Urteil des BVerwG vom 05.06.2015

Bindungswirkung, Beamtenverhältnis, Zustellung, Form

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 48.14 (2 C 13.15)
VGH DL 13 S 2383/13
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Kenntner
beschlossen:
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Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg über die Nichtzulassung der Revision im Ur-
teil vom 1. April 2014 wird aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelas-
sen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 2 Landesdisziplinargesetz Baden-Württem-
berg vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 343 - LDG BW -).
Das Revisionsverfahren ist zur Klärung der von der Beschwerde aufgeworfenen
Frage durchzuführen, ob nicht nur rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Urtei-
le, durch die über den Verlust der Besoldung bei schuldhaftem Fernbleiben vom
Dienst entschieden wird, sondern auch entsprechende bestandskräftige Verwal-
tungsentscheidungen Bindungswirkung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW ent-
falten. Die in den Disziplinargesetzen des Bundes und der Länder angeordnete
Bindungswirkung von Strafurteilen und verwaltungsgerichtlichen Urteilen über
den Verlust der Dienstbezüge wegen unentschuldigten Fernbleibens vom
Dienst dient der Rechtssicherheit. Sie soll verhindern, dass zu ein und demsel-
ben Geschehensablauf unterschiedliche Tatsachenfeststellungen durch staatli-
che Gerichte getroffen werden. Hintergrund für die Bindungswirkung sind die
hohen Standards für eine nach den Prozessregeln der strafgerichtlichen Haupt-
verhandlung durchgeführte Beweisaufnahme und Tatsachenfeststellung
(stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschlüsse vom 15. März 2013 - 2 B 22.12 -
NVwZ-RR 2013, 557 Rn. 13 und vom 7. November 2014 - 2 B 45.14 - Rn. 13,
jeweils m.w.N.). Ob darüber hinaus - wie in § 14 Abs. 1 Satz 1 LDG BW vorge-
sehen - auch eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung Bindungswirkung
entfalten kann oder ob dem die Garantie effektiven Rechtsschutzes in Art. 19
Abs. 4 GG entgegensteht, bedarf der Klärung.
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Im Revisionsverfahren wird außerdem die Frage von Bedeutung sein, ob die
ausschließliche Übertragung der Disziplinargewalt auf die Exekutive nach § 38
LDG BW auch bei der Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenver-
hältnis mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nach
Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist (vgl. den Beschluss über die Zulassung der Re-
vision wegen dieser Frage: BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 2 B
4.14 -, nunmehr Revisionsverfahren 2 C 4.15).
Rechtsbehelfsbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen
BVerwG 2 C 13.15 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Be-
schwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu
begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simson-
platz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom
26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung
der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von
§ 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.
Domgörgen Dr. von der Weiden Dr. Kenntner
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