Urteil des BVerwG vom 17.03.2005

Ernennung, Urkunde, Lehrer, Rechtssicherheit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 100.04
OVG 2 A 297/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. März 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e
und Dr. H e i t z
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien
Hansestadt Bremen vom 18. August 2004 wird zurückgewie-
sen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde
ist unbegründet.
Im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn zu
erwarten ist, dass die Entscheidung im künftigen Revisionsverfahren dazu dienen
kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des
Rechts zu fördern. Das setzt voraus, dass die Rechtssache eine höchstrichterlich
bisher noch nicht geklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft
(stRspr; vgl. bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 -
BVerwGE 13, 90 f.).
Der Kläger möchte revisionsgerichtlich geklärt wissen, ob es richtig ist,
"dass - wenn sich bei einem Beamten die Amtsbezeichnung des wahrgenom-
menen Amtes ändert, ohne dass ihm ein anderes Amt übertragen wird - es kei-
ner neuen korrigierten Ausfertigung der Ernennungsurkunde oder einer neuen
Urkunde bedarf, und zwar
- weder unter dem Grundsatz der Rechtswahrheit und Rechtsklarheit eines
Beamtenverhältnisses
- noch unter dem urkundenrechtlichen Grundsatz, wonach öffentliche Urkunden
inhaltlich der Wahrheit entsprechen müssen
- noch unter dem Grundsatz der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Beamten-
verhältnis."
Diese Frage lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der
Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
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Nach § 7 Abs. 1 des Bremischen Beamtengesetzes (BremBG) bedarf es für die dort
im Einzelnen aufgeführten dienstrechtlichen Vorgänge einer Ernennung. Dazu gehö-
ren die Begründung des Beamtenverhältnisses, seine Umwandlung, die erste Verlei-
hung eines Amtes, die Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Endgrundge-
halt und anderer Amtsbezeichnung oder die Verleihung eines anderen Amtes beim
Laufbahnwechsel. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung erfolgt die Ernennung durch
Aushändigung einer Urkunde, deren Form und Inhalt von der Vorschrift bestimmt
sind. Entspricht die Ernennungsurkunde nicht der vorgeschriebenen Form, so liegt
keine Ernennung vor (§ 7 Abs. 2 Satz 3 BremBG).
Diese strenge Formbindung nach dem Urkundenprinzip, die von § 5 BRRG vorgege-
ben ist, dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Hinblick auf die besonders
starke Rechtsbeständigkeit des beamtenrechtlichen Status (vgl. Urteil vom 26. Okto-
ber 1967 - BVerwG 2 C 22.65 - BVerwGE 28, 155 <158>). Sie beschränkt sich je-
doch auf die in der Vorschrift abschließend aufgeführten Ernennungstatbestände,
was sich nicht nur dem Wortlaut unschwer entnehmen lässt, sondern sich auch dar-
aus ergibt, dass eine derart strenge Formbindung angesichts der sonst in der
Rechtsordnung prinzipiell geltenden Formfreiheit nur für besondere Vorgänge gebo-
ten ist.
Die Änderung der dem Kläger mit seiner Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit
verliehenen Amtsbezeichnung durch die mit Schreiben vom 31. Januar 1983 erteilte
Befugnis zur Führung der Amtsbezeichnung "Studienrat" stellt keinen urkunden-
pflichtigen Vorgang im Sinne des § 7 Abs. 1 BremBG dar. Sie ist in der Vorschrift
nicht aufgeführt und stellt auch in der Sache keinen dort bezeichneten ernennungs-
pflichtigen Vorgang dar. Das dem Kläger am 6. Februar 1981 verliehene Amt, das als
"Lehrer für das Lehramt an öffentlichen Schulen" bezeichnet war, hat sich weder in
der Besoldungsgruppe noch in der Laufbahnzuordnung verändert. Da kein ernen-
nungspflichtiger Tatbestand im Sinne der §§ 5 BRRG, 7 BremBG vorliegt, ist die Be-
klagte an einer Ernennung sogar gehindert.
Die Verleihung der Befugnis, die Amtsbezeichnung "Studienrat" zu führen, erfolgte in
schriftlicher Form, deren Zugang in der Personalakte des Klägers, Bl. 134, durch
dessen eigenhändige Unterschrift bestätigt ist. Die Form dieser dienstlichen Anord-
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nung wird dem Anspruch des Klägers auf Rechtssicherheit und Rechtsklarheit ge-
recht.
Auch die weitere Frage der Beschwerde,
ob etwas anderes gelte, wenn die mit der Ernennungsurkunde verliehene
Amtsbezeichnung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt
worden ist,
führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Die Rechtsfolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Dezem-
ber 1982 - 2 BvR 1261/79 - BVerfGE 62, 374 besteht nicht darin, dass eine Ernen-
nungsurkunde, die bei Lehrern mit der Befähigung für die Sekundarstufe II die mit
Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbare Amtsbezeichnung "Lehrer für das Lehramt an öffent-
lichen Schulen" enthält, nur durch eine erneute Ernennung richtig gestellt werden
kann. Dass dem nicht so ist, ergibt sich - wie dargestellt - bereits unmittelbar aus
dem abschließenden Katalog von Ernennungstatbeständen in § 5 Abs. 1 BRRG und
§ 7 Abs. 1 BremBG. Es ist daher - auch mit Blick auf den Grundsatz der Rechtsklar-
heit des Beamtenverhältnisses - ausreichend, dass eine mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht
vereinbare Amtsbezeichnung in der von der Rechtsordnung vorgesehenen Form
durch eine andere Amtsbezeichnung ersetzt wird. Dies ist vorliegend durch die Ver-
fügung des Dienstherrn vom 31. Januar 1983 geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert ergibt sich
aus § 52 Abs. 2, § 71 Abs. 1 Satz 2, § 72 Nr. 1 GKG.
Prof. Dawin
Dr. Kugele
Dr. Heitz