Urteil des BVerwG vom 27.05.2008

Verbot der Diskriminierung, Bruchteil, Nbg, Arbeitsbedingungen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 132.07
OVG 5 LC 43/07
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Mai 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kugele und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Ober-
verwaltungsgerichts vom 18. September 2007 wird zu-
rückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 580 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen Abweichung der Berufungsentscheidung von Urtei-
len des Europäischen Gerichtshofs gestützte Beschwerde ist unbegründet.
Eine Abweichung des Berufungsgerichts von Entscheidungen des Europäi-
schen Gerichtshofs, die nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO mit der Diver-
genzrüge geltend zu machen ist, kann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufwerfen (stRspr, vgl. u.a. Be-
schlüsse vom 9. November 1979 - BVerwG 4 N 1.78, 4 N 2 bis 4.79 - BVerwGE
59, 87 <93> m.w.N. und vom 22. Juni 1984 - BVerwG 8 B 121.83 - Buchholz
310 § 132 VwGO Nr. 225). Ob dies hier der Fall ist, braucht nicht entschieden
zu werden. Die als vermeintlich rechtsgrundsätzlich geltend gemachte Rechts-
frage bedarf keiner (weiteren) Klärung in einem Revisionsverfahren.
Die Klägerin sieht sinngemäß die Frage als rechtsgrundsätzlich klärungsbedürf-
tig an, ob dem gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbot entsprochen
werde, wenn Erlassregelungen einen angemessenen Ausgleich ermöglichen,
es hingegen nicht erforderlich sei, diesen auch tatsächlich zu gewähren.
Die teilzeitbeschäftigte Klägerin begehrt von der Beklagten Dienstbefreiung für
die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt. Das Berufungsgericht hat die
Klage - soweit hier von Interesse - mit der Begründung abgewiesen, dass we-
der der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch das Gebot des
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gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit
gemäß Art. 141 EG i.V.m. der Richtlinie 75/117/EWG vom 10. Februar 1975
(ABl Nr. L 045 S. 19) noch das Gebot der Gleichbehandlung von Männern und
Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und
zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen gemäß
der Richtlinie 76/207/EWG vom 14. Februar 1976 (ABl Nr. L 39 S. 40) noch das
Verbot der Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter gemäß der Richtlinie 97/81 EG
des Rates vom 15. Dezember 1997 (ABl 1998 L 14/9) eine andere
Entscheidung geböten. Denn die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 2 NBG
hinsichtlich eines Anspruchs auf Dienstbefreiung beträfen teil- und voll-
zeitbeschäftigte Lehrkräfte gleichermaßen. Ferner könne eine gleichheitswidrige
Benachteiligung durch entsprechende zeitliche Entlastungen ausgeglichen
werden.
Daraus kann entgegen der Auffassung der Beschwerde nicht hergeleitet wer-
den, es sei nicht erforderlich, den Ausgleich tatsächlich zu gewähren. Diese
Schlussfolgerung verbietet sich schon deshalb, weil das Berufungsgericht unter
Bezugnahme auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. insbe-
sondere das Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 61.03 u.a. -
BVerwGE 122, 65) lediglich darauf abgestellt hat, es komme für die Feststel-
lung, dass keine Diskriminierung vorliege, nicht darauf an, ob die betroffene
Lehrkraft von einer der nach Landesrecht vorgesehenen Ausgleichsmaßnah-
men tatsächlich Gebrauch gemacht habe. Ebenso wenig komme es darauf an,
so das Berufungsgericht wiederum unter Bezugnahme auf die zitierte Entschei-
dung des beschließenden Senats, ob sich für eine mit einem Bruchteil der vol-
len Wochenstunden beschäftigte Lehrkraft ein mathematisch exakter Ausgleich
herstellen lasse, wenn sie nur an jeder zweiten (oder dritten oder vierten usw.)
Klassenreise teilzunehmen habe; es genüge vielmehr, dass es möglich sei,
jedenfalls einen annähernden Ausgleich zu schaffen. Bei diesen unmissver-
ständlich formulierten Rechtssätzen drängt sich ohne Weiteres auf, dass der
beschließende Senat und mit ihm das Berufungsgericht nicht zum Ausdruck ge-
bracht haben, es komme nicht darauf an, ob der Dienstherr vorgesehene
Ausgleichsmaßnahmen unbeachtet lassen dürfe und die von der Klägerin be-
fürchtete Sanktionslosigkeit bestünde. Festgestellt wurde vielmehr, dass die
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Möglichkeit der Lehrkraft, Ausgleichsmaßnahmen zu beanspruchen, eine Un-
gleichbehandlung oder Diskriminierung ausschließe.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG.
Albers Prof. Dr. Kugele Thomsen
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