Urteil des BVerwG vom 30.12.2014

Beförderung, Zulage, Besoldung, Amt

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 27.14
OVG 3 A 435/13
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Dezember 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und Dr. Hartung
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Dezember
2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf die
Wertstufe bis zu 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der vom Kläger geltend
gemachte Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Der Kläger steht seit 1991 im Dienst der beklagten Stadt. Am 1. März 1999
wurde er zum Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8) und mit Wirkung vom
1. Januar 2012 zum Hauptbrandmeister (Besoldungsgruppe A 9) ernannt. Ab
dem 21. Dezember 2007 war der Kläger auf einem nach Besoldungsgruppe A 9
bewerteten Dienstposten eingesetzt. In den Jahren seit 2000 hatte die Beklagte
keine genehmigte Haushaltssatzung. Erstmals am 11. Juli 2012 für das Jahr
2012 ist wieder eine Haushaltssatzung bekanntgegeben worden.
Den Antrag des Klägers vom 27. Mai 2011, ihm rückwirkend seit Juni 2009 eine
Zulage für die Wahrnehmung eines höherwertigen Amtes nach § 46 BBesG zu
gewähren, lehnte die Beklagte ab, der Widerspruch des Klägers war erfolglos.
Klage und Berufung des Klägers sind erfolglos geblieben.
Das Oberverwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf die begehrte
Zulage für den Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 verneint
und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die von § 46 BBesG gefor-
derten „haushaltsrechtlichen Voraussetzungen“ für eine Beförderung hätten im
streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorgelegen. Es habe für den Kläger keine
besetzbare Planstelle zur Verfügung gestanden, weil unter den Beschränkun-
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gen der vorläufigen Haushaltsführung eine Beförderung von Beamten unzuläs-
sig gewesen sei. Der Beförderung des Klägers habe deshalb ein haushalts-
rechtliches Hindernis entgegengestanden.
Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem
zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bis-
lang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der
Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsver-
fahren bedarf (stRspr, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 22 und vom
2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 2). Eine Klärung
durch eine revisionsgerichtliche Entscheidung ist nach der ständigen Recht-
sprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich, wenn
sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Recht-
sprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpreta-
tion ohne Weiteres beantworten lässt (Beschluss vom 24. August 1999
- BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO
Nr. 228 S. 13). So verhält es sich hier.
1. Die Frage,
ob für die Erfüllung der 18-monatigen Wartefrist des § 46
Abs. 1 BBesG auf das Amt im konkret-funktionellen Sinn
(Aufgaben des konkreten Dienstpostens) oder auf das
Amt im abstrakt-funktionellen Sinn abzustellen ist,
ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die Erfüllung der
18-monatigen Wartefrist durch den Kläger ist - unabhängig von den in der vor-
stehenden Frage angeführten Amtsbegriffen - zwischen den Beteiligten nicht
im Streit. Für die streitentscheidende Rechtsfrage, ob die haushaltsrechtlichen
Voraussetzungen für die Beförderung des Klägers vorlagen, ist die aufgeworfe-
ne Frage ohne Belang.
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2. Die Frage,
ob der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung in
§ 18 BBesG a.F. und in analogen Landesbeamtengeset-
zen eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des § 82 Abs. 1
Nr. 1 GO NRW ist, ob also das kommunale Haushalts-
recht den Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung
beeinflusst oder ob der Grundsatz der funktionsgerechten
Besoldung das kommunale Haushaltsrecht beeinflusst,
würde sich so umfassend, wie sie formuliert ist, in dem angestrebten Revisions-
verfahren nicht stellen und ist in dem hier streitgegenständlichen Umfang in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt.
Streitgegenstand ist das Klagebegehren auf Zahlung einer Zulage nach § 46
BBesG für die Wahrnehmung einer gegenüber dem Statusamt höherwertigen
Tätigkeit. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 BBesG in der am 31. August 2006 gelten-
den Fassung, die gemäß Art. 125a Abs. 1 GG für den hier relevanten Zeitraum
noch als Bundesrecht fortgalt, ist einem Beamten, dem die Aufgaben eines hö-
herwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen werden, nach
18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Zulage
zu zahlen, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahn-
rechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.
§ 46 Abs. 1 BBesG macht also die Zulage für die Wahrnehmung der Aufgaben
eines höherwertigen Amtes u.a. vom Vorliegen der haushaltsrechtlichen Vo-
raussetzungen für die Übertragung dieses Amtes abhängig. Anders als bei an-
deren Zulagentatbeständen, bei denen die Wahrnehmung einer Tätigkeit als
solche bereits anspruchsbegründend ist, setzt die Zulage nach § 46 Abs. 1
BBesG zusätzlich voraus, dass u.a. die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen
für die Übertragung des höherwertigen Amtes, also der Beförderung vorliegen.
Damit ergibt sich bereits aus Wortlaut und Gesetzessystematik, dass nicht die
bloße Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Amtes ab einer be-
stimmten Dauer anspruchsbegründend ist, sondern dass außerdem die haus-
haltsrechtlichen Voraussetzungen für die Beförderung vorliegen müssen.
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Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung des höherwerti-
gen Amtes im Sinne von § 46 Abs. 1 BBesG sind erfüllt, wenn der Beförderung
des betreffenden Beamten kein haushaltsrechtliches Hindernis entgegensteht.
Für seine Beförderung muss eine freie Planstelle der entsprechenden Wertig-
keit zur Verfügung stehen. Maßgeblich sind die einschlägigen Vorgaben des
jeweiligen Haushaltstitels des Haushaltsplans. Entscheidungen der Exekutive
sind hier nur von Bedeutung, wenn sie auf entsprechenden gesetzlichen Vor-
gaben oder Ermächtigungen beruhen, wie etwa „kw-Vermerke“ oder eine
Haushaltssperre. Haushaltsrechtliche Voraussetzungen im vorstehenden Sinne
sind z.B. auch die kommunalaufsichtsrechtlichen Vorschriften des Landesrechts
und darauf beruhende Verfügungen der Aufsichtsbehörden mit der Folge der
Einschränkung der gemeindlichen Haushaltsbefugnisse (sog. Nothaushalts-
recht). Dies hat der Senat vor kurzem ausdrücklich entschieden (Urteil vom
25. September 2014 - BVerwG 2 C 16.13 - Rn. 13, zur Veröffentlichung in
BVerwGE und Buchholz vorgesehen).
Daraus folgt, dass die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen i.S.v. § 46 Abs. 1
BBesG nicht gegeben sind, wenn die betreffende Gemeinde dem Nothaushalts-
recht unterliegt und dieses die Begründung von Zahlungsverpflichtungen der
Kommune infolge der Beförderung eines Beamten ausschließt. Ein solcher Fall
liegt hier vor.
Das Oberverwaltungsgericht hat in Auslegung der einschlägigen Bestimmungen
des nordrhein-westfälischen Gemeindehaushaltsrechts (§§ 76, 79, 80 und 82
der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen) als irrevisiblem Lan-
desrecht angenommen, dass die Beklagte in dem fraglichen Zeitraum mangels
bekannt gemachter Haushaltssatzung den Beschränkungen der vorläufigen
Haushaltsführung unterlag und deshalb nur Aufwendungen entstehen lassen
durfte, zu denen sie rechtlich verpflichtet war.
Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt,
dass die dem Beamten vom Dienstherrn zu gewährende Besoldung an das Amt
im statusrechtlichen Sinne anknüpft. Ebenso geklärt ist, dass das Leistungs-
prinzip nicht fordert, dass jegliche Aufgabenerfüllung, die über die amtsange-
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messene Beschäftigung hinausgeht, auch finanziell honoriert wird (Urteil vom
28. April 2005 - BVerwG 2 C 29.04 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 3 S. 12).
Allerdings steht die für die amtsgemäße Besoldung notwendige Entsprechung
von Amt im statusrechtlichen und Amt im funktionellen Sinne einer dauerhaften
Trennung von Amt und Funktion grundsätzlich entgegen (BVerfG, Beschluss
Die längerfristige oder gar dauerhafte Wahrnehmung der Aufgaben eines hö-
herwertigen (Status-)Amtes wird deshalb idealerweise durch eine Beförderung
honoriert; damit wird die Einheit von Statusamt und Funktionsamt - auf dem
höheren Niveau des Funktionsamtes - hergestellt. Kommt eine Beförderung
nicht in Betracht - etwa weil der Dienstposten nicht dauerhaft benötigt wird oder
weil die Anzahl der beförderungsreifen Inhaber höherwertiger Dienstposten die
Anzahl der verfügbaren Planstellen übersteigt und der fragliche Beamte in einer
Leistungskonkurrenz nicht zum Zuge kommen kann -, dann kann die Einheit
von Statusamt und Funktionsamt nur auf dem niedrigeren Niveau des Sta-
tusamtes des Beamten hergestellt werden. Im Übrigen bietet eine Zulage für die
Verwendung in einer gegenüber dem Statusamt höherwertigen Funktion einen
gewissen Ausgleich für die ausbleibende Beförderung trotz längerfristiger Ver-
wendung auf dem höherwertigen Dienstposten. Ob und mit welchen Vorausset-
zungen der Gesetzgeber eine solche Zulage vorsieht, unterfällt seinem - freilich
durch Art. 33 Abs. 5 GG begrenzten - Gestaltungsspielraum (zur Gestaltungs-
freiheit des Gesetzgebers im Besoldungsrecht vgl. Urteil vom 12. Dezember
2013 - BVerwG 2 C 49.11 - BVerwGE 148, 328 = Buchholz 245 LandesBesR
Nr. 3, jeweils Rn. 36 m.w.N.).
§ 46 BBesG ist deshalb Ausdruck des Grundsatzes funktionsgerechter Besol-
dung. So wie es Verfassungsrecht nicht gebietet, die Verwendungszulage nach
§ 46 BBesG auch im Fall der Verhinderungsvertretung zu gewähren (Urteil vom
28. April 2005 a.a.O. S. 12 f.), so verbietet es Verfassungsrecht nicht, dass die
Zulagengewährung vom Vorliegen haushaltsrechtlicher Voraussetzungen ab-
hängig gemacht wird.
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3. Wegen der Frage,
ob es mit dem Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG und
mit Art. 3 GG zu vereinbaren ist, dass § 18 BBesG für
gleichwertige Tätigkeiten eine unterschiedliche Besoldung
von drei und mehr Besoldungsstufen zulässt,
ist die Revision nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Denn die Frage bezieht sich, wie sich der
Begründung eindeutig entnehmen lässt, auf § 18 BBesG in der derzeit gelten-
den Fassung. § 18 BBesG ist letztmals durch das Gesetz zur Neuregelung der
Professorenbesoldung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften
vom 11. Juni 2013 (BGBl I S. 1514) geändert worden. Für die Klägerin ist aber,
wie oben ausgeführt, gemäß Art. 125a Abs. 1 GG das Bundesbesoldungsge-
setz in der am 31. August 2006 geltenden Fassung maßgeblich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und ist in Streitigkeiten über den „Teilstatus“ ei-
nes Beamten entsprechend der Höhe des zweifachen Jahresbetrags der Diffe-
renz zwischen dem innegehabten und dem erstrebten Teilstatus zu bemessen.
Domgörgen Dr. von der Weiden Dr. Hartung
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