Urteil des BVerwG vom 17.01.2008

Scheidung, Wiederverheiratung, Beamter, Beamtenrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 58.07
OVG 1 A 2089/05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Nordrhein-Westfälischen
Oberverwaltungsgerichts vom 26. Februar 2007 wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 2 737,28 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers kann keinen Er-
folg haben.
Der geschiedene Beamte begehrt Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40
Abs. 1 Nr. 3 BBesG. Er hatte mit seiner Ehefrau einen notariellen Vertrag ge-
schlossen, in dem er sich u.a. dazu verpflichtete, dieser für einen Zeitraum von
vier Jahren einen monatlichen Ehegattenunterhalt in näher bestimmter Höhe zu
zahlen, und zwar auch für den Fall einer neuen Eheschließung der Ehefrau. Der
Kläger erhielt zunächst noch einen Monat nach der Scheidung den begehrten
Familienzuschlag der Stufe 1, nach der Wiederverheiratung der Ehefrau jedoch
nicht mehr.
Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Berufungsgericht hat zur Begrün-
dung im Wesentlichen ausgeführt, eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung be-
stehe wegen § 1586 Abs. 1 BGB nicht. Die Unterhaltsverpflichtung aus dem
Vertrag sei keine solche aus der Ehe. Eine Vereinbarung über nachehelichen
Unterhalt gemäß § 1585c BGB könne eine Ausgestaltung des gesetzlichen Un-
terhaltsanspruchs oder einen neuen, vom Gesetz losgelösten Schuldgrund
beinhalten. Soweit die Vereinbarung Unterhaltsansprüche nach der Wiederhei-
rat begründe, löse sie sich durchgreifend vom Wesen der gesetzlichen Unter-
haltspflicht, wie es in §§ 1569 und 1577 BGB zum Ausdruck komme. Damit feh-
le es bei rechtlich wertender Betrachtung an einem Zusammenhang zwischen
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eingegangener Unterhaltsverpflichtung und beendeter Ehe, wie dies § 40
Abs. 1 Nr. 3 BBesG voraussetze.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO, wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Fra-
ge des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Recht-
sprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren
bedarf. Gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer
darzulegen, worin der allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedarf an
der Klärung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfrage bestehen soll (Beschluss
vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; stRspr).
Die erste vom Kläger gestellte Frage, ob auf vertraglicher Grundlage eine Un-
terhaltsverpflichtung aus der Ehe fortbestehen kann, würde sich in einem Revi-
sionsverfahren aus dem nachfolgend dargelegten Grund nicht stellen.
Für die Beantwortung der zweiten vom Kläger gestellten Frage, ob eine Unter-
haltsverpflichtung, die ein Beamter bei seiner Scheidung auch für den Fall der
Wiederverheiratung des bisherigen Ehegatten diesem gegenüber vertraglich
eingegangen ist, eine Verpflichtung zum Unterhalt „aus der Ehe“ im Sinne von
§ 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG darstellen kann, bedarf es keines Revisionsverfah-
rens. Sie beantwortet sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts.
Nach dieser Rechtsprechung richtet sich mangels eigenständiger Regelung im
Bundesbesoldungsrecht das Verständnis der gesetzlichen Formulierung „aus
der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind“ in § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG nach den
Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (Urteile vom 29. Januar 1987
- BVerwG 2 C 6.85 - Buchholz 239.1 § 50 BeamtVG Nr. 2, vom 12. März 1991
- BVerwG 6 C 51.88 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 23, vom 19. September
1991 - BVerwG 2 C 28.90 - BVerwGE 89, 53 <54 f.> = Buchholz 240 § 40
BBesG Nr. 25 und vom 30. Januar 2003 - BVerwG 2 C 5.02 - Buchholz 240
§ 40 BBesG Nr. 30, stRspr).
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Danach führen nacheheliche Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem frühe-
ren Ehegatten zur Gewährung des Zuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG,
wenn und soweit sie ihren Rechtsgrund in den gesetzlichen Unterhaltsregelun-
gen des Bürgerlichen Gesetzbuches haben. Unterhaltsverpflichtungen, die bei
der Scheidung vertraglich vereinbart werden, sind jedenfalls dann nicht „aus der
Ehe“ im Sinne von § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG entstanden, wenn sie auch für die
Zeit nach einer Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten Geltung beanspru-
chen. Denn für diesen Fall bestimmt § 1586 Abs. 1 BGB, als die - auch im
Rahmen des § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG - maßgebende Vorschrift des bürgerli-
chen Rechts, dass der Unterhaltsanspruch mit der Wiederheirat erlischt. Nach
der gesetzlichen Konzeption des bürgerlichen Rechts werden die unterhalts-
rechtlichen Folgewirkungen der geschiedenen Ehe durch eine Wiederheirat des
unterhaltsberechtigten Ehegatten beendet. Nacheheliche Unterhaltsansprüche
werden durch Unterhaltsansprüche gegen den neuen Ehegatten abgelöst.
Ausnahmen sieht das bürgerliche Recht nicht vor.
Der Wegfall des Zuschlags im Falle der Wiederheirat entspricht auch dem
Normzweck des § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG. Nach der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts wird der Zuschlag nach der Scheidung gewährt, wenn
und solange die nachehelichen Unterhaltsleistungen an die Stelle der Mehr-
aufwendungen des früheren gemeinsamen Haushaltes treten (vgl. zuletzt Urteil
des Senats vom 3. November 2005 - BVerwG 2 C 16.04 - Buchholz 240 § 40
BBesG Nr. 35 m.w.N.). Diese „Ersatzfunktion“ des nachehelichen Unterhalts
entfällt zwangsläufig mit der Wiederheirat des unterhaltsberechtigten Ehegat-
ten. Der Unterhaltsverpflichtete muss keinen Beitrag zu den Mehraufwendun-
gen des neuen ehelichen Haushaltes leisten.
Aufgrund der gefestigten Rechtsprechung zum Bedeutungsgehalt des § 40 Abs.
1 Nr. 3 BBesG sowie der klaren und unmittelbar einleuchtenden gesetzlichen
Regelung des § 1586 Abs. 1 BGB liegt es auf der Hand, dass vertraglich für die
Zeit nach Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten vereinbarte nacheheliche
Unterhaltsleistungen keine Unterhaltsverpflichtungen „aus der Ehe“ im Sinne
von § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG mehr sein können.
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Die Kostenfestsetzung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1
GKG.
Albers Dr. Heitz Thomsen
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Beamtenrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
BBesG
§ 40 Abs. 1 Nr. 3
BGB
§ 1586 Abs. 1, § 1585c
Stichworte:
Familienzuschlag für Geschiedene; Ehegatte; Unterhalt; Unterhaltsvereinba-
rung; Wiederverheiratungsklausel; aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet;
nachehelicher Unterhalt.
Leitsatz:
Eine Unterhaltsverpflichtung, die ein Beamter bei seiner Scheidung auch für
den Fall der Wiederheirat des bisherigen Ehegatten diesem gegenüber abwei-
chend von der gesetzlichen Regelung des § 1586 Abs. 1 BGB vertraglich ein-
gegangen ist, ist keine Verpflichtung zum Unterhalt „aus der Ehe“ im Sinne von
§ 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG.
Beschluss des 2. Senats vom 17. Januar 2008 - BVerwG 2 B 58.07
I. VG Düsseldorf vom 26.04.2005 - Az.: VG 26 K 338/05 -
II. OVG Münster vom 26.02.2007 - Az.: OVG 1 A 2089/05 -