Urteil des BVerwG vom 28.09.2007

Ausbildung, Begriff, Anwendungsbereich, Probezeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 62.07
OVG 2 KO 501/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. September 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele
und Groepper sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Thüringer Oberverwal-
tungsgerichts vom 27. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 4 662 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag der Klägerin, ihr den ruhegehaltfä-
higen Zuschuss nach § 4 2 BesÜV rückwirkend seit dem 1. Januar 1999 zu
gewähren, mit der Begründung abgelehnt, die Klägerin habe ihre Befähigungs-
voraussetzungen zum weit überwiegenden Teil im Beitrittsgebiet und nicht im
alten Bundesgebiet erlangt.
Mit der Grundsatzrüge macht die Klägerin geltend,
es sei zu klären, wie der bundesrechtliche Begriff der „er-
worbenen Befähigungsvoraussetzungen“ i.S.d. § 4 Abs. 1
Satz 1 2. BesÜV zu verstehen sei, das heiße, ob im Lich-
te von Wortlaut, Zweck und Systematik der Regelung nur
auf die spezifisch fachbezogenen Ausbildungen und Prü-
fungen abzuheben sei oder ob unter den - bundesrechtli-
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chen - Begriff der erworbenen Befähigungsvoraussetzun-
gen auch eine landesrechtlich vorgesehene Bewährungs-
zeit auf dem Dienstposten zu subsumieren sei, ferner, ob
der bundesrechtliche Begriff des Erwerbs der Befähi-
gungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet (§ 4
Abs. 1 2. BesÜV) neben dem Erwerb der fachlichen
Kenntnisse für die Ausübung des Amtes einschließlich ei-
ner Prüfung (fachspezifische Vor- und Ausbildung) zusätz-
lich die Bewährung auf dem Dienstposten umfasse und ob
- falls dies zu bejahen sei - zumindest dann die landes-
rechtlich vorgesehene zweijährige Bewährung auf dem
Dienstposten wegen der von der 2. BesÜV vorausgesetz-
ten Gleichwertigkeit der „allgemeinen“ Vor- und Ausbil-
dungsvoraussetzungen außer Betracht bliebe.
Von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung sei auch die Frage,
ob in den Fällen, in denen sich der Befähigungsnachweis
aufgrund einigungsvertraglicher Sonderbestimmungen
neben ausbildungsbezogenen Elementen auch aus einer
Bewährung auf dem Dienstposten zusammensetze, der
sich an die Ausbildung und Prüfung anschließende Be-
währungsabschnitt aus Gleichbehandlungsgründen außer
Betracht zu bleiben habe, und, falls dies nicht der Fall sei,
ob dann zumindest der Bewährungsabschnitt bei der Be-
urteilung, ob die Befähigungsvoraussetzungen - in örtli-
cher Hinsicht - überwiegend außerhalb des Beitrittsgebie-
tes erworben worden seien, außer Betracht bleiben müs-
se.
Sämtliche aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision
nicht. Sie sind in der Rechtsprechung des Senats bereits entschieden. Im Urteil
vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 14.05 - (Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12) hat
der Senat unter Berufung auf seine bisherige Rechtsprechung (Urteile vom 25.
April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <118>, vom 27. Februar
2001 - BVerwG- Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 8 S. 17, vom 25. Mai
2004 - BVerwG-und vom 25. Mai 2004 - BVerwG
-erneut festgestellt, dass weder die Zweite Besoldungs-
Übergangsverordnung noch sonstige besoldungsrechtliche Vorschriften den
Begriff „Befähigungsvoraussetzungen“ definieren, dass der Begriff vielmehr aus
dem Laufbahnrecht stamme und sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraus-
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setzungen umfasse, die die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die
Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln.
Ferner müssten die Befähigungsvoraussetzungen, so der Senat im Urteil vom
15. Juni 2006 (a.a.O.), auch dann als im bisherigen Bundesgebiet oder im Aus-
land erworben gelten, wenn der dort durchgeführte Teil der fachspezifischen
Ausbildung und der Abschlussprüfung zeitlich mindestens die Hälfte der Ge-
samtausbildung ausmache. Unter dieser Voraussetzung sei die örtliche Zuord-
nung der Ausbildung zu dem bisherigen Bundesgebiet von einem solchen Ge-
wicht, dass ihr aus Gründen der Gleichbehandlung Rechnung getragen werden
müsse. Vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz deswäre es
nicht zu rechtfertigen, dass diejenigen, die die Befähigungsvoraussetzungen
gänzlich im ehemaligen Bundesgebiet erworben hätten, in den Genuss des Zu-
schusses gelangten, während diejenigen, die Ausbildungs- oder Prüfungsteile
von nachrangigem Gewicht im Beitrittsgebiet abgelegt hätten, davon ausge-
schlossen seien.
Daraus folgt, dass sich die Befähigungsvoraussetzungen nicht aus § 4 Abs. 1 2.
BesÜV, sondern aus dem Laufbahnrecht ergeben. Geht man mit dem Beru-
fungsgericht zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass die einigungsvertragli-
chen Sonderbestimmungen, auf deren Grundlage die Klägerin die Befähigung
zur Laufbahn einer Gerichtsvollzieherin erlangt hat, überhaupt zum Anwen-
dungsbereich des § 4 2. BesÜV gehören, so waren - laufbahnrechtlich - hier
nach der Thüringer Bewährungsanforderungsverordnung vom 2. Februar 1993
(ThürGVBl S. 173) zur Erlangung der Laufbahnberechtigung für den mittleren
Dienst eine zweijährige Bewährungszeit sowie ein erfolgreicher Lehrgang erfor-
derlich. Beide Voraussetzungen hat die Klägerin erfüllt. Sie hat einen 15-
wöchigen Lehrgang und eine zweijährige Probezeit erfolgreich absolviert.
Den Lehrgang hat sie nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und
daher den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststel-
lungen des Berufungsgerichts im alten Bundesgebiet, die zweijährige Bewäh-
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rungszeit hat sie im Beitrittsgebiet absolviert. Danach hat sie nach der oben
referierten Senatsrechtsprechung weit mehr als die Hälfte der Ausbildung im
Beitrittsgebiet absolviert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG, Streitwertkatalog Ziffer 10.4.
Dr. Kugele
Groepper
Thomsen
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