Urteil des BVerwG vom 17.03.2014

Eingriff in Grundrechte, Öffentlich, Beamtenverhältnis, Anwärter

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 45.13
OVG 1 A 123/12
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und Dollinger
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
des Saarlandes vom 21. Februar 2013 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdever-
fahren wird auf 3 814,10 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsrefe-
rendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis.
1. Der Kläger absolvierte als Rechtsreferendar den juristischen Vorbereitungs-
dienst im Saarland, zeitgleich übte er zusätzlich eine Nebentätigkeit als wissen-
schaftlicher Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei aus. Auf seine Nebentä-
tigkeitsanzeige hin hatte ihn der Beklagte darauf hingewiesen, dass Einkünfte
aus der Nebentätigkeit auf die für die Durchführung des Vorbereitungsdienstes
gewährte Unterhaltsbeihilfe (hier monatlich 1 004,27 € brutto) angerechnet wer-
den, soweit sie 150 v.H. der jeweiligen Unterhaltsbeihilfe übersteigen. Nach
Vorlage seiner Verdienstbescheinigungen forderte der Beklagte die gewährte
Unterhaltsbeihilfe für vier Monate des Jahres 2010 teilweise zurück. Die hierge-
gen gerichteten Widersprüche blieben erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide aufgehoben, weil der Beklagte das
ihm zur Ausübung einer Billigkeitsentscheidung eingeräumte Ermessen fehler-
haft ausgeübt habe. Insbesondere habe berücksichtigt werden müssen, dass
der Kläger wegen seiner deutlich über der Anrechnungsgrenze liegenden Ne-
bentätigkeitsvergütung im Ergebnis schlechter gestellt sei, als ein Referendar,
der die Anrechnungsgrenze knapp einhalte. Das Oberverwaltungsgericht hat
die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Die mögliche Schlech-
terstellung des Klägers sei eine Folge des vom Gesetzgeber gewählten Brutto-
prinzips bei der Festsetzung der Anrechnungsgrenze und könne im Rahmen
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der Billigkeitsentscheidung daher nicht ausgeglichen werden. Im Übrigen
stamme die Überzahlung nicht aus dem Verantwortungsbereich des Beklagten.
2. Die Beschwerde hat keinen Verfahrensmangel des angegriffenen Urteils auf-
gezeigt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht dadurch gegen den Anspruch auf Ge-
währung rechtlichen Gehörs verstoßen, dass es dem Kläger keine Gelegenheit
zur Stellungnahme zum Schriftsatz des Beklagten vom 19. Februar 2013 gege-
ben hat. Auf die darin enthaltenen Ausführungen ist das zwei Tage später er-
gangene Urteil nicht gestützt.
Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich
zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor
deren Erlass äußern zu können. Gelegenheit zur Äußerung muss daher grund-
sätzlich zu jedem dem Gericht unterbreiteten Vortrag gegeben werden, soweit
er für die Entscheidung erheblich ist. Dementsprechend darf das Gericht nur
solche Tatsachen und Beweisergebnisse verwerten, zu denen sich die Verfah-
rensbeteiligten vorher äußern konnten (BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juni 1985
- 2 BvR 414/84 - BVerfGE 70, 180 <189>, vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765/89
u.a. - BVerfGE 89, 381 <392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -
BVerfGE 101, 106 <129> m.w.N.).
Hiergegen hat das Oberverwaltungsgericht nicht verstoßen, weil es die im
Schriftsatz vom 19. Februar 2013 enthaltenen Ausführungen seiner Entschei-
dung nicht zugrunde gelegt hat. Das benannte Schreiben enthält ausschließlich
Ausführungen des Beklagten zu der Frage, ob bei der nachträglichen Zustel-
lung der Widerspruchsbescheide nur Kopien übermittelt worden sind oder die
Bescheide mit schwarzem Kugelschreiber unterzeichnet waren. Diese Frage
war für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht von Bedeutung,
weil es bereits den Empfang einer Kopie für ausreichend gehalten hat. Es ist
auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Entscheidung auf dem
gerügten Unterlassen beruhen könnte.
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b) Damit zeigt die Beschwerde auch nicht auf, dass der Senat des Oberverwal-
tungsgerichts bei seiner Entscheidung über die Berufung des Klägers nicht vor-
schriftsmäßig besetzt gewesen sein könnte. Die Beschwerde leitet gegen den
Senat des Oberverwaltungsgerichts eine Besorgnis der Befangenheit daraus
her, dass dieser den vorerwähnten Schriftsatz verwertet habe, ohne dem Kläger
zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Unabhängig davon,
dass auch eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts - ihr Vorliegen unter-
stellt - für sich allein genommen nicht geeignet wäre, die Besorgnis der Befan-
genheit zu begründen (vgl. Beschluss vom 7. April 2011 - BVerwG 3 B 10.11 -
juris Rn. 5 m.w.N.), war die Verfahrensweise - wie dargestellt - nicht zu bean-
standen.
Entsprechendes gilt für den Umstand, dass sich das Gericht Kenntnis vom Aus-
gang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens 2 BvR 866/11 verschafft hat.
Nachdem der Kläger selbst auf das anhängige Verfahren hingewiesen und im
Hinblick hierauf eine Aussetzung des Verfahrens beantragt hatte (Schriftsatz
vom 28. August 2011), war dies vielmehr sachlich geboten.
c) Schließlich ist auch kein Begründungsmangel der angegriffenen Entschei-
dung aufgezeigt.
Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die
für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht ist aber
nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Ent-
scheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997
- 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Dies gilt insbesondere für Fra-
gen, die für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind.
Die Beschwerde vermisst Ausführungen des Berufungsgerichts zur zutreffen-
den Spruchkörperbesetzung im Verfahren der ersten Instanz. Diese Frage war
indes für die Berufungsinstanz nicht entscheidungserheblich. Die unzutreffende
Besetzung des Verwaltungsgerichts kann zwar - ihr Vorliegen unterstellt - zur
Eröffnung des Berufungsverfahrens führen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO); sie ist
für den Erfolg der Berufung selbst indes ohne Belang. Angesichts der umfas-
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senden Prüfung durch das Berufungsgericht (§ 128 VwGO) wirkt ein etwaiger
Verfahrensverstoß des Verwaltungsgerichts in der Berufungsinstanz grundsätz-
lich auch nicht fort (vgl. Urteil vom 3. Juni 2010 - BVerwG 9 C 4.09 - BVerwGE
137, 105 = Buchholz 310 § 113 Abs. 2 VwGO Nr. 2, jeweils Rn. 15 m.w.N.; Be-
schluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 2 B 127.09 - juris Rn. 5). Die angegriffene
Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts könnte auf einer etwaigen Fehlbe-
setzung des Verwaltungsgerichts daher auch nicht beruhen.
3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die von der Beschwerde aufgeworfe-
nen Fragen zur näheren Ausgestaltung des juristischen Vorbereitungsdienstes
als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis sind in der Rechtsprechung des
Bundesverfassungs- bzw. Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt oder las-
sen sich auf Grundlage vorhandener Entscheidungen dieser Gerichte auch oh-
ne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten (vgl. Beschluss vom
24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 m.w.N.).
Dabei bezieht sich die Prüfung nicht nur auf die Verletzung von Bundesrecht
(§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), sondern erstreckt sich auch auf für revisibel erklär-
tes Landesrecht (vgl. § 127 Nr. 2 BRRG, der gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 Be-
amtStG nicht außer Kraft getreten ist). Zwar handelt es sich bei dem öffentlich-
rechtlichen Ausbildungsverhältnis für Rechtsreferendare nach § 21 Abs. 1 des
saarländischen Gesetzes Nr. 1228 über die juristische Ausbildung vom 6. Juli
1988 in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Januar 2004 (ABl S. 78; zu-
letzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2009, ABl S. 514 - JAG -) nicht um
ein Beamtenverhältnis im Sinne von § 127 BRRG (vgl. Urteil vom 30. April 1992
- BVerwG 2 C 6.90 - BVerwGE 90, 147 <149> = Buchholz 240 § 59 BBesG
Nr. 8 S. 13 sowie Beschluss vom 1. September 1992 - BVerwG 2 NB 1.92 -
Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 53 jeweils m.w.N.). Durch die in § 22 Abs. 5
JAG getroffene Anordnung, nach der für den Rechtschutz der Rechtsreferenda-
re die §§ 126 und 127 BRRG entsprechend gelten, hat der saarländische Ge-
setzgeber aber die Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts auf die Anwen-
dung landesrechtlicher Vorschriften erstreckt. Diese Regelung wird durch
Art. 99 GG gedeckt (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1960 - 2 BvF 5/58 -
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BVerfGE 10, 285 <292 f., 301 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom 13. Januar 1961
- BVerwG 7 P 3.60 - BVerwGE 11, 336 <337> und vom 12. Dezember 2011
- BVerwG 2 B 34.11 - Buchholz 310 § 187 VwGO Nr. 3 Rn. 5 m.w.N.).
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt,
dass der Vorbereitungsdienst auch so organisiert werden kann, dass er in ei-
nem besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis abgeleistet wird,
das nicht ein Beamtenverhältnis ist (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975
- 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <372>). Auch §§ 5, 5b DRiG bestimmen nicht
in welchem Rechtsverhältnis der Vorbereitungsdienst zu gestalten ist.
Für Referendare im Ausbildungsverhältnis gilt der Alimentationsgrundsatz aus
Art. 33 Abs. 5 GG nicht (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1972 - 2 BvR
704/70 - BVerfGE 33, 44 <50>; Kammerbeschlüsse vom 3. Juli 2007 - 2 BvR
733/06 - juris Rn. 4 und vom 24. September 2007 - 2 BvR 442/06 - FamRZ
2007, 1956 Rn. 10). Dem Anwärter wird kein Amt im statusrechtlichen Sinn
übertragen. Das zeitlich beschränkte Dienstverhältnis wird zum Zwecke der
Ausbildung begründet, wobei der Anwärter während der Zeit der Ausbildung für
seinen Dienstherrn nur eine beschränkte Dienstleistung erbringt. Deshalb sind
die dem Anwärter gewährten Bezüge nicht auf Vollalimentation ausgelegt, son-
dern stellen lediglich eine Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts während
der Ausbildungszeit dar. Eine volle Absicherung des Lebensunterhalts des An-
wärters und seiner Familie ist damit nicht beabsichtigt. Die gewährte Unter-
haltsbeihilfe findet ihre Rechtsgrundlage vielmehr in der Fürsorgepflicht (Be-
schluss vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 2 B 43.09 - juris Rn. 6 m.w.N.). Dies
gilt für Anwärter, die nicht in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen wur-
den, sondern in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis
tätig werden, erst recht.
Bei der Ausgestaltung der Anwärterbezüge steht dem Gesetzgeber ein weiter
Gestaltungsspielraum zur Verfügung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom
7. Oktober 1992 - 2 BvR 1318/92 - NVwZ 1993, 467; BVerwG, Beschluss vom
31. Januar 1989 - BVerwG 2 B 2.89 - Buchholz 240 § 61 BBesG Nr. 1 S. 1). Er
ist auch nicht daran gehindert, Einkünfte aus einer genehmigten Nebentätigkeit
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auf die gewährte Unterhaltsbeihilfe anzurechnen (BVerfG, Beschluss vom
12. April 1972 a.a.O. S. 48 ff.; BVerwG, Urteil vom 3. September 1970
- BVerwG 2 C 34.69 - BVerwGE 36, 61 <65 ff.>; vgl. zur Intention, Anreize für
ein erhöhtes Maß von Nebentätigkeiten während der Ausbildung zu vermeiden:
Beschluss vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 2 B 43.09 - juris Rn. 8; OVG Ham-
burg, Urteil vom 19. Januar 2009 - 1 Bf 69/05 - VR 2009, 427 = juris Rn. 65).
b) Auch die weitere Frage, ob es mit dem Wesentlichkeitsprinzip vereinbar ist,
dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber keine Vorgaben für die Höhe der
Unterhaltsbeihilfe macht, ist nicht klärungsbedürftig. Die Unterhaltsbeihilfe stellt
keine Besoldung im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 BBesG dar, die gemäß
§ 2 Abs. 1 BBesG durch Gesetz geregelt werden muss. Eine Verpflichtung des
Gesetzgebers, die Höhe der gewährten Unterhaltsbeihilfe selbst durch Gesetz
vorzugeben, folgt auch nicht aus dem Wesentlichkeitsgrundsatz.
Nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie verpflichten das Rechtsstaats-
prinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes den Gesetzgeber, we-
sentliche Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Verwaltung zu über-
lassen (BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24
<58>). Ob eine Entscheidung wesentlich ist und damit dem Parlament selbst
vorbehalten bleiben muss oder zumindest nur aufgrund einer inhaltlich be-
stimmten parlamentarischen Ermächtigung ergehen darf, richtet sich zunächst
nach dem Grundgesetz (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977
- 1 BvL 1/75 u.a. - BVerfGE 47, 46 <79>).
Auch wesentliche Entscheidungen für die Verwirklichung des Grundgesetzes
muss der Gesetzgeber nicht selbst in allen Einzelheiten treffen. Dem Parla-
mentsvorbehalt genügt auch eine gesetzliche Verordnungsermächtigung, die
Inhalt, Zweck und Ausmaß der delegierten Regelungsbefugnis hinreichend be-
stimmt (vgl. Art. 104 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Saarlandes). Demge-
mäß ist etwa die Übertragung der Festlegung von Höchstaltersgrenzen für die
Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf den Verordnungsgeber in der Recht-
sprechung gebilligt worden (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 -
BVerwGE 142, 59 <65> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 Rn. 26).
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Die Festsetzung der Höhe der für Rechtsreferendare in einem besonderen öf-
fentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis gewährten Unterhaltsbeihilfe bewirkt
keinen Eingriff in Grundrechte oder andere verfassungsrechtliche Positionen
- wie den durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Grundsatz der Bestenauswahl
(vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143
<145> = Buchholz 237.7 § 15 NW LBG Nr. 6 Rn. 10 f.). Die Bestimmung des
gewährten Unterhaltszuschusses beinhaltet vielmehr eine Regelung zur Ausge-
staltung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses.
Die grundlegenden Entscheidungen hierzu - einschließlich derjenigen, nur eine
Unterhaltsbeihilfe unter Berücksichtigung eines familiären Mehrbedarfs zu ge-
währen - hat der saarländische Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 JAG selbst getrof-
fen. Für die Regelung der Einzelheiten enthält § 22 Abs. 1 Satz 4 JAG eine
Verordnungsermächtigung.
Diese Regelungstechnik begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Eine Ermächtigung zum Erlass von Vorschriften über die Unterhaltsbeihilfe von
Rechtsreferendaren befugt den Verordnungsgeber zum Erlass derjenigen Vor-
schriften, durch die herkömmlicherweise dieser Unterhaltszuschuss gestaltet
wird. Hierzu gehört auch die Festsetzung der jeweils auszuzahlenden Höhe.
§ 22 Abs. 1 Satz 4 JAG ist durch den Gesamtzusammenhang, in dem die Er-
mächtigung steht, daher nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt
(vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1972 - 2 BvR 704/70 - BVerfGE 33, 44
<49>). Anhaltspunkte dafür, dass für die Festsetzung der Höhe der Rechtsrefe-
rendaren gewährten Unterhaltsbeihilfe unter dem Gesichtspunkt der Wesent-
lichkeit gesteigerte Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung gelten
müssten, sind nicht ersichtlich.
c) Gesetz- und Verordnungsgeber waren auch nicht verpflichtet, den Rechtssta-
tus und die finanzielle Unterstützung von Rechtsreferendaren einerseits und
Studienreferendaren andererseits identisch auszugestalten. Zwar dient das im
staatlichen Ausbildungsmonopol stehende Referendariat in beiden Fällen pri-
mär der Berufsausbildung der Anwärter. Zwischen beiden Personengruppen
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bestehen aber sachliche Unterschiede, die eine Differenzierung möglich ma-
chen.
Die Berufung von Studienreferendaren in das Beamtenverhältnis auf Widerruf
findet einen sachlichen Grund bereits darin, dass ihnen auch schon im Vorbe-
reitungsdienst die eigenständige Ausübung hoheitlicher Aufgaben übertragen
ist. Während Rechtsreferendare im hoheitlichen Bereich nur unter Aufsicht tätig
werden dürfen (§§ 10, 142 Abs. 3 GVG), übernimmt der Studienreferendar auch
eigenverantwortlich Unterricht und Lernerfolgskontrollen (§ 33 Abs. 1 Satz 2,
§ 37 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 und 4 der saarländischen Ausbildungs-
und Prüfungsordnung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen vom
22. September 1981, ABl S. 737, zuletzt geändert durch Verordnung vom
22. Januar 2013, ABl I S. 27). Der eigenverantwortliche Unterricht beträgt dabei
für die Dauer eines vollen Schuljahres 10 Wochenstunden und ist fester Be-
standteil der Unterrichtsverteilung der Schule, an der der Studienreferendar
eingesetzt wird. Trotz seines Ausbildungsverhältnisses nimmt der Studienrefe-
rendar damit eine eigenständige Aufgabe im Rahmen des staatlichen Schulwe-
sens wahr (vgl. hierzu auch Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss
vom 20. August 2012 - Lv 11/11 - S. 13 f.). Dies muss zwar nicht zwingend in
einem Beamtenverhältnis erfolgen (BVerfG, Beschluss vom 19. September
2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <267>), Lehrkräfte werden in vielen
Ländern aber traditionell verbeamtet.
Ein stärkerer Bezug der Studienreferendare zur hoheitlich geprägten Sphäre
folgt auch daraus, dass der Vorbereitungsdienst hier ganz überwiegend an öf-
fentlichen Schulen stattfindet, während Rechtsreferendare große Teile ihrer
Ausbildung an nicht staatlichen Stellen absolvieren (§ 5b Abs. 2 Nr. 4 DRiG,
§ 24 Abs. 2 Nr. 1, 5 und 6 JAG).
Schließlich werden Studienreferendare nach Abschluss ihrer Ausbildung regel-
mäßig auch zu weit größeren Teilen im öffentlichen Dienst beschäftigt, als dies
bei Rechtsreferendaren der Fall ist, die nur zu einem geringeren Teil eine An-
stellung bei staatlichen Stellen finden.
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d) Die grundsätzliche Zulässigkeit dynamischer Verweisungen von Landesrecht
auf Bundesrecht ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts be-
reits geklärt (vgl. etwa Beschluss vom 1. März 1978 - 1 BvR 786/70 u.a. -
BVerfGE 47, 285 <312>). Weitgehenden Klärungsbedarf hierzu zeigt die Be-
schwerde nicht auf.
e) Die Beantwortung der Frage, ob die Anrechnung der Nebentätigkeitsvergü-
tung auf Grundlage der Bruttobeträge erfolgen darf, rechtfertigt die Durchfüh-
rung eines Revisionsverfahrens ebenfalls nicht.
Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass bei
der Festsetzung der Dienst- und Versorgungsbezüge grundsätzlich das Brutto-
prinzip gilt (vgl. zuletzt Urteil vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 C 18.10 - Buchholz
449.4 § 53 SVG Nr. 1 Rn. 27). Gleiches hat für die Unterhaltsbeihilfe der
Rechtsreferendare nach § 22 JAG zu gelten. Die Vorschrift knüpft in vielfältiger
Weise an die beamtenrechtlichen Normen an und verweist hinsichtlich der An-
rechnung von Nebentätigkeitsvergütungen ausdrücklich auf die einschlägigen
Bestimmungen des Saarländischen Beamtengesetzes (§ 22 Abs. 4 Satz 2
JAG). Auch dort gilt für die Ablieferungspflicht von Nebentätigkeitsvergütungen
das Bruttoprinzip (§ 92 Nr. 3 SBG i.V.m. § 9 der Saarländischen Nebentätig-
keitsverordnung vom 27. Juli 1988, ABl S. 841, zuletzt geändert durch Gesetz
vom 21. November 2007, ABl S. 2393).
Der Umfang der Überzahlung, die nach § 6 Satz 1 der Saarländischen Verord-
nung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendarinnen und
Rechtsreferendare vom 15. Juni 2001 (ABl S. 1224, zuletzt geändert durch
Verordnung vom 17. August 2009, ABl S. 1450) zurückzufordern ist, besteht
daher in der Differenz der Brutto-Unterhaltsbeihilfe, die der Beklagte seiner tat-
sächlichen Auszahlung zugrunde gelegt hat, und dem Bruttobetrag, die dem
Kläger nach materiellem Recht zugestanden hätte (vgl. Urteil vom 8. Oktober
1998 - BVerwG 2 C 21.97 - Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 25 S. 13).
Soweit der Kläger die Klärung der ordnungsgemäßen Rechtsanwendung an-
mahnt, richtet sich diese Rüge gegen deren Richtigkeit im Einzelfall und ist
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nicht geeignet, einer Grundsatzrüge zum Erfolg zu verhelfen. Entsprechendes
gilt für die Anwendung der Billigkeitsvorschrift aus § 6 Satz 3 der benannten
Unterhaltsbeihilfeverordnung (zum vorrangigen steuerrechtlichen Ausgleich be-
reits versteuerter Überzahlungen vgl. auch Urteil vom 8. Oktober 1998 a.a.O.
S. 15).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52
Abs. 3 GKG.
Domgörgen Dr. Kenntner Dollinger
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