Urteil des BVerwG vom 28.05.2003

Dienstleistung, Beamter, Versetzung, Anerkennung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 A 3.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S i l b e r k u h l
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. D a w i n , Dr. K u g e l e ,
G r o e p p e r und Dr. B a y e r
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger Ausgleichszulage
für die Zeit vom 21. Februar bis einschließlich 18. August 2000 sowie
für zwei Krankheitstage im Jahr 1999 beantragt hat.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
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Die Beklagte trägt 7/10 und der Kläger 3/10 der Kosten des Verfah-
rens.
G r ü n d e :
I.
Mit Bescheid vom 7. Januar 1999 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersteilzeit mit der
Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Die Teilzeitbeschäftigung sollte am 1. Februar 1999 be-
ginnen und am 31. Mai 2006 enden. Bis zum 30. September 2002 sollte der Kläger Dienst
mit der vollen Arbeitszeit leisten, die Zeit danach bis zum Ende der Altersteilzeit wurde als
Freistellungsphase festgesetzt. Am 21. Februar 2000 erkrankte der Kläger infolge eines
Dienstunfalls und war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand am 31. Oktober 2000 un-
unterbrochen dienstunfähig.
Vom Beginn der Altersteilzeit bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand erhielt der Kläger
neben den Nettodienstbezügen für die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit den Altersteilzeit-
zuschlag. Gegen die erneute Festsetzung der Altersteilzeitbezüge im Rahmen zweier Nach-
berechnungen legte er Widerspruch ein, den die Beklagte zurückwies.
Im Klageverfahren hat die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung des Aus-
gleichs nach § 2 a ATZV für sechs Monate der krankheitsbedingten Fehlzeiten während der
Arbeitsphase einschließlich zweier Krankheitstage im Jahre 1999 anerkannt. Die Beteiligten
haben den Rechtsstreit in diesem Umfang in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Soweit er sein Begehren weiter verfolgt, macht der Kläger geltend, dem Verordnungsgeber
sei es verwehrt, das Krankheitsrisiko auch nur teilweise auf den Beamten abzuwälzen. Dies
gelte vor allem dann, wenn die Dienstunfähigkeit auf einem Dienstunfall beruhe. Zudem sei
er nicht über die besoldungsrechtlichen Folgen und Risiken der Altersteilzeit aufgeklärt wor-
den.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung der Bescheide vom 22. Mai 2001 und 24. April
2002 zu verpflichten, ihm auch für die Zeit vom 19. August 2000 bis 31. Oktober 2000
die Ausgleichszulage nach § 2 a Altersteilzeitzuschlagsverordnung nebst 5 v.H. Zinsen
über dem Basissatz ab Rechtshängigkeit zu gewähren.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte
der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, Bezug genommen.
II.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Ver-
fahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO). Im Übrigen ist die Klage, über die das Bundesver-
waltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO im ersten und letzten Rechtszug und ge-
mäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1, § 141 Satz 1 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne
mündliche Verhandlung entscheidet, unbegründet. Für den Zeitraum vom 19. August bis
31. Oktober 2000 hat der Kläger weder Anspruch auf die Ausgleichszulage noch auf Scha-
densersatz.
Nach § 2 a Satz 1 der Verordnung über die Gewährung eines Zuschlags bei Altersteilzeit
(Altersteilzeitzuschlagsverordnung - ATZV) vom 21. Oktober 1998 (BGBl I S. 3191) ist einem
Beamten, dessen Altersteilzeit mit ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit (Blockmodell,
vgl. § 72 b BBG) vorzeitig endet, so dass die in der Freistellungsphase vorgesehene Freistel-
lung vom Dienst unmöglich geworden ist, ein Ausgleich in Geld zu gewähren. Der Ausgleich
besteht in dem Unterschiedsbetrag zwischen den dem Beamten in der Altersteilzeit insge-
samt gezahlten Altersteilzeitbezügen und der Besoldung, die ihm nach seiner tatsächlichen
Beschäftigung ohne Altersteilzeit zugestanden hätte. Nach § 2 a Satz 2 ATZV bleiben bei der
Berechnung des Ausgleichsbetrags Zeiten ohne Dienstleistung in der Arbeitsphase unbe-
rücksichtigt, soweit sie insgesamt sechs Monate überschreiten.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2002 - BVerwG 2 A 2.01 - (NVwZ-RR 2003, 371 = DÖD 2003, 89)
hat der Senat entschieden, dass ein Beamter die Ausgleichszahlung nicht beanspruchen
kann, soweit seine Dienstunfähigkeit über den in § 2 a Satz 2 ATZV festgelegten Sechsmo-
natszeitraum hinausgeht. Begründet hat der Senat dies damit, dass der Beamte für diesen
Zeitraum keine ausgleichsfähige Vorleistung erbracht hat. Zwar gilt dies auch für den Beam-
ten, der unterhalb dieser zeitlichen Begrenzung keinerlei Dienstleistung erbracht hat, doch
soll dieser Beamte in den Genuss eines Ausgleichs zumindest für den Zeitraum von höchs-
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tens sechs Monaten kommen. Nur für diese Zeitspanne übernimmt der Dienstherr das voll-
ständige Risiko eines unplanmäßigen Verlaufs der Altersteilzeit mit der Folge der Unmög-
lichkeit eines Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst. Längere Fehlzeiten werden nicht
ausgeglichen, weil der Ausgleich nach § 2 a ATZV auf den Grundsätzen des Vorteilsaus-
gleichs und des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs beruht (vgl. BTDrucks 14/5198
S. 12). Da es sich bei § 2 a ATZV um eine rein arbeitszeitrechtliche Regelung des Vorteils-
ausgleichs handelt, ist die Ursache des Dienstleistungsausfalls ohne Belang. Für Fehlzeiten,
die länger als sechs Monate dauern, kann sich ein Beamter auch nicht auf die Fürsorge-
pflicht des Dienstherrn berufen, weil dieser sich mit der Regelung in § 2 a ATZV bereits kon-
kretisiert hat.
Soweit der Kläger die Beklagte wegen der von ihm behaupteten Verletzung ihrer Informa-
tionspflicht nach § 72 c BBG auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will, fehlt es bereits
an der gemäß § 126 Abs. 3 BRRG erforderlichen Durchführung eines Vorverfahrens. Dem
Dienstherrn soll auch im Interesse des Beamten Gelegenheit gegeben werden, das Scha-
densersatzbegehren vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung verwaltungsintern umfas-
send zu prüfen und gegebenenfalls zu versuchen, entweder durch Anerkennung des An-
spruchs oder durch nähere Begründung seines Rechtsstandpunkts einen Rechtsstreit zu
vermeiden (stRspr; vgl. u.a. Urteil vom 28. Juni 2001 - BVerwG 2 C 48.00 - BVerwGE 114,
350 <355> m.w.N.). Die sachliche Einlassung der Beklagten im Rechtsstreit auf das Begeh-
ren des Klägers nach § 2 a ATZV macht das Vorverfahren über den erst im gerichtlichen
Verfahren geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht entbehrlich. Die Beklagte hat
sich auch im gerichtlichen Verfahren zu dem Schadensersatzbegehren nicht in der Sache
geäußert, sondern mit Schriftsatz vom 10. März 2003 das Fehlen des Vorverfahrens aus-
drücklich gerügt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 und § 154 Abs. 1 VwGO.
Dr. Silberkuhl Prof. Dawin Dr. Kugele
Groepper Dr. Bayer
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß § 13 Abs. 2 GKG für die Zeit bis zum 12. März
2003 auf 7 633,35 €, für die Zeit danach auf 2 250 € festgesetzt.
Dr. Silberkuhl Prof. Dawin Dr. Kugele
Sachgebiet:
BVerwGE: nein
Beamtenrecht
Fachpresse: nein
Rechtsquellen:
ATZV §§ 2, 2 a
BBG §§ 72 b, 72 c
Stichworte:
Altersteilzeit; Blockmodell; unplanmäßiger Verlauf; Unmöglichkeit des Zeitausgleichs; Aus-
gleichsanspruch; Dienstunfähigkeit; fehlende Arbeitsleistung; Risikoverteilung.
Urteil des 2. Senats vom 28. Mai 2003 - BVerwG 2 A 3.02