Urteil des BVerwG vom 22.03.2012

Widerruf, Verwaltungshandeln, Erlass, Rücknahme

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 148.11
VGH 3 B 09.3140
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. März 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hartung
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 21. September 2011 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 33 513,72 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat
keinen Erfolg.
1. Der Kläger stand als Forstamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst des
Beklagten. Mit Ablauf des Monats März 2005 wurde er wegen Dienstunfähigkeit
in den Ruhestand versetzt. Mit Bescheid vom 22. Februar 2001 erkannte der
Beklagte die Erkrankung des Klägers an Borreliose mit nachfolgendem Postbor-
reliose-Syndrom als Berufserkrankung gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG an. Diesen
Bescheid nahm der Beklagte mit Verfügung vom 24. April 2007 mit Wirkung für
die Vergangenheit zurück. Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen diesen
Bescheid abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zurückge-
wiesen.
2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulas-
sen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen in-
haltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten
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Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des
Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben
Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschlüsse vom 21. Juli 1988
- BVerwG 1 B 44.88 - Buchholz 130 § 8 RuStAG Nr. 32 und vom 21. Juni 1995
- BVerwG 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18). Dies ist der
Beschwerde nicht zu entnehmen.
Die Beschwerde legt nicht dar, dass der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung
von einem durch das Bundesverwaltungsgericht in
den von der Beschwerde angeführten Urteilen aufgestellten (abstrakten)
Rechtssatz mit einem widersprechenden Rechtssatz abgerückt ist. Der Verwal-
tungsgerichtshof ist in seinem Urteil von der Anwendbarkeit des Art. 48 des am
1. Januar 1977 in Kraft getretenen Bayerischen Verwaltungsverfahrensgeset-
zes (Gesetz vom 23. Dezember 1976, GVBl S. 544) ausgegangen und hat den
angegriffenen Rücknahmebescheid hieran gemessen. Demgegenüber werden
in den von der Beschwerde herangezogenen Urteilen des Bundesverwaltungs-
gerichts vom 14. Juli 1961 (- BVerwG 7 C 170.60 - BVerwGE 12, 353) und vom
25. März 1964 (- BVerwG 6 C 150.62 - BVerwGE 18, 168) keine für die Rück-
nahme eines begünstigenden Verwaltungsakts maßgeblichen Rechtsvorschrif-
ten genannt. Dies hat seine Ursache darin, dass die Urteile jeweils solche
Sachbereiche betreffen, die nicht bereits vor dem Erlass der Verwaltungsver-
fahrensgesetze des Bundes und der Länder ab dem Jahr 1976 durch ein be-
sonderes Verfahrensgesetz geregelt waren. Fehlten ausdrückliche gesetzliche
Bestimmungen für das Verwaltungshandeln, wurde die Rechtmäßigkeit behörd-
lichen Handelns nach ungeschriebenen, von der Rechtsprechung ohne Allge-
meinverbindlichkeit entwickelten, allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungs-
und Verfahrensrechts beurteilt (Beschluss vom 24. September 1953 - BVerwG
1 C 51.53 - BVerwGE 1, 12 <13>, Urteile vom 21. Januar 1955 - BVerwG 2 C
177.54 - BVerwGE 2, 22 <23> und vom 28. Juni 1957 - BVerwG 4 C 235.56 -
BVerwGE 6, 1 zum Widerruf ursprünglich rechtswidriger Verwaltungsakte). Die
Berufung auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts zu diesen allge-
meinen Grundsätzen genügt den Anforderungen an die Darlegung einer Diver-
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genz nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht, wenn das Urteil des Berufungsge-
richts in Anwendung einer gesetzlichen Regelung ergangen ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung
des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 bis 3 GKG.
Herbert Thomsen Dr. Hartung
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