Urteil des BVerwG vom 03.03.2004

Übertragung, Form, Abwertung, Erforschung

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BESCHLUSS
BVerwG 2 B 49.03
OVG 5 LB 211/02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G r o e p p e r und Dr. B a y e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 3. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
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fahren auf 4 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgrün-
de des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO sind nicht gegeben.
In dem erstrebten Revisionsverfahren ist eine Klärung von Rechtsfragen mit grund-
sätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu erwarten. Aus dem Be-
schwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass das erstrebte Revisionsverfahren zur Be-
antwortung entscheidungserheblicher konkreter Rechtsfragen mit über den Einzelfall
hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedür-
fen (vgl. BVerwGE 13, 90 <91 f.>).
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
"ob eine konkludente Abwertung eines Dienstpostens nach vorangegange-
ner, schriftlich dokumentierter Bewertung bei der Einrichtung des Dienstpos-
tens möglich ist und ob eine konkludente Abwertung ausreicht, um die erhöh-
ten Anforderungen an die Plausibilität der dienstrechtlichen Bewertung bei
vorheriger Wahrnehmung eines höherbewerteten Dienstpostens zu verdrän-
gen",
bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren.
Der erste Teil dieser Frage, die auf die Form der Neubewertung eines Dienstpostens
abzielt, ist ohne weiteres zu bejahen. Unter welchen Voraussetzungen, mit welchen
inhaltlichen Vorgaben und in welcher Form Dienstposten der öffentlichen Verwaltung
zu bewerten sind, ist normativ in aller Regel nicht bestimmt. Dies gilt auch für die Än-
derung einer früher getroffenen Bewertung. Die Bewertung von Dienstposten nach
den Anforderungen der durch das Besoldungsrecht vorgegebenen Ämterordnung ist
ebenso wie die Einrichtung und Gestaltung des Dienstpostens zunächst der Organi-
sationsbefugnis des Dienstherrn zugeordnet (vgl. Urteil vom 31. Mai 1990 - BVerwG
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2 C 16.89 - Buchholz 237.6 § 14 NdsLBG Nr. 1 S. 3). Sie erlangt subjektivrechtliche
Bedeutung etwa bei dienstlichen Beurteilungen oder bei Beförderungen (vgl. z.B.
§ 11 BLV). Insoweit kommt es allerdings darauf an, ob die Wertigkeit eines Dienst-
postens nach den zu beachtenden Maßstäben objektiv zutreffend bestimmt worden
ist. Unerheblich ist, ob der Dienstposten mündlich, schriftlich oder in sonstiger Weise
- ggf. neu und abweichend von einer früheren Feststellung - bewertet worden ist.
Der zweite Teil der Frage stellt sich nicht, da bei zutreffender Bewertung des von der
Klägerin wahrgenommenen Dienstpostens keine erhöhten Anforderungen an die
Plausibilität der dienstlichen Beurteilung gestellt werden.
Die Zulassung der Revision wegen Divergenz (Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO) des Berufungsurteils zu der in der Beschwerde genannten Entschei-
dung des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 1981 - BVerwG 2 C 13.80 -
(Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 15) kommt nicht in Betracht. Eine die Revision eröff-
nende Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen
inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts-
satz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts aufgestellten tragenden Rechtssatz widersprochen hat. Daran fehlt
es. Im Übrigen ist das Berufungsgericht gerade nicht davon ausgegangen, dass die
Klägerin einen gegenüber ihrem Statusamt höher bewerteten Dienstposten wahrge-
nommen hat. Deshalb war aus der Sicht des Berufungsgerichts die Prüfung der
Rechtmäßigkeit der angegriffenen dienstlichen Beurteilung nicht an den in dem Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. April 1981 entwickelten Maßstäben auszu-
richten.
Die als Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemachte Verlet-
zung der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO ist nicht in einer den Anforde-
rungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Bezeichnet im
Sinne dieser Vorschrift ist ein Aufklärungsmangel nur dann, wenn das Beweisthema,
die für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen einschließlich
des einzusetzenden Beweismittels, das voraussichtliche Ergebnis dieser - weiteren -
Sachverhaltsermittlung und seine Eignung für eine dem Beschwerdeführer günstige-
re Entscheidung benannt werden sowie wenn auch ausgeführt wird, dass und inwie-
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fern bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Sachverhaltsaufklärung,
deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem
Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus
hätten aufdrängen müssen (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 f.). Dem
kommt die Beschwerde nicht nach.
Dem Beschwerdevorbringen ist nicht zu entnehmen, dass das Urteil des Berufungs-
gerichts unter Vernachlässigung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1
Satz 1 VwGO ergangen ist. Die richterliche Überzeugungsbildung und der Grundsatz
der freien Beweiswürdigung setzen zwar eine ausreichende Erforschung des Sach-
verhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO voraus (vgl. Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG
6 C 59.84 - BVerwGE 70, 222 <225>). Nach dem Vorbringen der Beschwerde ist in-
dessen nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht den Sachverhalt nur unzurei-
chend ermittelt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat eingehend dargelegt, aus wel-
chen Umständen die Schlussfolgerung gezogen werden konnte, dass der von der
Klägerin innegehabte Dienstposten nicht mehr nach der Besoldungsgruppe A 13 be-
wertet war. Es hat sich nicht allein auf den Hinweis beschränkt, dass die Planstelle
der Besoldungsgruppe A 13 gD - wann auch immer - einem anderen Dienstposten im
Dezernat 101 zugeordnet worden ist. Es hat sich vielmehr auch mit der Bewertung
des Dienstpostens 208.11 zum Zeitpunkt der Übertragung dieses Dienstpostens auf
die Klägerin befasst. Dazu hat es festgestellt, dass dieser Übertragung ein Auswahl-
verfahren nicht zugrunde gelegen habe und dies gegen eine Bewertung des Dienst-
postens nach der Besoldungsgruppe A 13 gD zum damaligen Zeitpunkt spreche; es
habe nämlich der Praxis der Beklagten entsprochen, nach der Besoldungsgruppe
A 13 gD bewertete Dienstposten nur nach Durchführung eines Auswahlverfahrens zu
übertragen. Damit knüpft das Berufungsgericht ersichtlich an die auf Seite 4 seines
Urteils wiedergegebenen Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom
23. Juni 1999 an. Darin wurde ausweislich der Entscheidungsgründe ausgeführt,
dass der Übertragung eines Dienstpostens nach Besoldungsgruppe A 13 gD auf die
Klägerin ein "notwendiges Auswahlverfahren" hätte vorausgehen müssen - notwen-
dig offensichtlich deshalb, weil es sich dann um die Übertragung eines nach dem
Status der Klägerin als höherwertig anzusehenden Dienstpostens gehandelt hätte,
welche überdies nach § 65 Abs. 1 Nr. 5 NPersVG auch der Mitbestimmung des Per-
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sonalrats bedurft hätte. Demgegenüber - so die Darstellung der Gründe des Wider-
spruchsbescheids in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils - sei die Über-
tragung des Dienstpostens 208.11 an die Klägerin lediglich "im Rahmen der norma-
len Umsetzung" erfolgt, also "lediglich weiterhin ein A 12-Dienstposten übertragen
worden", wie dies ohne Auswahl- und Mitbestimmungsverfahren eben nur bei der
Übertragung eines gleichwertigen Dienstpostens möglich war. Die so zu verstehen-
den Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid verdeutlichen die daran anknüp-
fende, freilich verkürzte Begründung des Berufungsgerichts und lassen sie nachvoll-
ziehbar erscheinen. Dass das Berufungsgericht dem Vorbringen der Klägerin nicht
gefolgt ist, stellt bei dieser Sachlage keinen Verstoß gegen den Grundsatz der freien
Beweiswürdigung dar. Es war auch nicht gehalten, den gesamten Vortrag der Kläge-
rin in dem Urteil ausdrücklich zu erwähnen und in allen Einzelheiten zu würdigen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung
auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Albers
Groepper
Dr. Bayer