Urteil des BVerwG vom 27.08.2008

Rechtsmittelbelehrung, Form, Verschulden, Zustellung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 58.08
OVG 1 A 2802/07
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. August 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Heitz
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juni 2008 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 40 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde rügt als verfahrensfeh-
lerhaft, dass das Berufungsgericht die Berufung des Klägers als unzulässig
verworfen hat, weil dieser die vom Berufungsgericht zugelassene Berufung
nicht begründet hat.
Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, der Berufungszulassung
sei ein Schriftwechsel mit dem Berufungsgericht vorausgegangen, in welchem
das Berufungsgericht um Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündli-
che Verhandlung gebeten habe; im Übrigen habe es darauf hingewiesen, dass
eine kurz vorher ergangene Entscheidung des Senats „auch die Entscheidung
im vorliegenden Berufungsverfahren bestimmen“ dürfte. Damit habe das Beru-
fungsgericht suggeriert, der Kläger befinde sich bereits im Berufungsverfahren.
Unter diesen Umständen habe dieser der „Rechtsmittelbelehrung“ des Zulas-
sungsbeschlusses keine Beachtung mehr schenken müssen.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass die
Äußerungen des Berufungsgerichts vor seiner Entscheidung über die Zulas-
sung der Berufung missverständlich waren, weil ein Berufungsverfahren noch
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nicht anhängig war. Gleichwohl ist dem im Berufungsverfahren sachkundig ver-
tretenen Kläger entgegenzuhalten, dass spätestens durch den Zulassungsbe-
schluss selbst etwa bestehende Missverständnisse ausgeräumt waren. Der
Zulassungsbeschluss enthält den unmissverständlichen Hinweis, dass das An-
tragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt werde und es daher der Ein-
legung der Berufung nicht bedürfe; die Berufung sei jedoch innerhalb eines
Monats nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich zu begründen.
Der Vortrag des Klägers, das Berufungsgericht habe ihm vor Erlass dieses Be-
schlusses „suggeriert“, er befinde sich bereits im Berufungsverfahren, ist recht-
lich ohne Bedeutung. Sie läuft auf die Auffassung hinaus, das Berufungsgericht
könne über den Antrag auf Zulassung der Berufung auch konkludent entschei-
den und habe dies in seinem Falle getan. Für diese Annahme findet sich im
Gesetz keinerlei Anhaltspunkt. Nach Zulassung der Berufung durch Beschluss
muss der Rechtsmittelführer in jedem Fall einen gesonderten Schriftsatz zur
Berufungsbegründung einreichen. Soweit er im Antragsverfahren bereits er-
schöpfend vorgetragen hat, genügt es, wenn er darauf in einem Schriftsatz Be-
zug nimmt, der innerhalb der Frist des § 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO eingeht (Ur-
teil vom 7. Januar 2008 - BVerwG 1 C 27.06 - NJW 2008, 1014; stRspr). Dass
der Kläger den Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung nicht zur Kenntnis ge-
nommen hat, kann ihn nicht entlasten; das Verschulden seiner Prozessbevoll-
mächtigten muss er sich zurechnen lassen (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2
ZPO, vgl. Beschluss vom 26. Juni 1986 - BVerwG 3 C 46.84 - BVerwGE 74,
289 <292>).
Soweit der Kläger geltend macht, der Hinweis hätte als solcher bezeichnet wer-
den müssen und nicht unter der Überschrift „Rechtsmittelbelehrung“ gegeben
werden dürfen, verkennt er, dass die vom Berufungsgericht gewählte Formulie-
rung dem Gesetz entspricht. Nach § 117 Abs. 2 Nr. 6 VwGO, der auch für Be-
schlüsse gilt (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1999 - BVerwG 6 C 31.98 - BVerwGE
109, 336 <343>), muss der Beschluss „die Rechtsmittelbelehrung“ enthalten,
deren Inhalt sich in diesem Falle aus § 124a Abs. 5 Satz 5 und Abs. 6 VwGO
ergibt. Die Bezeichnung ist auch sachlich zutreffend, weil sie sich auf Form und
Inhalt des Rechtsmittels bezieht.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 52 Abs. 3,
§ 47 Abs. 3 GKG.
Herbert
Groepper
Dr. Heitz
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