Urteil des BVerwG vom 02.03.2004

Rechtliches Gehör, Versetzung, Verwaltungsverfahren, Amt

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 46.03
VGH 4 S 626/02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. K u g e l e und G r o e p p e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 16. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 27 910 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde
ist nicht begründet.
1. Die als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob die Fürsorgepflicht des Dienstherrn dann einen rechtlichen Hinweis auf eine
Antragsmöglichkeit gebietet, wenn das Gericht auf Grund seiner prozessualen
Fürsorgepflicht einen entsprechenden rechtlichen Hinweis gibt,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil nicht erkennbar ist, dass
die Antwort irgendwelche Auswirkungen auf die Berufungsentscheidung gehabt hätte.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte sei zu Recht im maßgeblichen
Zeitpunkt der Versetzung des Klägers in den Ruhestand davon ausgegangen, der
dem mittleren Dienst angehörende Kläger habe auf Grund seiner Erkrankung auch
den gesundheitlichen Anforderungen eines Amtes des einfachen Dienstes nicht ge-
nügt. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist es unerheblich, ob der Kläger, wäre
er frühzeitiger beraten worden, den Antrag auf Versetzung in ein Amt des einfachen
Dienstes schon im Verwaltungsverfahren und nicht erst im gerichtlichen Verfahren
gestellt hätte. Davon abgesehen könnte die aufgeworfene Frage nur im Einzelfall be-
antwortet werden und ist daher nicht verallgemeinerungsfähig.
2. Auch die von der Beschwerde gerügte Divergenz der angegriffenen Entscheidung
vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Oktober 1964 - BVerwG 2 C
10.63 - (Buchholz 232 § 44 BBG Nr. 4; ebenso: Urteil vom 22. Februar 1990
- BVerwG 2 C 15.89 - Buchholz 232 § 44 BBG Nr. 22) liegt nicht vor. Die Entschei-
dung enthält zwar den Rechtssatz, in dem der Zwangspensionierung vorausgehen-
den Ermittlungsverfahren müsse der Ermittlungsbeamte vor der Versetzung in den
Ruhestand den Beamten zu dem Ergebnis der Ermittlungen hören, um ihm die Mög-
lichkeit zu geben, sachgerechte Einwendungen gegen alle Umstände anzubringen,
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aus denen für die spätere Versetzung in den Ruhestand hergeleitet werde, der Be-
troffene sei wegen körperlicher oder geistiger Mängel zur Erfüllung seiner Amtspflich-
ten dauernd unfähig. Die Beschwerde legt nicht dar, dass das Berufungsgericht einen
diesem Rechtssatz widersprechenden Rechtssatz aufgestellt hat; dies ergibt sich
auch nicht aus der Entscheidung. Das Berufungsgericht hat durchaus gesehen, dass
der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht auf die kurz zuvor gesetzlich eingeführte
Möglichkeit hingewiesen worden ist, von sich aus die Versetzung in ein Amt des ein-
fachen Dienstes zu beantragen. Das Berufungsgericht hat diesem dem Verwaltungs-
verfahren möglicherweise anhaftenden Mangel jedoch keine kausale Bedeutung bei-
gemessen, weil einer Versetzung in ein Amt des einfachen Dienstes nicht nur der
Mangel des Antrages entgegengestanden habe, sondern auch die für eine solche
Maßnahme vorauszusetzende Erwartung nicht gerechtfertigt sei, dass der Beamte
den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügen werde. Hierin liegt
keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Ebenso wenig stellt es eine
Divergenz in dem genannten Sinne dar, wenn das Verwaltungsverfahren an einem in
einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts bezeichneten Verfahrensmangel
gelitten hat.
3. Die angegriffene Entscheidung leidet auch nicht unter dem von der Beschwerde
gerügten Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1
GG, § 138 Nr. 3 VwGO). In diesem Zusammenhang beanstandet die Beschwerde,
das Berufungsgericht sei von einer dauernden Unfähigkeit des Klägers ausgegangen,
einfache Tätigkeiten auszuüben, obwohl der Amtsarzt lediglich ausgeführt habe, der
Kläger solle "zunächst nur mit einfachen Tätigkeiten betraut werden". Das Beru-
fungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen des Amtsarztes auseinander gesetzt
(s. S. 5/6 des Beschlusses), diese also zur Kenntnis genommen und in Erwägung
gezogen. Letztlich hat es andere Umstände den Ausschlag geben lassen. Mit seinem
Beschwerdevorbringen rügt der Kläger somit in Wahrheit, das Berufungsgericht habe
den Sachverhalt anders bewertet als es der Kläger für geboten hält. Dasselbe gilt von
der Rüge, das Berufungsgericht habe nicht dargelegt, inwiefern bestimmte vom Ver-
waltungsgericht erwähnte einfache Beamtentätigkeiten für den Kläger nicht möglich
sein sollten. Die Beschwerde behauptet selbst nicht, das Berufungsgericht sei hierauf
im Sinne einer Gehörsverletzung nicht eingegangen, was auch den Ausführungen auf
S. 6 des Beschlusses widerspräche, sondern beanstandet lediglich dessen Rechts-
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auffassung, dass diese Tätigkeiten den Anforderungen eines Amtes des einfachen
Dienstes nicht genügten. Darin liegt kein Gehörverstoß. Hiervon abgesehen wird der
Beschluss des Berufungsgerichts maßgeblich von der Erwägung getragen, dass es
bei jeder Tätigkeit des Beamten "ständiger Überwachung bedurft hätte", was einer
gesundheitlichen Eignung für ein entsprechendes Amt entgegenstehe.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 4 Satz 1
Buchst. a GKG.
Albers Dr. Kugele Groepper