Urteil des BVerwG vom 20.07.2006

Zusage, Rechtliches Gehör, Dienstort, Wohnung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 13.06
OVG 1 A 4733/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin und Dr. Bayer
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember
2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 45 076 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Keiner der geltend gemachten Zulassungs-
gründe führt zur Zulassung der Revision.
Die Frage,
ob und unter welchen Voraussetzungen der öffentliche
Dienstherr einem Beamten mit „Kettenabordnung“ zu-
nächst die „eingeschränkte Umzugskostenvergütungszu-
sage“ erteilen darf und später die „uneingeschränkte“, und
welche Folgen dies für seine auslandsdienstbezogenen
Ansprüche hat,
ist nicht rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig und mangels hinreichender Kon-
kretisierung auch nicht klärungsfähig.
Wann die so genannte eingeschränkte Umzugskostenvergütungszusage erteilt
werden darf, regeln §§ 3 und 14 des Gesetzes über die Umzugskostenvergü-
tung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundes-
umzugskostengesetz - BUKG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. Dezember
1990 (BGBl I S. 2682) i.V.m. § 17 der Verordnung über die Umzugskostenver-
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gütung bei Auslandsumzügen (Auslandsumzugskostenverordnung - AUV). Da-
nach wird die Umzugskostenvergütung in den Fällen, in denen von vornherein
feststeht, dass der Beamte nur für einen zwei Jahre nicht erreichenden Zeit-
raum im Ausland tätig sein wird, nur im Umfang eines Teils der sonst vom
Dienstherrn getragenen Umzugsauslagen zugesagt und gezahlt. Besteht die
Voraussetzung der Auslandsverwendung von weniger als zwei Jahren nicht
mehr, muss der Dienstherr die uneingeschränkte Umzugskostenvergütung nach
§ 3 BUKG, § 1 ff. AUV unter Außerachtlassung des § 17 AUV zusagen. Welche
dieser tatbestandlichen Voraussetzungen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf
mit über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
haben soll, legt die Beschwerde nicht dar. Vielmehr setzt sie sich in der Form
einer Revisionsbegründung mit den Ausführungen des Berufungsurteils
auseinander und vernachlässigt die Voraussetzungen, die die Zulassung einer
Revision rechtfertigen.
Dies gilt ebenfalls für die Ausführungen der Beschwerde, dass die Klägerin mit
der uneingeschränkten Zusage der Umzugskostenvergütung nicht habe rech-
nen müssen. Auch insoweit wird an die Umstände des Einzelfalls angeknüpft,
ohne dass eine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage herausgearbeitet wird.
Die Frage,
ob eine Umzugskostenzusage auch dann ausschließlich
begünstigend ist, wenn sie auch ohne Vorliegen dienstli-
cher Gründe einen Teil des Hausrats von der Erstattung
ausnimmt,
ist anhand des Wortlauts des § 6 BUKG, § 14 AUV und ohne dass es dafür der
Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, ohne weiteres zu bejahen.
Dem begünstigenden Charakter der uneingeschränkten Umzugskostenvergü-
tungszusage steht nicht entgegen, dass die Zusage nach § 6 BUKG nur die
Auslagen für das Befördern des Umzugsguts von der Wohnung am alten
Dienstort zur Wohnung am neuen Dienstort erfasst, nicht aber die Auslagen für
die Beförderung von Umzugsgut, das sich bereits am neuen Dienstort befindet.
Entstehen neben den Kosten für den Transport des Umzugsguts vom bisheri-
gen an den neuen Dienstort auch dadurch Kosten, dass Teile des Hausrats, die
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der Beamte in einer vorübergehenden Unterkunft am neuen Dienstort benutzt
hat, von dort in die neue Wohnung transportiert werden müssen, behandelt die
Auslandsumzugskostenvergütungsverordnung diese Kosten nicht als Teil der
Kosten, die durch den Umzug vom bisherigen an den neuen Dienstort entstan-
den sind, sondern als Kosten eines zweiten Umzugs am neuen Dienstort. Diese
Kosten werden allerdings nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 14
AUV erstattet. Die begünstigende Wirkung steht nicht deshalb in Frage, weil
weitere Vergünstigungen nicht eingeschlossen sind.
Weil die umzugskostenrechtliche Anspruchsposition eines ins Ausland versetz-
ten Beamten nach Erteilung der uneingeschränkten Zusage, die sich als ab-
schließende Regelung dieser Rechtsposition versteht, festgelegt wird, ist die
von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
welche Leistungen die „Kettenabgeordnete Beamtin“ noch
aus der ursprünglich erteilten eingeschränkten Umzugs-
kostenvergütungszusage geltend machen kann,
wiederum ohne dass dazu ein Revisionsverfahren durchgeführt werden muss,
dahin zu beantworten, dass der Beamtin nur Ansprüche aus der uneinge-
schränkten Zusage zustehen. Darüber hinaus ist die so formulierte Rechtsfrage
wegen ihres individuellen Bezugs nicht verallgemeinerungsfähig und ohne die-
sen Bezug - wenn er weggedacht wird - ansonsten nicht hinreichend konkreti-
siert.
Weiterhin nicht klärungsbedürftig ist die Frage,
ob der Beamte vor Erteilung der ausschließlich begünsti-
genden Umzugskostenvergütungszusage anzuhören ist,
wenn sie mit einer Personalmaßnahme verbunden wird.
Die Frage beantwortet sich anhand des Wortlauts des § 28 VwVfG. Nach dieser
Vorschrift ist vor dem Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines
Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Ent-
scheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Soweit die Beschwerde die Frage
nach einer Pflicht zur Anhörung für den Fall stellt, dass die uneingeschränkte
Umzugskostenvergütungszusage mit einer Personalmaßnahme verbunden
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wird, gilt dieselbe Antwort. Soweit gemäß der von der Beschwerde wiedergege-
benen Ziffer 3.0.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesumzugs-
kostengesetz (GMBl 1991 S. 65) eine Pflicht zur Anhörung vor dienstlichen
Maßnahmen besteht, also vor Versetzungen, Abordnungen usw. des Beamten,
die mit einer Zusage der Umzugskostenvergütung verbunden werden sollen,
berührt dies nicht die Rechtmäßigkeit der Zusage einer Umzugskostenvergü-
tung als begünstigenden Verwaltungsakt (vgl. Urteil vom 9. Januar 1989
- BVerwG 6 C 47.86 - BVerwGE 81, 149 <151>).
Die nach Ansicht der Beschwerde auf ein Kriterium für eine Ermessensent-
scheidung des Dienstherrn zielende Frage,
welche familiären Belange bei der Entscheidung über die
Umzugskostenvergütung zu berücksichtigen sind,
beantwortet sich anhand des Gesetzeswortlauts des § 3 BUKG und der bishe-
rigen Rechtsprechung dahin, dass diese Belange bei der nicht im Ermessen
des Dienstherrn stehenden Zusage nicht zu berücksichtigen sind, dass sie aber
für die nach Ermessen zu treffende Personalmaßnahme, die der Zusage der
Umzugskostenvergütung zugrunde liegt, bedeutsam sein können. Im Übrigen
ist auch diese Frage in der Rechtsprechung geklärt (Urteil vom 9. Januar 1989
a.a.O.).
Die Frage,
ob der Umzug von einer vorübergehenden Unterkunft im
Hotel in eine endgültige Wohnung gemäß § 14 Abs. 1
AUV vor dem Bezug der vorübergehenden Wohnung an-
erkannt sein muss,
würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Ober-
verwaltungsgericht hat - für den Senat bindend (§ 137 Abs. 2 VwGO) - festge-
stellt, dass das Appartement in F. keine „vorübergehende Hotelunterkunft“ ge-
wesen ist.
Das sonstige Vorbringen der Beschwerde, insbesondere in den Abschnit-
ten 1. a), bb), ee), ff) und gg), stellt eine Kritik an der zweitinstanzlichen Ent-
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scheidung nach Art einer Revisionsbegründung dar. Zulassungsgründe im Sin-
ne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO werden darin nicht dargelegt.
Die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 (Divergenz) und Nr. 3 (Verlet-
zung des Verfahrensrechts) VwGO sind nicht in einer den gesetzlichen Anfor-
derungen genügenden Weise bezeichnet oder liegen nicht vor.
Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung der geltend gemachten Divergenz hätte
die Beschwerde einen in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts enthalte-
nen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz anführen und ihm einen ebenfalls
tragenden, angeblich abweichenden Rechtssatz aus dem Berufungsurteil ge-
genüber stellen müssen. Daran fehlt es.
Die gerügte Gehörsverletzung, die dadurch begangen sein soll, dass das Ober-
verwaltungsgericht die Ausführungen der Klägerin zu Vertrauensschutz und
Gleichbehandlung nicht zur Kenntnis genommen und sich nicht inhaltlich mit
ihnen befasst hat, liegt - ungeachtet der Zweifel, ob den Darlegungsanforde-
rungen genügt ist - jedenfalls nicht vor. Das Berufungsgericht hat sich ausführ-
lich mit den Rechtsfragen befasst, inwiefern die Klägerin aus der eingeschränk-
ten Umzugskostenvergütungszusage nach Ergehen der uneingeschränkten
Zusage noch Ansprüche herleiten kann und welche Bedeutung es für die Rech-
te der Klägerin hat, dass möglicherweise andere Bedienstete weitergehende
Leistungen erhalten haben.
Durch den Satz „Rechtliches Gehör wird der Klägerin auch verweigert, soweit
das Gericht unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 86 VwGO) den
Sachverhalt nicht aufklärt; dies gilt namentlich für die Behauptung der Klägerin,
die Einhaltung fiktiver Mietobergrenzen und Fristen sei nur von ihr und der ein-
zigen weiteren Frau verlangt worden“, wird eine Gehörsverletzung nicht schlüs-
sig dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 bis 3 GKG (abgerundete Summe aus
- teilweise wiederum ab- oder aufgerundet - dem Regelstreitwert
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für den Hauptantrag zu 1, zuzüglich 76 € für den Hauptantrag zu 2, zuzüglich
24 500 € für den Hauptantrag zu 3, zuzüglich 10 500 € für den Hilfsantrag zu 1
und zuzüglich dem Regelstreitwert für den Hilfsantrag zu 2).
Albers Prof. Dawin Dr. Bayer