Urteil des BVerwG vom 28.10.2004

DDR, Besoldung, Beamtenverhältnis, Gemeinschaftsrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 60.04
OVG 4 B 15.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Oktober 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht G r o e p p e r und Dr. B a y e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom
16. März 2004 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 4 228 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt nicht
die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Be-
deutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Zur Klärung der von der Beschwerde aufgewor-
fenen Rechtsfrage bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens und
ggf. der anschließenden Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, da sie ohne wei-
teres zu verneinen ist.
Die als klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob die Bezahlung abgesenkter Dienstbezüge gemäß der 2. Besoldungsüber-
gangsverordnung an Beamte mit dienstlichem Wohnsitz im Gebiet der ehema-
ligen DDR gegen Art. 39 Abs. 2 EGV verstößt, da die faktisch überwiegend be-
troffenen Beamten sowohl die Staatsbürgerschaft der DDR besessen hatten als
auch Träger der Bürgerrechte nach dem EG-Vertrag waren und diese Rechte
nicht durch die Wiedervereinigung verloren haben,
führt schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision, weil die Freizügigkeit des Klä-
gers nicht beschränkt wird, weil die Absenkung der Besoldung auf der Grundlage des
§ 73 BBesG i.V.m. der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung nicht an die
Staatsangehörigkeit, sondern dem Grundsatz nach an den Ort der Verwendung (vgl.
§ 1 der 2. BesÜV) anknüpft und weil sie keinerlei Auslandsberührung aufweist.
Im Übrigen kommt es nicht darauf an, ob sich Bürger der DDR seinerzeit im Verhält-
nis zur Bundesrepublik Deutschland auf Rechte nach den Gemeinschaftsverträgen
hätten berufen können. Für den durch das Merkmal der "Staatsangehörigkeit" (Art. 39
Abs. 2 EGV) vorgegebenen persönlichen Anwendungsbereich ist maßgeblich die
Rechtslage, die im Zeitpunkt der Anwendung der potentiell freizügigkeitsbeschrän-
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kenden Vorschrift gilt. Als das Beamtenverhältnis des Klägers begründet wurde, be-
stand keine besondere DDR-Staatsbürgerschaft mehr, da die DDR mit dem Wirk-
samwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 untergegangen war und die Staatsan-
gehörigkeitsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland übergangslos, vorbehaltlos
und einschränkungslos auch auf diejenigen anzuwenden waren, die zuvor den
staatsbürgerschaftlichen Bestimmungen der DDR unterfielen (vgl. Art. 8 EV). Jeden-
falls ab diesem Zeitpunkt waren alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland in
staatsangehörigkeitsrechtlicher Hinsicht originär gleichgestellt. Das Gemeinschafts-
recht schließt eine unterschiedliche Besoldung der Bürger eines Staates nicht allge-
mein aus. Art. 39 EGV statuiert keine Pflicht der Mitgliedstaaten, die eigenen Staats-
bürger unter Einengung von Spielräumen, die das nationale Verfassungsrecht be-
lässt, strikt gleich zu behandeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf
§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG (doppelter Jahresbetrag der begehrten Besoldungsdifferenz
nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde).
Albers
Groepper
Dr. Bayer