Urteil des BVerwG vom 25.03.2010

Entlassung, Ernennung, Rücknahme, Verwertungsverbot

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 115.09
OVG 2 A 359/08
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Groepper und Dr. Burmeister
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 22. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 36 483 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Vor dem Hintergrund seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf
Probe wegen arglistiger Täuschung rügt der Kläger, die angegriffene Entschei-
dung weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juli 2000
- BVerwG 2 C 26.99 - (Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 10) ab.
Eine Abweichung gemist nur gegeben, wenn das
Berufungsgericht in einer die Entscheidung tragenden Rechtsfrage einen ab-s-
trakten Rechtssatz aufstellt, dem das angegriffene Urteil mit einem ebenfalls
abstrakten Rechtssatz widerspricht.
Die Beschwerde trägt insoweit vor, das Bundesverwaltungsgericht habe in Fäl-
len der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis wegen einer früheren Tätigkeit
für den Staatssicherheitsdienst der DDR den Rechtssatz aufgestellt, das Ge-
richt habe im Wege einer Einzelfallprüfung zu prüfen, ob eine Weiterbeschäfti-
gung des Beamten zumutbar sei. Demgegenüber habe das Berufungsgericht
sich mit der Entlassung des Klägers weder als Einzelfall befasst noch der Frage
der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung Bedeutung beigemessen.
Mit diesen Ausführungen wird eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO nicht dargelegt. Abgesehen davon, dass sich die Rechtsprüfung beider
Gerichte auf unterschiedliche Normen bezog, stellt die bloß unrichtige oder
gänzlich unterbliebene Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht auf-
gestellten Rechtssatzes keine Divergenz dar (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom
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18. September 2006 - BVerwG 10 B 55.06 - Buchholz 401.84 Benutzungsge-
bühren Nr. 102). Auch mit ihren ergänzenden Ausführungen greift die Be-
schwerde lediglich die tatsächliche Würdigung der festgestellten Tatsachen
durch das Berufungsgericht an. Damit lässt sich eine Divergenzrüge nicht be-
gründen.
2. Der Sache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,
ob die zum 29. Dezember 2006 geänderten Vorschriften
der §§ 20 und 21 StUG dahingehend zu interpretieren
sind, dass bei dem von der Neuregelung nicht mehr er-
fassten Personenkreis zukünftig nur eine Überprüfung
nicht mehr erfolgen dürfe oder ob bei ihm ferner auch vor
der Gesetzesänderung erlangte Kenntnisse über Kontakte
zu dem MfS in laufenden Überprüfungs-, einschließlich
gerichtlichen Verfahren nicht mehr verwertet werden dürf-
ten,
weil höchst zweifelhaft sei, ob der vom Berufungsgericht herangezogene Leit-
satz des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 31. Januar 1980
(BVerwG 2 C 50.78 - BVerwGE 59, 366 = Buchholz 237.0 § 14 BaWüLBG
Nr. 1) überhaupt auf Fallkonstellationen dieser Art anwendbar sei. Dieser Vor-
trag wird nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
gerecht.
a) Er lässt zum einen nicht erkennen, aus welchen Gründen der vom Bundes-
verwaltungsgericht im Urteil vom 31. Januar 1980 vertretene Rechtssatz, dass
für die Rücknahme einer Ernennung wegen arglistiger Täuschung die Umstän-
de maßgeblich bleiben, die zum Zeitpunkt der Ernennung vorlagen, nicht An-
wendung finden soll, obwohl der seinerzeit in den Blick genommene § 49 Abs. 1
BZRG a.F. (§ 51 Abs. 1 BZRG) wie § 21 Abs 3 StUG nahezu wortgleich anord-
nete, bei einer Tilgung im Register dürfe die Tat und die Verurteilung dem
Betroffenen im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu seinem
Nachteil verwertet werden. Die Beschwerde legt dies nicht dar, sondern hält die
Übertragung des dortigen Rechtsgedankens auf Fälle der vorliegenden Art nur
für „höchst zweifelhaft“ und behauptet lediglich, die Neuregelung der §§ 20, 21
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StUG lege ein absolutes Verwertungsverbot nahe. Das genügt den Anforde-
rungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht.
b) Zum anderen legt die Revision nicht dar, dass die von ihr aufgeworfene Fra-
ge in einem Revisionsverfahren auch tatsächlich entscheidungserheblich wäre.
Der Kläger übersieht, dass nicht seine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst
als solche Anlass der Rücknahme seiner Ernennung war, sondern seine Erklä-
rung, eine solche Tätigkeit habe es nicht gegeben. Diese nach den Feststellun-
gen des Berufungsgerichts wahrheitswidrige Erklärung hatte er bereits 1990
anlässlich seiner Übernahme in den Polizeidienst des beklagten Landes abge-
geben. Vor diesem Hintergrund käme es in einem Revisionsverfahren auf die
als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage nicht an, ob die Neufas-
sung des Stasi-Unterlagengesetzes ein Überprüfungs- oder ein Verwertungs-
verbot aufstellt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 47 Abs. 3 GKG
in Verbindung mit § 52 Abs. 5 Nr. 1 GKG.
Herbert
Groepper
Dr. Burmeister
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