Urteil des BVerwG vom 23.03.2007

Rechtliches Gehör, Rüge, Versetzung, Dienstort

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 14.07
OVG 4 B 14.05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kugele und Groepper
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-
Brandenburg vom 8. November 2006 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 021,88 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf Verfahrensmängel und auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen
Bedeutung (Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) ge-
stützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe ver-
schiedene, im Tatbestand erwähnte Umstände in den Entscheidungsgründen
nicht oder nicht angemessen gewürdigt, nämlich die Tatsache, dass der Kläger
vor seiner Versetzung zunächst im Wege der Abordnung am Landgericht C.
tätig war, im Zeitpunkt des Hauserwerbs noch nicht von seiner Ehefrau getrennt
lebte und sich 1999 mitten im Trennungsjahr befand.
Mit diesen Angriffen rügt der Kläger keinen Verfahrensfehler, sondern eine un-
richtige Anwendung des materiellen Rechts. Der Kläger bestreitet selbst nicht,
dass das Berufungsgericht diese Umstände zur Kenntnis genommen hat. Es
hat allerdings aus diesen Umständen nicht die Rechtsfolgen gezogen, die der
Kläger als „trennungsgeldrechtlich korrekt“ für geboten hält. Dasselbe gilt für die
weiteren Ausführungen, mit denen der Kläger die Rechtsanwendung des Beru-
fungsgerichts im Hinblick auf die Verfügbarkeit des Wohnungseigentums, die
Abwägung zum Problem der Nutzung eigenen Wohnraums anstatt der Miete
fremden Wohnraums und die durch die Trennung der Ehe hervorgerufenen
wirtschaftlichen und vermögensrechtlichen Probleme als unzutreffend angreift.
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Anhaltspunkte dafür, das Berufungsgericht sei „von einem teils falschen, teils
unvollständigen Sachverhalt ausgegangen“, sind der Beschwerde nicht zu ent-
nehmen. Sie ergeben sich auch nicht aus der angegriffenen Entscheidung.
Entsprechendes gilt von der Rüge, das Berufungsgericht habe wesentliche Be-
kundungen des Klägers nicht berücksichtigt und damit gegen den Überzeu-
gungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen. Mit dem Satz, der
Kläger habe den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt, die in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien, hat das Berufungsge-
richt dem Kläger keine Erklärung unterstellt, die er nicht abgegeben hat, son-
dern seine Erklärungen unter den insoweit wörtlich wiedergegebenen Tatbe-
stand des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfGBbg subsumiert. Mit seinen Ausfüh-
rungen legt der Kläger keinen Verfahrensfehler dar, sondern rügt in der Art ei-
ner Revision die Anwendung des materiellen Rechts durch das Berufungsge-
richt.
Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das Berufungsgericht habe den Anspruch
des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es als Indiz für die Kenntnis
des Klägers von der Bedeutung des Hauserwerbs den Umstand gewertet habe,
dass der Kläger die Empfängerangabe auf Kontoauszugskopien abgedeckt hat.
Bereits das Verwaltungsgericht hatte im Tatbestand seiner Entscheidung (UA
S. 14) den Vortrag des Beklagten referiert, der Kläger habe „als Nachweis der
Mietzahlungen ab November 1998 Belege über Dauerauftragslastschriften ...
vorgelegt, ohne dass diesen Belegen habe entnommen werden können, an wen
und aufgrund welcher rechtlichen Verpflichtung eine Zahlung erfolgt sei“. Die
Ausführungen des Berufungsgerichts enthalten demgegenüber nichts Neues,
sondern illustrieren lediglich anschaulich die dabei verwendete Technik. Der
Kläger hatte demgemäß Gelegenheit und Anlass, bereits gegenüber dem Beru-
fungsgericht klarzustellen, wieso er die Angabe des Zahlungsempfängers un-
terlassen habe. Im Übrigen hat das Berufungsgericht den genannten Umstand
nicht herangezogen, um dem Kläger ein strafbares Verhalten vorzuwerfen oder
nachzuweisen, sondern allein als weiteres Indiz für die schon aus anderen An-
gaben abgeleitete Annahme, dass dem Kläger die mögliche Bedeutung des
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Erwerbs von Wohneigentum am neuen Dienstort für seinen Trennungsgeldan-
spruch bewusst gewesen sei.
2. Der Sache kommt auch nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grund-
sätzliche Bedeutung zu. Der Kläger rügt in diesem Zusammenhang, das Beru-
fungsgericht habe sich auf die Prüfung beschränkt, ob der Kläger sein Eigentum
beziehen konnte, jedoch die Prüfung der Alternative unterlassen, ob er sein
Haus bei zumutbarer Disposition hätte beziehen können. Mit dieser Rüge wird
nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass der Begriff der „Verfügbarkeit“ einer
grundsätzlichen Klärung bedarf. Wird ein juristischer Begriff durch mehrere
Sachverhaltsalternativen erfüllt, so stellt es kein grundsätzlich klärungsbe-
dürftiges Problem dar, wenn sich das Berufungsgericht für eine der möglichen
Alternativen entscheidet und deren Voraussetzungen aus tatsächlichen Grün-
den als erfüllt ansieht. Ebensowenig ist grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der
Trennungsgeldempfänger verpflichtet ist, der das Trennungsgeld bewilligenden
Stelle das Vorhandensein eigenen Wohnraums am neuen Dienstort anzuzei-
gen, das nicht aus Anlass der Versetzung erworben wurde. Das Berufungsge-
richt hat diese Verpflichtung im Einzelfalle des Klägers aus dessen allgemeiner
Pflicht hergeleitet, der zuständigen Stelle alle Umstände mitzuteilen, die für die
Gewährung von Trennungsgeld bedeutsam sein könnten. Dass diese in der
Treuepflicht des Beamten und Richters wurzelnde Pflicht ihrerseits einer grund-
sätzlichen Klärung bedürfte, legt die Beschwerde nicht dar.
3. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 52 Abs. 3
GKG.
Albers Dr. Kugele Groepper
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