Urteil des BVerwG vom 03.05.2002

Obergericht, Hinweispflicht, Verschulden, Beteiligter

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BESCHLUSS
BVerwG 2 B 14.02
VGH 1 UE 1656/96
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Mai 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht D a w i n,
G r o e p p e r und Dr. B a y e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
1. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
- 2 -
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 24 840 € festge-
setzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Die von dem Kläger geltend ge-
machten Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO
und des § 127 Nr. 1 BRRG liegen nicht vor.
Eine Verletzung des gemäß Art. 103 Abs. 1 GG bereits von Ver-
fassungs wegen zu beachtenden Gebots der Gewährung rechtlichen
Gehörs liegt dann vor, wenn ein am Rechtsstreit Beteiligter
nicht die Möglichkeit hatte, sich umfassend zu äußern, wenn
das Gericht die Darlegungen eines Beteiligten nicht zur Kennt-
nis genommen hat oder wenn es bei seiner Entscheidung ein Par-
teivorbringen ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl.
u.a. BVerfGE 27, 248 <251>; BVerfGE 51, 188 <191>). Allerdings
ist das Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet, Schlussfol-
gerungen hinsichtlich des der Entscheidung zu Grunde zu legen-
den Sachverhalts mit den Beteiligten zu erörtern, aus dem der
geltend gemachte Anspruch möglicherweise hergeleitet werden
kann. Ebenso wenig ist es gehalten, den Beteiligten seinen
Rechtsstandpunkt und das voraussichtliche Ergebnis des Streit-
verfahrens vorab mitzuteilen. Allerdings darf das Gericht kei-
nen bislang nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen
Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung machen, um ein
den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzendes Überra-
schungsurteil zu vermeiden (vgl. z.B. Urteil vom 11. November
1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <267>).
Hinsichtlich der das angegriffene Urteil tragenden Feststel-
lung, der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe je-
denfalls deshalb nicht, weil das erforderliche Verschulden ei-
nes Amtswalters nicht festgestellt werden könne, bestand keine
besondere Hinweispflicht des Berufungsgerichts. Denn diesen
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Gesichtspunkt hatte bereits der mit der Berufung angefochtene
Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts - wenn auch als wei-
tere Hilfsbegründung (vgl. S. 13 f. des Abdrucks) - aufgegrif-
fen. Danach war dem Kläger bekannt, dass unter diesem rechtli-
chen Gesichtspunkt ebenfalls Zweifel bestanden, ob die von ihm
geltend gemachte Forderung berechtigt war. Im Berufungsverfah-
ren hatte er ausreichend Gelegenheit, hierzu umfassend vorzu-
tragen, ohne dass das Berufungsgericht hierauf ausdrücklich
hinweisen musste.
Die von der Beschwerde aufgestellte Behauptung einer Abwei-
chung des angefochtenen Urteils von der Entscheidung des Ober-
verwaltungsgerichts Schleswig vom 5. Juli 1989 - 11 B 14/89 -
genügt schon nicht den Darlegungserfordernissen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist einem - zu be-
zeichnenden - Rechtssatz der Entscheidung, von dem das ange-
griffene Urteil angeblich abweicht, der Rechtssatz aus der an-
gegriffenen Entscheidung gegenüberzustellen, woraus sich die
Abweichung ergeben soll. Diesen Anforderungen wird die Be-
schwerde nicht gerecht, weil sie keinen die Divergenz begrün-
denden Rechtssatz des angegriffenen Urteils bezeichnet. Im Üb-
rigen ist dem angegriffenen Urteil, das tragend auf einen von
dem Vortrag der Beschwerde abweichenden rechtlichen Gesichts-
punkt abstellt, ein abweichender abstrakter Rechtssatz nicht
zu entnehmen. Dass ein Berufungsgericht einen ähnlich gelager-
ten Sachverhalt möglicherweise anders würdigt als ein anderes
Obergericht, begründet für sich allein keine Abweichung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Fest-
setzung des Streitwerts auf der entsprechenden Anwendung des
§ 13 Abs. 4 Satz 2 GKG.
Dawin Groepper Dr. Bayer