Urteil des BVerwG vom 28.10.2004

DDR, Besoldung, Beamtenverhältnis, Gemeinschaftsrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 62.04
OVG 4 B 21.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n und Dr. K u g e l e
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom
16. März 2004 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 4 616 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt nicht
die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Be-
deutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Klärung der von der Beschwerde aufgewor-
fenen Rechtsfrage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens und
ggf. der anschließenden Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, da sie ohne wei-
teres zu verneinen ist.
Die als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob die Bezahlung abgesenkter Dienstbezüge gemäß der
2. Besoldungsübergangsverordnung an Beamte mit dienstli-
chem Wohnsitz im Gebiet der ehemaligen DDR gegen Art. 39
Abs. 2 EGV verstößt, da die faktisch überwiegend betroffenen
Beamten sowohl die Staatsbürgerschaft der DDR besessen
hatten als auch Träger der Bürgerrechte nach dem EG-Vertrag
waren und diese Rechte nicht durch die Wiedervereinigung ver-
loren haben,
führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil die Freizügigkeit des Klä-
gers nicht beschränkt wird, weil die Absenkung der Besoldung auf der Grundlage des
§ 73 BBesG i.V.m. der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung nicht an die
Staatsangehörigkeit, sondern dem Grundsatz nach an den Ort der Verwendung (vgl.
§ 1 der 2. BesÜV) anknüpft und weil sie keinerlei Auslandsberührung aufweist.
Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob sich Bürger der DDR seinerzeit im Verhält-
nis zur Bundesrepublik Deutschland auf Rechte nach den Gemeinschaftsverträgen
hätten berufen können. Für den durch das Merkmal der "Staatsangehörigkeit"
(Art. 39 Abs. 2 EGV) vorgegebenen persönlichen Anwendungsbereich ist maßgeblich
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die Rechtslage, die im Zeitpunkt der Anwendung der potentiell freizügigkeitsbe-
schränkenden Vorschrift gilt. Als das Beamtenverhältnis des Klägers begründet wur-
de, bestand keine besondere DDR-Staatsbürgerschaft mehr, da die DDR mit dem
Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 untergegangen war und die Staats-
angehörigkeitsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland übergangslos, vorbehalt-
los und einschränkungslos auch auf diejenigen anzuwenden waren, die zuvor den
staatsbürgerschaftlichen Bestimmungen der DDR unterfielen (vgl. Art. 8 EV).
Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt waren alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland in
staatsangehörigkeitsrechtlicher Hinsicht originär gleichgestellt. Das Gemein-
schaftsrecht schließt eine unterschiedliche Besoldung der Bürger eines Staates nicht
allgemein aus. Art. 39 EGV statuiert keine Pflicht der Mitgliedstaaten, die eigenen
Staatsbürger unter Einengung von Spielräumen, die das nationale Verfassungsrecht
belässt, strikt gleich zu behandeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung
auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG (doppelter Jahresbetrag der begehrten Besoldungsdiffe-
renz nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde).
Albers Prof. Dawin Dr. Kugele