Urteil des BVerwG vom 22.07.2009

Ruhegehalt, Privatschule, Beurlaubung, Amt

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 20.09
VGH 4 S 141/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Juli 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Ba-
den-Württemberg vom 11. November 2008 wird zurück-
gewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der Kläger stand nach seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit bis 1982
als Sonderschullehrer der Besoldungsgruppe A 13 im Dienst des Beklagten.
Von Juli 1982 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstun-
fähigkeit - am 1. Juli 2000 - war er beurlaubt und im staatlich anerkannten Son-
derschulzentrum für geistig behinderte Kinder des L. e.V. auf der Grundlage
eines privaten Arbeitsvertrages als Sonderschulrektor tätig; dafür erhielt er eine
Vergütung, die der Besoldungsgruppe A 15 entsprach. Mit Bescheid vom
15. Juni 2000 berechnete der Beklagte die Versorgungsbezüge des Klägers
aus der Besoldungsgruppe A 13. Daneben erhält der Kläger von dem L. e.V.
den versorgungsrechtlichen Differenzbetrag zwischen den Besoldungsgruppen
A 13 und A 15, wovon der Beklagte diesem - nach dem Privatschulgesetz -
zwei Drittel der Kosten erstattet.
Den Antrag des Klägers festzustellen, dass die Berechnung der anrechnungs-
freien Hinzuverdienstmöglichkeiten auf der Grundlage der Besoldungsgruppe
A 15 zu erfolgen habe, lehnte der Beklagte ab. Das Verwaltungsgericht hat der
dagegen gerichteten Klage stattgegeben.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil aufgehoben und die Klage im We-
sentlichen mit der Begründung abgewiesen, einzelne Regelungen des Privat-
schulgesetzes würden zwar einen Bezug zum Ruhestand des Klägers und zu
den ihm zustehenden Versorgungsbezügen aufweisen, dies aber eben nur im
jeweils geltenden Zusammenhang und Umfang. Es sei nicht zulässig, gegen
den Wortlaut des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG im Rahmen des öffentlich-
rechtlichen Teils des Versorgungsverhältnisses des Klägers eine entsprechen-
de „Anpassung“ bei der Hinzuverdienstgrenze vorzunehmen. Der Kläger erleide
wegen der Ausgleichsverpflichtung des L. e.V. im Ergebnis auch keinen versor-
gungsrechtlichen Nachteil.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Die hiergegen gerichtete, auf den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen
Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers hat
keinen Erfolg.
Der Kläger hält für klärungsbedürftig,
ob ein Ruhestandsbeamter, welcher zuletzt an einer staatlich anerkann-
ten Privatschule unter Anerkennung des dienstlichen Interesses beur-
laubt und an dieser Schule tätig gewesen ist und dort aufgrund privat-
rechtlicher Vereinbarung Dienst- und Versorgungsbezüge entsprechend
einer höheren Besoldungsgruppe erhalten hat, als jene, welche ihm vor
der Beurlaubung gewährt worden waren, im Rahmen der Berechnung
der Hinzuverdienstmöglichkeit nach § 53 BeamtVG so zu behandeln ist,
als ob er ruhegehaltsfähige Dienstbezüge nach der höheren Besol-
dungsgruppe erhalten würde.
Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich nach dem
Gesetz und der einschlägigen Rechtsprechung beantworten lässt, ohne dass es
hierzu eines Revisionsverfahrens bedarf.
Bezieht ein Versorgungsempfänger Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen im
Sinne des § 53 Abs. 7 BeamtVG, so erhält er seine Versorgungsbezüge nur bis
zum Erreichen einer Höchstgrenze, die § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG in Ver-
bindung mit § 69e Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 bis 5 BeamtVG für am 1. Januar 2002
vorhandene Ruhestandsbeamte, die wegen Dienstunfähigkeit, die nicht auf ei-
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nem Dienstunfall beruht, in den Ruhestand getreten sind, konkretisiert. Danach
beträgt die Höchstgrenze bis zum Ablauf des Monats, in dem das 65. Lebens-
jahr vollendet wird, 71,75 % bzw. 75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge
aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das Ruhegehalt des Be-
amten berechnet. Die Formulierung „Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der
sich das Ruhegehalt berechnet“, ist eindeutig. Das Ruhegehalt des Klägers
wurde gemäß § 5 Abs. 1 BeamtVG auf der Grundlage seiner ruhegehaltfähigen
Dienstbezüge - bestandskräftig - berechnet. Zu den ruhegehaltfähigen Dienst-
bezügen zählt gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG das Grundgehalt, welches sich
gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BBesG nach der Besoldungsgruppe des dem
Beamten verliehenen Amtes bestimmt. Dies war bis zur Beurlaubung des Klä-
gers ein Amt der Besoldungsgruppe A 13.
Der Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes steht einer erweiternden Ausle-
gung des § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG entgegen.
Das Versorgungsrecht ist wie das Besoldungsrecht ein Rechtsgebiet, in wel-
chem dem Wortlaut des Gesetzes wegen der strikten Gesetzesbindung
3 BeamtVG) besondere Bedeutung zukommt. Die Natur des gelten-
den Versorgungsrechts zieht einer erweiternden Auslegung enge Grenzen. Es
regelt grundsätzlich die Höhe der einzelnen Bezüge, ihre Errechnung und Fest-
setzung in einer materiell stark differenzierten und verfeinerten Weise durch
formelle und zwingende Vorschriften vielfach kasuistischen Inhalts. Eine Rege-
lung dieser Art ist nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers einer aus-
dehnenden Auslegung und Ergänzung der ausdrücklichen Regeln durch allge-
meine Grundsätze nicht zugänglich (vgl. Urteil vom 27. März 2008 - BVerwG
2 C 30.06 - BVerwGE 131, 29 <36> = Buchholz 239.1 § 56 BeamtVG Nr. 6).
Dass der Gesetzgeber von Verfassungs wegen durch Art. 7 Abs. 4 GG zwin-
gend gehalten wäre, die vom Kläger behauptete Gleichstellung vorzunehmen,
hat er nicht dargelegt. Im Übrigen hat der Landesgesetzgeber durch die im Be-
rufungsurteil zitierten Vorschriften des Privatschulgesetzes annähernd eine sol-
che tatsächliche - wenn auch nicht beamtenversorgungsrechtliche - Gleichstel-
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lung bewirkt. Auf der Grundlage dieser Vorschriften erhält der Kläger vom Trä-
ger der Privatschule den versorgungsrechtlichen Differenzbetrag.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 47 Abs. 3 in
Verbindung mit Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
Herbert
Thomsen
Dr. Burmeister
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