Urteil des BVerwG vom 25.07.2014

Urlaub, Abgeltung, Dienstzeit, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 57.13
VGH 4 S 341/12
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juli 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Hartung
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 18. April 2013 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdever-
fahren wird auf 1 497,89 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die Klägerin, bei der ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt wurde,
stand bis zur ihrer mit Ablauf des 30. September 2010 wirksam gewordenen
Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit als Beamtin im Dienste
der Beklagten. Sie begehrt die finanzielle Abgeltung von nicht genommenem
Erholungsurlaub aus dem Jahr 2010. Im Jahr 2010 hatte sie sechs Tage Rest-
urlaub aus 2009 und 14 Tage Urlaub aus 2010 sowie einen Arbeitsfreistellungs-
tag genommen.
Den Antrag der Klägerin auf finanzielle Abgeltung ihres krankheitsbedingt nicht
in Anspruch genommenen restlichen Urlaubs (nach ihrer Ansicht im Umfang
von 13 Tagen) lehnte die Beklagte ab. Widerspruch, Klage und Berufung blie-
ben ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Wesentlichen ausgeführt:
Aus nationalem Recht stehe der Klägerin kein Abgeltungsanspruch zu. Ein sol-
cher ergebe sich jedoch dem Grund nach aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie (RL)
2003/88/EG. Abgeltungsfähig sei hiernach allein der nach Art. 7 Abs. 1 dieser
Richtlinie unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen
(20 Tagen). In Anwendung der Grundsätze des hierzu ergangenen Senats-
urteils vom 31. Januar 2013 (BVerwG 2 C 10.12 - Buchholz 232.3 § 1 EUrlV
Nr. 1 = NVwZ 2013, 1295) sei das Abgeltungsbegehren der Klägerin unbegrün-
det. Der unionsrechtliche Abgeltungsanspruch erfasse nicht weitergehende na-
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tionale Urlaubsgewährungen wie den Schwerbehindertenzusatzurlaub gemäß
§ 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX oder sog. Arbeitszeitverkürzungstage. Aufgrund
der vorzeitigen Zurruhesetzung der Klägerin mit Ablauf des dritten Quartals
2010 habe ihr ein unionsrechtlicher Mindesturlaub lediglich anteilig im Verhält-
nis 3 : 4 zugestanden, mithin nur im Umfang von 15 Urlaubstagen. Da die Klä-
gerin im Jahr 2010 aber insgesamt mehr als den unionsrechtlichen Mindest-
urlaub, nämlich 21 Urlaubstage genommen habe, bestehe kein Anspruch auf
finanzielle Urlaubsabgeltung.
2. Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO) zu dem vorbezeichneten Senatsurteil gestützte Beschwerde kann
keinen Erfolg haben.
Die Beschwerde genügt bereits nicht den an eine Divergenzrüge zu stellenden
Darlegungsanforderungen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Hiernach muss die Be-
schwerde einen in der angefochtenen Entscheidung aufgestellten abstrakten
Rechtssatz des revisiblen Rechts bezeichnen, mit dem das Berufungsgericht
von einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts oder einer anderen divergenzfähigen Entscheidung i.S.v. § 132
Abs. 2 Nr. 2 VwGO abweicht (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW
1997, 3328).
Dem genügt die Beschwerde nicht. Sie zitiert zwar Ausführungen des Senats
aus dessen Urteil vom 31. Januar 2013 (a.a.O.), stellt diesen aber keinen abs-
trakten Rechtssatz des Berufungsgerichts gegenüber, mit dem dieses von
einem ebensolchen Rechtssatz des Senats abgewichen wäre.
Darüber hinaus liegt die behauptete Divergenz auch der Sache nach nicht vor.
Der Senat hat in dem o.a. Urteil entschieden, dass der unionsrechtliche Min-
desturlaub nur „im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während dieses Jahres“
gegeben ist (Rn. 19 a.E.) und dass allein maßgeblich ist, ob und wie viele
Urlaubstage der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Daher ist es
unerheblich, ob es sich um alten (aus dem Vorjahr übertragenen) oder um neu-
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en Urlaub (des aktuellen Urlaubsjahres) handelt (Rn. 23). Weitere Urlaubstage
aufgrund nationaler Regelungen, die über den Mindesturlaub gemäß Art. 7
Abs. 1 RL 2003/88/EG hinausgehen, sind vom unionsrechtlichen Urlaubsabgel-
tungsanspruch nicht erfasst (Rn. 18 f.). Die vom Berufungsgericht angestellte
Berechnung entspricht diesen Grundsätzen und wendet diese auf den Streitfall
zutreffend an.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Festsetzung des
Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie
§ 52 Abs. 1 GKG.
Domgörgen
Dr. Heitz
Dr. Hartung
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