Urteil des BVerwG vom 12.03.2004

Gymnasiallehrer, Gymnasium, Begründungspflicht, Zahl

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 65.03
OVG 6 A 4404/02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n und
Dr. B a y e r
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. September 2003 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
Die Fragen,
ob es ausreicht, dass der Dienstherr allein bestimmt, welcher Zeitaufwand zur
Bewältigung der Aufgaben während der außerunterrichtlichen Tätigkeit not-
wendig und zweckmäßig ist,
ob ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, wenn der Verordnungsgeber
nur für Lehrer die Arbeitszeit erhöht, nicht aber für die übrigen Landesbeamten,
sowie
ob es dabei regelmäßig notwendig ist, Arbeitszeituntersuchungen neueren Da-
tums heranzuziehen,
sind nicht klärungsbedürftig. Sie sind durch die Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts geklärt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts kann die nicht auf die Unterrichtserteilung entfallende Arbeitszeit eines Leh-
rers (Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen, Elternbesprechungen, Konferenzen und
dergleichen) nicht in einer im Einzelnen messbaren und überprüfbaren Größe be-
stimmt, sondern nur - grob pauschalierend - geschätzt werden (vgl. Urteil vom
29. November 1979 - BVerwG 2 C 40.77 - BVerwGE 59, 142 <144> sowie Beschluss
vom 14. Dezember 1989 - BVerwG 2 NB 2.89 - Buchholz 237.0 § 90 BaWüLBG
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Nr. 2, S. 2 jeweils m.w.N.). Dieser Aufgabenbereich neben dem Unterricht ist umso
weniger zeitlich exakt messbar, als die dafür aufzuwendende Zeit auch nach der Zahl
der unterrichteten Schüler, nach Schulfächern und individuell nach Fähigkeiten und
Erfahrungen des einzelnen Lehrers differiert (vgl. Urteile vom 1. Juni 1978 - BVerwG
2 C 20.76 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 14 S. 22 ff. und vom 28. Oktober 1982
- BVerwG 2 C 88.81 - Buchholz 11 Art. 3 GG Nr. 279 S. 9 ff.). Die dem Lehrer von
seinem Dienstherrn abverlangte Arbeitsleistung muss sich zwar auch bei der
pauschalierenden Einschätzung unter Berücksichtigung der jährlichen Gesamtar-
beitszeit im Rahmen der allgemeinen Arbeitszeitregelung halten. Insoweit kommt es
aber nicht auf die Ansicht der Lehrer selbst darüber an, welcher Zeitaufwand zur
Bewältigung ihrer Aufgaben notwendig und zweckmäßig ist. Eine Festsetzung des
Regelstundenmaßes ist nur dann fehlerhaft, wenn mit ihm den Lehrern so viele Un-
terrichtsstunden abverlangt werden, dass - bei der gebotenen objektiven typisieren-
den Betrachtung - der aufgezeigte zeitliche Rahmen schlechthin nicht eingehalten
werden kann (vgl. Beschluss vom 14. Dezember 1989 a.a.O. S. 2). Ob dies der Fall
ist, hängt von einer Würdigung der maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse ab. Im
Rahmen dieser Würdigung obliegt dem Tatsachengericht auch die Beurteilung, ob
und ggf. inwieweit den durchgeführten Erhebungen zur Ermittlung, Bewertung und
Bemessung der Arbeitszeit von Lehrern Aussagewert beizumessen ist. Dabei obliegt
dem Verordnungsgeber keine
"Darlegungs- und Begründungspflicht der Kultusverwaltung, nachvollziehbar zu
erläutern, von welcher durchschnittlichen nicht unterrichteten Arbeitszeit sie für
Gymnasiallehrer ausgeht",
wie dies die Beschwerde als klärungsbedürftige Frage aufwirft. Der Verordnungsge-
ber ist, ebenso wenig wie der Gesetzgeber, verpflichtet, den von ihm geschaffenen
Normen eine "Begründung" beizugeben.
Die Frage,
ob keine Anhaltspunkte für eine offensichtlich fehlerhafte oder gar willkürliche
Einschätzung und Bewertung der außerunterrichtlichen Arbeitszeit der an ei-
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nem Gymnasium tätigen Lehrer bestehen, solange für die außerunterrichtliche
Tätigkeit mindestens ebenso viel Arbeitszeit verbleibt wie für die unterrichtliche,
ist, soweit nach tatsächlichen Anhaltspunkten für eine fehlerhafte Einschätzung des
Verhältnisses zwischen der Zeit des Unterrichtens und der sonstigen Arbeitszeit ge-
fragt wird, keine in einem Revisionsverfahren klärungsfähige R e c h t s frage. So-
weit die Frage darauf gerichtet ist, ob die Einschätzung der notwendigerweise auf-
zuwendenden Arbeitszeit außerhalb des Unterrichts als etwa ebenso lang wie die
Zeit der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung, ohne weiteres und eo ipso "offen-
sichtlich fehlerhaft oder willkürlich ist", fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit. Um die-
se Frage - im verneinenden Sinne - zu beantworten, bedarf es keines Revisions-
verfahrens. Die Festsetzung der Relation von Unterrichtszeit und sonstiger Arbeits-
zeit der Lehrer auf etwa 50 zu 50 bewirkt nicht, dass der allgemein verbindliche Ar-
beitszeitrahmen schlechthin nicht eingehalten werden kann und deshalb die verord-
nungsrechtliche Regelung offensichtlich fehlerhaft und willkürlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des Streit-
wertes ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Albers
Prof. Dawin
Dr. Bayer