Urteil des BVerwG vom 02.03.2004

Freie Arztwahl, Geschwister, Aufwendung, Verwandter

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 1.04
OVG 1 R 16/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. K u g e l e und G r o e p p e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saar-
landes vom 30. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 500,55 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
Die als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob § 4 Abs. 8 der Beihilfeverordnung
des Saarlandes gegen das Recht auf freie Arztwahl als Ausprägung der allgemeinen
Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG und im Übrigen auch gegen die allgemei-
ne Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, gegen den Gleichheitsgrundsatz ge-
mäß Art. 3 GG und gegen Art. 33 Abs. 5 GG verstößt, bedarf auf der Grundlage der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsge-
richts keiner weiteren Klärung.
Nach der angegriffenen Vorschrift sind nicht beihilfefähig Aufwendungen für die per-
sönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei einer Heilmaßnahme; nahe Angehö-
rige sind u .a. auch Geschwister des Behandelten.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Ausschluss der Beihilfefähig-
keit von Aufwendungen für die persönliche Tätigkeit eines nahen Angehörigen bei der
Heilbehandlung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. Beschlüsse vom 2. Juli
1990 - BVerwG 2 B 12.90 - Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 4 m.w.N. und vom
20. Dezember 1990 - BVerwG 2 B 129.90 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 10). Das
Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung mit dem im Berufungsurteil
ausführlich zitierten Beschluss vom 16. September 1992 - 2 BvR 1161/89 u.a. -
(DVBl 1992, 1590 = DÖD 1993, 233 = NVwZ 1993, 560) bestätigt.
Vor diesem Hintergrund kann auch die weitere als klärungsbedürftig bezeichnete
Frage nicht zur Zulassung der Revision führen, wann der Verordnungsgeber ein-
schreiten und eine Ordnung, die sich durch geänderte gesellschaftliche und wirt-
schaftliche Verhältnisse überholt habe, bearbeiten müsse. Die Frage bezieht sich auf
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Tatsachen und nicht auf das anzuwendende Recht. Nach der genannten Entschei-
dung des Bundesverfassungsgerichts ist der jeweilige Vorschriftengeber nicht davon
entbunden, die gesellschaftlichen Anschauungen weiter im Auge zu behalten und
gegebenenfalls bei deren Wandel den maßgeblichen Personenkreis neu abzugren-
zen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegen keine Anhaltspunkte da-
für vor, dass sich bei der ärztlichen Behandlung von Geschwistern in Bezug auf die
Frage der Honorierung in der Zwischenzeit die Verhältnisse wesentlich geändert ha-
ben.
Aus dem gleichen Grund ist die Zulassung der Revision auch nicht durch die Frage
gerechtfertigt, was eine unabwendbare Aufwendung sei und ob auch heute noch da-
von ausgegangen werden könne, dass Leistungen naher Verwandter zugunsten des
Beihilfeberechtigten nicht ernsthaft geltend gemacht werden.
Die ebenfalls aufgeworfene Frage,
ob hier der Verordnungsgeber im konkreten Fall die entsprechende Verkehrssit-
te innerhalb der Ärzteschaft vorbehalten muss, ob es fern liegt, so die Klägerin,
davon auszugehen, dass Geschwister sich untereinander kostenlos behandeln,
bezieht sich, soweit sie überhaupt verständlich ist, jedenfalls nicht auf Rechtsfragen,
die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnten.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 13 Abs. 2
GKG.
Albers
Dr. Kugele
Groepper