Urteil des BVerwG vom 03.04.2014

Verfassungskonforme Auslegung, Übertragung, Unternehmen, Privatisierung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 70.12
VGH 6 BV 11.2713
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. April 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
Dr. Hartung
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beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 19. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf
5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Nichtzu-
lassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Der Kläger ist Bundesbeamter und als Technischer Fernmeldeamtsrat (Besol-
dungsgruppe A 12) bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) beschäftigt. Im Mai
2010 wies ihm die DTAG eine Tätigkeit im (Tochter-)Unternehmen Deutsche
Telekom Netzproduktion GmbH (DTNP) als Senior Referent Support Voice am
Dienstort Nürnberg und mit einem im Einzelnen umschriebenen Aufgabenkata-
log zu. Im Widerspruchsbescheid ergänzte sie den Zuweisungsbescheid um die
Zuweisung eines abstrakt-funktionellen Aufgabenkreises als Senior Referent in
diesem Unternehmen. Die Tätigkeit eines Senior Referenten Support Voice sei
der Entgeltgruppe 8 zugeordnet, die der Besoldungsgruppe A 12 entspreche.
Die Funktion des Senior Referenten entspreche der Funktionsebene eines
Sachbearbeiters und damit der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes und
der Besoldungsgruppe A 9 bis A 13g/h.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage gegen die Zuweisungsverfügung ab-
gewiesen. Rechtlich unerheblich sei zum einen, ob die Zuweisungsverfügung
und der Widerspruchsbescheid von Beamten oder von anderen Bediensteten
unterzeichnet seien. Zum anderen müsse zwar die dauernde Zuweisung nach
§ 4 Abs. 4 Satz 2 Postpersonalrechtsgesetz sich sowohl auf das dem Statusamt
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entsprechende abstrakte Tätigkeitsfeld des Beamten als auch auf die dem Sta-
tusamt und dem abstrakten Tätigkeitsfeld entsprechende konkrete Tätigkeit
(Arbeitsposten) beziehen. Die dem Beamten zugewiesene - abstrakte und kon-
krete - Tätigkeit sei so genau zu bestimmen, dass ihre Art und Wertigkeit so-
wohl für den betreffenden Beamten - zur Sicherstellung seines Anspruchs auf
amtsangemessene Beschäftigung - als auch für das aufnehmende Tochter-
oder Enkelunternehmen eindeutig vorgegeben seien. Diesen Anforderungen
genüge die angegriffene Zuweisungsverfügung; sie gliedere den Kläger dauer-
haft in das aufnehmende Tochterunternehmen DTNP ein und weise ihm mit
hinreichender Bestimmtheit einen abstrakt-funktionellen Aufgabenkreis als Se-
nior Referent und einen konkret-funktionellen Arbeitsposten als Senior Referent
Support Voice zu. Die dem Kläger übertragene Tätigkeit sei amtsangemessen.
Sie entspreche in ihrer Wertigkeit seinem statusrechtlichen Amt eines Techni-
schen Fernmeldeamtsrats im gehobenen technischen Dienst der Besoldungs-
gruppe A 12. Den maßgeblichen Rechtsnormen lasse sich nicht entnehmen,
dass die Zuweisung auch den Verbleib des dem Beamten zustehenden abs-
trakt-funktionellen Amtes klären müsse und dieses jedenfalls nicht bei dem auf-
nehmenden Unternehmen ansiedeln dürfe. Denn bei den privatrechtlich organi-
sierten Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost gebe es keine Funk-
tionsämter. Die Beamten seien dort in gleichwertigen Tätigkeiten beschäftigt,
die als amtsgemäße Funktionen gelten. Die ihm zugewiesene Tätigkeit sei nicht
gebündelt bewertet, denn sie sei nicht die irgendeines Senior Referenten aus
der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes, sondern allein eine solche mit
der Wertigkeit des Statusamtes der Besoldungsgruppe A 12. Die Frage, ob eine
gebündelte Bewertung der in der Entgeltgruppe T 8 zusammengefassten Ämter
der Besoldungsgruppen A 11 bis A 13g/h möglich wäre, stelle sich deshalb
nicht.
Zu keinem der drei von der Beschwerde angeführten Themenkomplexe liegt ein
Revisionszulassungsgrund vor.
1. Im Hinblick auf die Frage der Ausübung von Dienstvorgesetztenbefugnissen
durch Nichtbeamte liegen weder die Zulassungsgründe der grundsätzlichen
Bedeutung noch der Divergenz vor.
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a) Die Frage,
„ob Nichtbeamte und Nichtangehörige des öffentlichen
Dienstes beamtenrechtliche Verfügungen gegenüber Be-
amten treffen können, ohne selbst beamtenrechtlich vor
der Verfassung und den Beamtenpflichten verantwortlich
zu sein“,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem
zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bis-
lang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsver-
fahren bedarf (Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91> und vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ
2011, 507; stRspr). Eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Ent-
scheidung ist nach der ständigen Rechtsprechung aller Senate des Bundes-
verwaltungsgerichts nicht erforderlich, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage
auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen
Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt
(Beschlüsse vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268
<270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13 und vom 16. November 2004
- BVerwG 4 B 71.04 - NVwZ 2005, 449 <450>). So verhält es sich hier.
Das Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) vom 14. September 1994 (BGBl I
1994 S. 2325) in der hier maßgeblichen Fassung vom 5. Februar 2009 (BGBl I
S. 160) regelt die Rechtsstellung der bei den Postnachfolgeunternehmen be-
schäftigten Beamten. Nach § 1 Abs. 1 PostPersRG sind die Aktiengesellschaf-
ten ermächtigt, die dem Dienstherrn Bund obliegenden Rechte und Pflichten
gegenüber den bei ihnen beschäftigten Beamten wahrzunehmen. Die Befugnis-
se der obersten Dienstbehörde sowie des obersten Dienstvorgesetzten und des
obersten Vorgesetzten nimmt nach § 1 Abs. 2 PostPersRG der Vorstand wahr.
Der Vorstand wiederum kann nach § 1 Abs. 4 PostPersRG seine Befugnisse
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durch im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende allgemeine Anordnung auf
Organisationseinheiten oder Stelleninhaber übertragen, die nach § 3 Abs. 1
PostPersRG die Befugnisse einer Dienstbehörde oder eines Dienstvorgesetz-
ten ausüben (vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 -
juris Rn. 17 f. und vom 8. Mai 2008 - BVerwG 2 C 135.07 - Buchholz 232 § 69a
BBG Nr. 1 Rn. 4). Das Postpersonalrechtsgesetz geht mithin davon aus, dass
auch Nichtbeamte Vorgesetztenfunktion gegenüber Beamten ausüben können,
denn Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind keine Beamte und das
Postpersonalrechtsgesetz schreibt auch nicht vor, dass für den Vorstand nur
- ihm unterstellte - Beamte handeln dürfen. Diese gesetzliche Regelung findet
ihre Rechtfertigung in der grundgesetzlichen Regelung der Privatisierung der
Deutschen Bundespost in Art. 143b Abs. 3 GG, wonach die bei der Deutschen
Bundespost tätigen Bundesbeamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und
der Verantwortung des Dienstherrn bei den privaten Postnachfolgeunterneh-
men beschäftigt werden (Satz 1) und die Postnachfolgeunternehmen Dienst-
herrenbefugnisse ausüben (Satz 2). Das anzuwendende materielle Recht - hier
das Beamtenrecht - gilt unabhängig vom Status - Beamter oder Nichtbeamter -
des zu seiner Anwendung Berufenen; auch Nichtbeamte müssen die Verfas-
sung und das Beamtenrecht beachten.
Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gebieten entgegen der Auffassung des Klägers keine
Korrektur dieses Ergebnisses. Ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeam-
tentums, dass Dienstvorgesetztenbefugnisse nur durch Beamte ausgeübt wer-
den dürften, besteht nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil
vom 27. April 1959 (2 BvF 2/58 - BVerfGE 9, 268 <287>) - in Abgrenzung zur
Mitbestimmungsbefugnis des Personalrats und der Entscheidungsbefugnis der
Einigungsstelle - ausgeführt, dass über Personalangelegenheiten eines Beam-
ten in der Regel allein die ihm vorgesetzten Dienstbehörden entscheiden, die in
einem hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis stehen. Ein Gebot
einer Entscheidung gerade durch Beamte ist hierin nicht enthalten und ergibt
sich auch nicht aus Art. 33 Abs. 4 GG, wonach die Ausübung hoheitsrechtlicher
Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel in einem öffentlich-rechtlichen
Dienst- und Treueverhältnis stehenden Angehörigen des öffentlichen Dienstes
- also Beamten - zu übertragen ist. Dies folgt jedenfalls daraus, dass für den
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Bereich der Privatisierung der Deutschen Bundespost in Art. 143b Abs. 3 GG
eine Sonderregelung und damit eine eng umgrenzte Abweichungsbefugnis von
der Regel des § 33 Abs. 4 GG unmittelbar in der Verfassung selbst getroffen
worden ist (vgl. Lenders/Weber/Wehner, PostPersRG, 2. Aufl. 2014, Einleitung
Rn. 30 a.E. unter Hinweis auf BTDrucks 12/7269 S. 5 f.). Wenn danach die Be-
amten der Deutschen Bundespost unter der Verantwortung des Dienstherrn bei
den privaten Postnachfolgeunternehmen beschäftigt werden und diese auch
Dienstherrenbefugnisse ausüben, ist in dieser Form der Beleihung (vgl. Urteil
vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - Buchholz 232.0 § 46 BBG 2009 Nr. 1
Rn. 12) auch die Wahrnehmung der Dienstherrenbefugnisse durch Nicht-
Beamte angelegt.
Dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (2 BvR
133/10 - BVerfGE 130, 76) ist entgegen der Auffassung des Klägers insoweit
nichts anderes zu entnehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem
Urteil in Bezug auf ein dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG unmittel-
bar unterfallendes Landesgesetz zwar entschieden, dass die Vorgaben des
Art. 33 Abs. 4 GG auch für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in privat-
rechtlicher Organisationsform gelten (BVerfGE 130, 76 <110 f.>). Es hat aber
zugleich ausgeführt, dass Art. 33 Abs. 4 GG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis
statuiert, also selbst Ausnahmen ermöglicht. Das Regel-Ausnahme-Verhältnis
hat eine quantitative Dimension (der Regelfall darf nicht faktisch zum Ausnah-
mefall werden) und eine qualitative Dimension: Ausnahmen kommen in Be-
tracht für Fälle, in denen der Sicherungszweck des Funktionsvorbehalts die
Wahrnehmung der betreffenden hoheitlichen Aufgabe durch Berufsbeamte
ausweislich bewährter Erfahrung nicht erfordert oder im Hinblick auf funktionelle
Besonderheiten nicht in gleicher Weise wie im Regelfall angezeigt erscheinen
lässt; es bedarf der Rechtfertigung durch einen besonderen sachlichen Grund
(BVerfGE 130, 76 <114 f.>). Hiernach wären die mit der Privatisierung der
Deutschen Bundespost verbundenen Ausnahmen vom Funktionsvorbehalt des
Art. 33 Abs. 4 GG gerechtfertigt - abgesehen davon, dass der Funktionsvorbe-
halt, wie dargelegt, schon verfassungsunmittelbar durch Art. 143b Abs. 3 GG
bereichspezifisch modifiziert wird (vgl. auch Bergmann, in: Hömig, GG, 10. Aufl.
2013, Art. 33 Rn. 15).
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Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist auch keine verfassungskonforme
Auslegung des § 1 Abs. 2 PostPersRG dahin gehend geboten, dass nur Beam-
te oder Angestellte des öffentlichen Dienstes für den Vorstand Dienstvorgesetz-
tenbefugnisse ausüben könnten, solange § 20 PostPersRG nur eine Rechts-
aufsicht, nicht aber eine Fachaufsicht hinsichtlich der Ausübung der dienstrecht-
lichen Befugnisse durch die Organe der Aktiengesellschaft vorsehen. Das Bun-
desverfassungsgericht hat in dem erwähntem Urteil selbst für den grundrechts-
intensiven Bereich des Maßregelvollzugs, also für einen „Kernbereich hoheitli-
cher Befugnisse“, eine Notwendigkeit des Einsatzes von Beamten nach Art. 33
Abs. 4 GG verneint (BVerfGE 130, 76 <120>). Zwar hat es im Hinblick auf das
Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) bei der Beleihung Privater eine Legitima-
tion in personeller und sachlich-inhaltlicher Hinsicht verlangt und letztere in der
Bindung der Privaten an das Gesetz und auch in der ministeriellen Fachaufsicht
gesehen (BVerfGE 130, 76 <127>). Es hat aber auch betont, dass das Legiti-
mationsniveau umso höher sein müsse, je intensiver die in Betracht kommen-
den Entscheidungen die Grundrechte berührten (BVerfGE 130, 76 <124>). Die
Intensität der Grundrechtseingriffe ist bei Maßnahmen im Maßregelvollzug un-
gleich höher als bei dienstrechtlichen Maßnahmen in einem privatisierten Be-
reich der Daseinsvorsorge. Durch die mit der Regelung des Art. 143b Abs. 3
Satz 2 GG verbundene Rechtsaufsichtspflicht des Bundes wird sichergestellt,
dass dieser seiner Verantwortung gegenüber den Beamten der früheren Deut-
schen Bundespost auch weiterhin gerecht werden kann (vgl. Hömig, in: Hömig,
GG a.a.O. Art. 143b Rn. 7 a.E.).
b) Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu-
zulassen.
Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich
bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz
benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Rechtssatz
in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Be-
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schluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, S. 3328). Das Aufzeigen einer fehler-
haften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwal-
tungsgericht oder des Bundesverfassungsgerichts genügt weder den Zulässig-
keitsanforderungen einer Divergenz- noch denen einer Grundsatzrüge (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz
421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).
Der Kläger sieht eine Divergenz des Berufungsurteils zum Urteil des Bundes-
verfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (2 BvR 133/10 - BVerfGE 130, 76)
darin, dass das Bundesverfassungsgericht eine Fachaufsicht über die mit den
Hoheitsaufgaben Beliehenen fordere, das Berufungsurteil das Erfordernis einer
Fachaufsicht aber deshalb verneine, weil damit das Ziel der Privatisierung in
einem maßgeblichen Punkt verfehlt werde. Damit ist eine Divergenz nicht dar-
gelegt. Das folgt daraus, dass das Berufungsgericht seine Rechtsansicht maß-
geblich auf die Regelung des Art. 143b Abs. 3 GG gestützt hat, diese beim Ur-
teil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Januar 2012 (a.a.O.) aber keine
Rolle gespielt hat, die Entscheidungen also nicht in Anwendung derselben
Rechtsvorschrift ergangen sind.
c) Soweit die Beschwerde im Hinblick auf die von ihr vorstehend unter 1.b) gel-
tend gemachte Abweichung von den tragenden Urteilsgründen der Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts zugleich eine grundsätzliche Bedeutung
der Rechtssache herleitet (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), ist auch dem nicht zu
folgen. Insoweit fehlt es bereits an der erforderlichen Darlegung. Die Beschwer-
de formuliert keine als grundsätzlich bedeutsame angesehene Frage. Soweit
die Ausführungen in der Beschwerde so zu verstehen sein sollten, dass als
grundsätzlich bedeutsam die Frage aufgeworfen wird, ob bei der Übertragung
hoheitlicher Aufgaben auf Private stets eine Fachaufsicht erforderlich ist, be-
steht kein grundsätzlicher Klärungsbedarf, wie sich aus den Ausführungen unter
1.b) ergibt.
2. Hinsichtlich der in der Beschwerdebegründung unter der Überschrift „Über-
tragung eines abstrakten Funktionsamtes auf die mit Dienstherrenbefugnissen
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ausgestattete Tochter- und Enkelunternehmen der Postnachfolgeunternehmen“
aufgeworfenen Fragen fehlte es ebenfalls an der geltend gemachten grundsätz-
lichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Soweit die Beschwerde auf den Begriff des abstakten Funktionsamtes oder
abstrakt-funktionellen Amtes abhebt, dessen „Schicksal“ im Falle der Zuwei-
sung ungeklärt bleibe, ist auf die Rechtsprechung des Senats zu verweisen, in
der diese Frage geklärt ist und die der Verwaltungsgerichtshof auch herange-
zogen hat.
Bei den privatrechtlich organisierten Postnachfolgeunternehmen gibt es keine
Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Daher müssen die in
§ 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wirklichkeit an die orga-
nisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst wer-
den (Urteile vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - BVerwGE 123, 107 <113>
und vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz
232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 16). Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG.
Danach findet § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige
Tätigkeiten bei der Aktiengesellschaft als amtsgemäße Funktionen gelten.
Zum anderen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Grundsät-
ze über die Übertragung eines abstrakt-funktionellen und eins konkret-funktio-
nellen Amtes uneingeschränkt auch für diejenigen Beamten gelten, die einem
Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost zur Dienstleistung zugewie-
sen sind. Gemäß § 143b Abs. 3 Satz 1 und 2 GG müssen diese Unternehmen
bei Ausübung der Dienstherrenbefugnisse die Rechtsstellung der Beamten, d.h.
die sich aus ihrem Status ergebenden Rechte, wahren (Urteil vom 18. Sep-
tember 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33
Abs. 5 GG Nr. 99, jeweils Rn. 8 ff.). Diese Grundsätze gelten, wie ausgeführt,
mit der Maßgabe, dass es bei den Postnachfolgeunternehmen keine Ämter-
struktur gibt und die Begriffe an die Gegebenheiten dieser Unternehmen anzu-
passen sind.
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Miwurden die Voraussetzungen geschaffen, Beamte
Tochter-, Enkelunternehmen und Beteiligungsgesellschaften zuzuweisen. Diese
Regelung ermöglicht es den Aktiengesellschaften, die im Zusammenhang mit
der Konzernbildung bestehenden personalwirtschaftlichen Probleme zu lösen
und die personelle Flexibilität zu erS. 10). Die Formu-
lierung der Vorschrift („nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zu-
mutbar“) macht deutlich, dass der Bundesgesetzgeber auch hier am Grundsatz
der amtsangemessenen Beschäftigung ausdrücklich festgehalten und die Über-
tragung einer amtsangemessenen Tätigkeit für unabdingbar erachtet hat (Urteil
vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11,
Art. 143b GG Nr. 3, jeweils Rn. 21).
Auf der Grundlage des § 4 Abs. 4 PostPersRG und der bisherigen Senatsrecht-
sprechung ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, dass der Anspruch auf
amtsangemessene Beschäftigung stets die Übertragung eines dem jeweiligen
Statusamt entsprechenden Aufgabenbereichs erfordert. Bei einer dauerhaften
Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG ist daher notwendig die Über-
tragung zum einen eines allgemein bei dem betreffenden Unternehmen mögli-
chen Aufgabenkreises, die wie bei einem abstrakt-funktionellen Amt den Kreis
der dort amtsangemessenen Tätigkeiten festlegt, und zum anderen eines kon-
kreten Aufgabenbereichs, die - als Teilmenge des allgemein möglichen Aufga-
benbereichs - wie bei einem konkret-funktionellen Amt den Kreis der aktuell zu
erfüllenden amtsangemessenen Aufgaben bestimmt. In der Zuweisungsverfü-
gung dürfen und müssen die dem Beamten möglichen und die von ihm aktuell
konkret zu erfüllenden Aufgabenbereiche - entsprechend dem abstrakt-funk-
tionellen Amt und dem konkret-funktionellen Amt - festgelegt werden (vgl. auch
Lenders/Weber/Wehner, a.a.O. § 4 Rn. 46 ff.). Diese Festlegung sichert sowohl
die Wahrnehmung der Dienstherrenbefugnisse durch das Postnachfolgeunter-
nehmen selbst als auch den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung
des Beamten.
3. Die im Hinblick auf die Zulässigkeit der Bündelung der Dienstposten erhobe-
ne Grundsatzrüge kann ebenso wie die insoweit erhobene Divergenzrüge
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schon deshalb nicht durchgreifen, weil das Berufungsgericht auf diesen Ge-
sichtspunkt nicht entscheidungstragend abgestellt hat.
Nach den von der Beschwerde nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen
des Berufungsgerichts ist die dem Kläger konkret zugewiesene Tätigkeit in ihrer
Wertigkeit allein einem Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 zugeordnet, so
dass sich die vom Verwaltungsgericht aufgeworfene und verneinte Frage der
Rechtmäßigkeit einer gebündelten Bewertung mehrerer in einer Entgeltgruppe
zusammengefasster Ämter nicht stellt. Die weiteren Ausführungen des Beru-
fungsgerichts zu dieser Frage sind deshalb nicht entscheidungstragend und
haben lediglich den Charakter eines obiter dictum. Im Übrigen hat der Gesetz-
geber mit Gesetz vom 13. Juni 2013 (BGBl I S. 1514) mit Wirkung ab 1. Januar
2013 in § 8 Satz 2 PostPersRG bestimmt, dass eine Tätigkeit bis zu fünf Äm-
tern zugeordnet werden kann (kritisch hierzu Lenders/Weber/Wehner, a.a.O.
§ 8 Rn. 6).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 52 Abs. 1 und 2, § 47 und
§ 40 GKG.
Domgörgen Dr. von der Weiden Dr. Hartung
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