt und das Gericht war dann nicht
ordnungsgemäß besetzt (vgl. Urteil vom 21. Oktober 1980 - BVerwG 2 WD
17.80 - BVerwGE 73, 78 <79> m.w.N.). Eine derartige Fallgestaltung ist weder
vom Beklagten dargetan noch sonst ersichtlich. Der Beschwerdevortrag des
Beklagten ist nicht verständlich. Er trägt nur vor, der ehrenamtliche Richter A.
habe nicht ordnungsgemäß gelobt, die Richterpflichten zu erfüllen. Der weitere
Satz, entgegen der Bestimmung des § 45 Abs. 2 DRiG habe er zwar die rechte
Hand erhoben, bleibt unvollständig. Aus diesen kursorischen Bemerkungen
können keine rechtlichen Schlüsse gezogen werden.
3. Auch die Divergenzrüge greift ersichtlich nicht durch (§ 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO).
Der Beklagte macht geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Divergenz zu
den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 2002 - BVerwG
2 WD 14.02 - (Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 19) und vom 13. Dezember 2012
- BVerwG 2 WD 29.11 - (BVerwGE 145, 269 = Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002
Nr. 42). Das Oberverwaltungsgericht habe den Rechtssatz des Bundesverwal-
tungsgerichts nicht beachtet, Vorteilsannahme auf Veranlassung des Vorge-
setzten sei als Milderungsgrund zugunsten des Beamten zu berücksichtigen.
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Eine Divergenzrüge ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hin-
reichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die
angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem
die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen
hat (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310
§ 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Danach hat der Beklagte eine Divergenz
schon deshalb nicht bezeichnet, weil die angeführten wehrdisziplinarrechtlichen
Entscheidungen nicht zu dem hier einschlägigen § 13 Abs. 1 und 2 BDG ergan-
gen sind.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 13 Abs. 1
Satz 2 bis 4 BDG in den Fällen der Vorteilsannahme ist ein Beamter, der sich
wegen Bestechlichkeit strafbar macht, im Regelfall aus dem Beamtenverhältnis
zu entfernen. Befindet er sich bereits im Ruhestand, ist die Aberkennung des
Ruhegehalts geboten (§ 13 Abs. 2 Satz 2 BDG, stRspr; vgl. nur Urteil vom
28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 29 f.). Eine Ver-
nachlässigung der Aufsichtspflicht kann im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt
der Verletzung der Fürsorgepflicht oder des „Mitverschuldens“ als Mitursache
einer dienstlichen Verfehlung bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme
mildernd berücksichtigt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für besondere
Umstände vorliegen, die ausreichende Kontrollmaßnahmen unerlässlich ma-
chen, solche aber pflichtwidrig unterbleiben (Urteil vom 10. Januar 2007
- BVerwG 1 D 15.05 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 14).
Mit seiner Rüge, in der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe seien
nicht beachtet worden, greift der Beklagte hier nur die fallbezogene Würdigung
des festgestellten Sachverhalts durch das Oberverwaltungsgericht an, die zur
Verneinung dieses Milderungsgrundes geführt hat. Dies ist nicht geeignet, eine
Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darzulegen (vgl. Beschluss
vom 20. Dezember 2013 - BVerwG 2 B 35.13 - NVwZ-RR 2014, 314 <315>).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Ein Streitwert für das
Beschwerdeverfahren muss nicht festgesetzt werden, weil die Höhe der Ge-
richtsgebühren betragsgenau festgelegt ist (§ 85 Abs. 12 Satz 1 und 2, § 78
Satz 1 BDG i.V.m. Nr. 10 und 62 des Gebührenverzeichnisses der Anlage zu
diesem Gesetz).
Domgörgen Dr. Heitz Dollinger
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