Urteil des BVerwG vom 25.09.2008

Übertragung, Arzneimittel, Behandlung, Leistungsausschluss

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 16.08
OVG 1 A 3649/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. September 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Burmeister
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung
der Revision im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Januar 2008
wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf die Stufe bis zu 300 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beklagte hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der Ausschluss von
Arzneimitteln zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, insbesondere Levitra
und Viagra, durch § 6 Abs. 1 Satz 2 a BhV i.V.m. der Arzneimittelrichtlinie
F.18.2. beihilferechtlich wirksam sei. Zur Begründung macht sie geltend, die
vom Berufungsgericht kritisierte dynamische Verweisung auf die Arzneimittel-
richtlinien erfasse sämtliche Ausschlusstatbestände der Beihilfevorschriften.
Die aufgeworfene Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht; sie wäre
in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig. In seinem Urteil vom
28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 24.07 - (zur Veröffentlichung bestimmt) hat der Se-
nat zu dieser Frage ausgeführt, die Übertragung der Entscheidungskompetenz
über den Ausschluss bestimmter Arzneimittel von der Beihilfefähigkeit auf den
nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V von den Kassenärztlichen Bundesvereinigun-
gen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Spitzenverband Bund
der Krankenkassen gebildeten Gemeinsamen Bundesausschuss begegne zwar
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verfassungsrechtlichen Bedenken. Im Hinblick darauf, dass die Beihilfevor-
schriften des Bundes aber ohnehin nichtig seien und nur noch bis zum Ende
der laufenden Legislaturperiode angewandt werden dürften, brauche dies indes
nicht entschieden zu werden, denn der Vorschriftengeber habe in Reaktion auf
das Urteil des Senats vom 30. Oktober 2003 - BVerwG 2 C 26.02 - (BVerwGE
119, 168 <170 f.>) mit dem Verweis auf die Arzneimittelrichtlinien in den Beihil-
fevorschriften gerade Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erekti-
len Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz dienen,
durch die Beihilfevorschriften selbst von der Beihilfefähigkeit ausschließen wol-
len. Deshalb sei nach der Entscheidung des Senats vom 17. Juni 2004
- BVerwG 2 C 50.02 - (BVerwGE 121, 103) auch diesen Bedenken im Über-
gangszeitraum nicht weiter nachzugehen.
Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers auch deswegen stattgege-
ben, weil die Ausschlussregelung nicht unter Beachtung jener Anforderungen
zustandegekommen sei, die an die Willensbildung des zur Fürsorge verpflichte-
ten Dienstherrn zu stellen sei; dieser habe sich über die Auswirkung der Leis-
tungseinschränkung auf die Alimentation des Beamten keine Gewissheit ver-
schafft, sondern lediglich das Ziel der „wirkungsgleichen Übertragung“ der den
gesetzlich Krankenversicherten auferlegten Belastungen auf die Beihilfeberech-
tigten verfolgt. Als dritten tragenden Grund hat das Berufungsgericht den Ge-
sichtspunkt angesehen, dass der Leistungsausschluss mit der Fürsorgepflicht
unvereinbar und wegen der pauschalen Gleichstellung mit „Lifestyle-
Präparaten“ unverhältnismäßig sei. Auf diese beiden anderen vom Berufungs-
gericht zu Recht als selbständig tragend bezeichneten Gesichtspunkte geht die
Nichtzulassungsbeschwerde nicht ein. Ist eine Berufungsentscheidung auf
mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, kann die Revision nur dann
zugelassen werden, wenn gegenüber jeder der Begründungen ein durchgrei-
fender Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Beschluss
vom 15. Juni 1990 - BVerwG 1 B 92.90 - Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 20).
Daran fehlt es hier.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und auf § 47
Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Herbert Groepper Dr. Burmeister
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