Urteil des BVerwG vom 15.07.2010

Ermessen, Bundesamt, Hauptsache, Billigkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 C 15.09
OVG A 1 B 860/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juli 2010
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig, Richter und
Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Urteile des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom
26. August 2008 und des Verwaltungsgerichts Chemnitz
vom 18. August 2006 sind unwirksam.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in allen In-
stanzen.
G r ü n d e :
Der Asylantrag des Klägers wurde mit Bescheid des Bundesamts für die Aner-
kennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr: Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge) vom 17. Juni 2003 abgelehnt. Auf seine - den Asylanspruch aus
Art. 16a GG ausklammernde - Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte
mit Urteil vom 18. August 2006 unter Aufhebung der Nr. 3 des Bundesamtsbe-
scheids zu der Feststellung verpflichtet, dass für den Kläger ein Abschiebungs-
verbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Afghanistans vorliegt; die Kos-
ten hat es zu zwei Dritteln dem Kläger und zu einem Drittel der Beklagten auf-
erlegt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückge-
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wiesen und auf die Anschlussberufung des Klägers das Urteil des Verwal-
tungsgerichts dahingehend geändert, dass die Beklagte unter Aufhebung der
entgegenstehenden Regelungen des Bundesamtsbescheids verpflichtet wurde,
die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen; die Kosten in
beiden Rechtszügen hat es der Beklagten auferlegt. Auf die Beschwerde des
Beteiligten zu 2 hat der Senat die Revision zugelassen. Während des Revisi-
onsverfahrens hat das Bundesamt dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuer-
kannt. Daraufhin haben der Kläger, die Beklagte und der Beteiligte zu 2 den
Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Das Verfahren ist damit in der Hauptsache erledigt. Es ist in entsprechender
Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 1, § 141 VwGO einzustel-
len. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind wirkungslos (§ 173 VwGO
i.V.m. einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Über
die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berück-
sichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu
entscheiden. Da die Beklagte den Kläger klaglos gestellt hat, entspricht es unter
den Umständen des vorliegenden Falles billigem Ermessen, dass sie die
Verfahrenskosten in allen Instanzen trägt. Selbst wenn § 162 Abs. 3 VwGO auf
den Beteiligten zu 2 anwendbar sein sollte (ablehnend Neumann in: Sodan/
Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 162 Rn. 128), sieht der Senat keine Veranlas-
sung, die außergerichtlichen Kosten des als Rechtsmittelführer aufgetretenen
Beteiligten zu 2 der Beklagten oder der Staatskasse aus Billigkeit aufzuerlegen.
Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegens-
tandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.
Prof. Dr. Dörig Richter Prof. Dr. Kraft
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