Urteil des BVerwG vom 21.05.2007

Beamtenverhältnis, Beamter, Verzicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 30.07
VGH DB 16 S 3/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller und Groepper
beschlossen:
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 19. Oktober 2006 wird zurück-
gewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Der Sache kommt die ihr vom Beklagten bei-
gemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 69 BDG, § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO nicht zu.
Der Beklagte hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:
Ist der beim Dienstherrn allgemein und speziell mit Blick
auf die Vorgesetztenfunktion eines Beamten eingetretene
Vertrauensverlust alleine ausreichend, um statt einer ver-
hängten Gehaltskürzung eine Zurückstufung in ein Amt
mit niedrigerem Endgrundgehalt zu rechtfertigen?
Stellt der Verzicht auf die Einleitung disziplinarer Vorer-
mittlungen eines vorgesetzten Beamten gegen einen ihm
untergeordneten Beamten wegen des Deliktscharakters
einer uneidlichen Falschaussage, die mit einer Vorstrafe
geahndet wird, eine die Funktionsfähigkeit der Polizeibe-
hörde, der die Beamten angehören, gefährdende schwere
Pflichtwidrigkeit dar?
Keine dieser Fragen rechtfertigt die Zulassung der Revision. Die Fragen bezie-
hen sich auf die Würdigung der vom Berufungsgericht im vorliegenden Einzelfall
festgestellten Bemessungsumstände und sind deshalb keine in verallge-
meinerungsfähiger Weise beantwortbaren Rechtsfragen, die Gegenstand eines
Revisionsverfahrens sein könnten. Zu den für die Bestimmung der Disziplinar-
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maßnahme zu treffenden Feststellungen und den bei ihrer Würdigung zu be-
achtenden Maßstäben hat sich der Senat bereits geäußert (vgl. Urteil vom
20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>). Zur Vor-
schrift des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG, derzufolge ein Beamter aus dem Beamten-
verhältnis zu entfernen ist, der durch ein schweres Dienstvergehen das Ver-
trauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, hat der
Senat ausgeführt, die Vorschrift treffe keine Aussage, unter welchen Voraus-
setzungen die Tatbestandsmerkmale „schweres Dienstvergehen“ und „endgül-
tiger Vertrauensverlust“ anzunehmen seien. Maßstäbe für die Auslegung der
Tatbestandsmerkmale des § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG lassen sich allein aus § 13
Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG gewinnen. Wenn § 13 Abs. 2 Satz 1 BDG die Entfer-
nung aus dem Beamtenverhältnis von einem prognostisch zu beurteilenden
endgültigen Vertrauensverlust durch ein schweres Dienstvergehen abhängig
macht, greift er die generell geltenden Bemessungskriterien des § 13 Abs. 1
Satz 2 BDG - Schwere des Dienstvergehens - und des § 13 Abs. 1 Satz 4 BDG
- Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der All-
gemeinheit - auf. Diese Bemessungskriterien - zu denen noch das Persönlich-
keitsbild des Beamten hinzukommt - sind bei jedem Dienstvergehen, gleichgül-
tig zu welcher Disziplinarmaßnahme es letztlich führt, in Betracht zu ziehen.
Eine objektive und ausgewogene Zumessungsentscheidung setzt voraus, dass
die sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG ergebenden Bemessungskriterien mit
dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht ermittelt und in die Ent-
scheidung eingestellt werden (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 BDG). Welches Gewicht
das Tatsachengericht diesen Bemessungskriterien im Einzelfall beimisst, ist
nach der insoweit offenen Formulierung des Gesetzes nicht im Sinne einer
zwingenden Bemessungsregel festgelegt. Die von der Beschwerde aufgegriffe-
nen Formulierungen des Berufungsgerichts auf den Seiten 15 und 17 des Ur-
teilsabdrucks sind demgemäß auch als auf den Fall des Beklagten bezogene
Würdigungen zu verstehen und nicht als generelle, von den Umständen des
Falles losgelöste und das Berufungsgericht in seiner freien Überzeugungsbil-
dung bei der Bestimmung der Maßnahme einschränkende Grundsätze. Das
Berufungsgericht hat die Schwere des Dienstvergehens des Beklagten und den
Grad der dadurch ausgelösten Vertrauensbeeinträchtigung als so hoch einge-
schätzt, dass es die Zurückstufung als angemessene Maßnahme angesehen
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hat. Eine rechtsgrundsätzlich klärbare und klärungsbedürftige Rechtsfrage wird
damit nicht aufgeworfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 4 BDG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
Das gerichtliche Verfahren ist gebührenfrei (§ 78 Abs. 1 Satz 1 BDG).
Albers Dr. Müller Groepper
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