Urteil des BVerwG vom 10.02.2006

Wissenschaft Und Forschung, Ausnahmefall, Urheber, Unterliegen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 55.05
OVG 6 A 300/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Februar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n und Dr. K u g e l e
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 6. September 2005 wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 23 350 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde
ist unbegründet.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung hat eine Rechtssache nur
dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bis-
her höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der
Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des
Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revi-
sionsgerichts erheblich sein wird (u.a. BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Das ist hier nicht der
Fall.
Die Frage, ob "Lehrkräfte mit (der Befähigung zum) Lehramt für die Primarstufe und
der Teilnahme an einer ca. einjährigen Weiterqualifizierungsmaßnahme in einem
Mangelfach der Sekundarstufe I und damit erworbener Unterrichtserlaubnis in einem
Mangelfach der Sekundarstufe I unter den Mangelfacherlass fallen, d.h. von den
Vergünstigungen des Mangelfacherlasses vom 22. Dezember 2000 profitieren kön-
nen, mithin also bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres verbeamtet werden kön-
nen", könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden.
Der auf der Grundlage des § 84 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 LVO ergangene
Runderlass des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 22. Dezember 2000 - 121-22/03 Nr. 1050/00 - (sog. Man-
gelfacherlass), zuletzt verlängert durch Runderlass vom 16. November 2004, ist eine
Verwaltungsvorschrift. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegen Verwal-
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tungsvorschriften - abgesehen vom Ausnahmefall der Beihilfevorschriften - nicht
(stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 11. Mai 1988 - BVerwG 2 B 58.88 - Buchholz 310
§ 137 VwGO Nr. 148). Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob das Tatsa-
chengericht die Verwaltungsvorschrift unter Verletzung der für die Auslegung und
Anwendung von Verwaltungsvorschriften maßgebenden allgemeinen Auslegungs-
grundsätze interpretiert hat (Urteile vom 28. August 1986 - BVerwG 2 C 5.84 -
Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 29 und vom 7. Mai 1981 - BVerwG 2 C 5.79 - Buchholz
232 § 25 BBG Nr. 1 m.w.N.). Der Tatrichter hat den Grundsatz zu berücksichtigen,
dass Verwaltungsvorschriften nicht aus sich heraus, sondern gemäß § 133 BGB
nach der von ihrem Urheber gebilligten oder doch geduldeten tatsächlichen Verwal-
tungspraxis auszulegen sind (Urteile vom 7. Mai 1981 - BVerwG 2 C 5.79 - a.a.O.
und - BVerwG 2 C 42.79 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 19, vom 25. Januar 1990
- BVerwG 2 C 45.87 - BVerwGE 84, 287 <288> sowie vom 2. Februar 1995
- BVerwG 2 C 19.94 - Buchholz 237.6 § 75 NdsLBG Nr. 3).
Das Berufungsgericht hat tatsächlich festgestellt, dass nach der praktischen Hand-
habung die unbefristete Erlaubnis, das Fach Mathematik in der Sekundarstufe I zu
unterrichten, keine Voraussetzung des Mangelfacherlasses ist, dass vielmehr die
entsprechende Lehramtsbefähigung gefordert wird. An diese Feststellung wäre das
Revisionsgericht mangels einer entsprechenden Verfahrensrüge nach § 137 Abs. 2
VwGO gebunden. Die an diese Feststellung knüpfende Auslegung von Sinn und
Zweck der Nr. 1 des Mangelfacherlasses lässt mit Blick auf ihren Wortlaut keine Ver-
letzung allgemeiner Auslegungsgrundsätze erkennen. Jedenfalls sind keine Gründe
ersichtlich, die es als zwingend erscheinen lassen, die Verwaltungsvorschrift nach
§ 133 BGB dahingehend zu interpretieren, dass die dem Kläger übertragene unbe-
fristete Unterrichtserlaubnis der Lehramtsbefähigung im Fach Mathematik Sekundar-
stufe I gleichgestellt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Wert des Streitgegen-
standes ergibt sich aus § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG (6,5-facher Betrag des End-
grundgehalts aus der Besoldungsgruppe A 12).
Albers Prof. Dawin Dr. Kugele
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