Urteil des BVerwG vom 11.10.2007

Bewaffneter Konflikt, Bedrohung, Gefahr, Afghanistan

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 97.07
OVG 20 A 111/06.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Oktober 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungs-
gerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom
16. März 2007 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt den allein geltend gemachten Zulas-
sungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht in
einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Wei-
se dar.
Die Beschwerde ist der Auffassung, das Berufungsgericht habe die Qualifikati-
onsrichtlinie rechtsfehlerhaft angewandt. Danach sei subsidiärer Schutz zu ge-
währen, wenn ein ernsthafter Schaden drohe. Als ernsthafter Schaden gelte
gemäß Art. 15 der Richtlinie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens
oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Falle
eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes. Nach bishe-
rigem deutschen Recht werde die Gefahr, der die Zivilbevölkerung in bewaffne-
ten Konflikten allgemein ausgesetzt sei, als allgemein im Sinne des § 60 Abs. 7
Satz 2 AufenthG betrachtet mit der Folge, dass die Gewährung von Abschie-
bungsschutz regelmäßig gesperrt sei, es sei denn, es liege eine sog. extreme
Gefahrenlage vor. Auch in diesem Fall werde keine Feststellung nach § 60
Abs. 7 AufenthG getroffen, wenn gleichwertiger Abschiebungsschutz bestehe.
Nach der Qualifikationsrichtlinie sei keine extreme Gefahr oder extreme Gefah-
renlage erforderlich, sondern es genüge eine ernsthafte individuelle Bedrohung.
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Dies sei bereits der Fall, wenn die Gefahr überwiegend wahrscheinlich sei. In-
soweit gelte ein herabgesetzter Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Weiterhin sei ein
internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt Voraussetzung. Dies
sei in Afghanistan derzeit der Fall, auch wenn (noch) nicht von einem Bürger-
krieg die Rede sein könne. Auf die Frage, ob gleichwertiger Abschiebungs-
schutz bestehe, komme es insoweit nicht an. Weiter macht die Beschwerde gel-
tend, dass dem Kläger aufgrund seiner Erkrankung und der Tatsache, dass er
keinerlei Familien- und Versorgungsschutz habe, eine ernsthafte individuelle
Bedrohung seines Lebens bzw. seiner Unversehrtheit drohe und verweist in
diesem Zusammenhang auf die schlechte Versorgungs- und Sicherheitslage im
gesamten Land einschließlich der Hauptstadt Kabul.
Dieses Vorbringen stellt keine ordnungsgemäße Grundsatzrüge dar. Die Be-
schwerde beschränkt sich darauf, in der Art einer Berufungsbegründung darzu-
legen, weshalb sie das Berufungsurteil im Ergebnis für unrichtig hält, ohne in
diesem Zusammenhang jedoch auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung
näher einzugehen und eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des
revisiblen Rechts herauszuarbeiten, die in einem Revisionsverfahren ver-
allgemeinerungsfähig beantwortet werden kann. So geht die Beschwerde nicht
darauf ein, dass das Berufungsgericht ausdrücklich offengelassen hat, ob und
in welchen Konstellationen das vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Kri-
terium der extremen Gefahr tatsächlich dazu führen könne, dass einem Schutz-
suchenden entgegen der Qualifikationsrichtlinie der subsidiäre Schutzstatus
vorenthalten bleibe, da im Falle des Klägers hinsichtlich der von Art. 15
Buchst. c der Richtlinie erfassten Gefahren der Grad einer ernsthaften Bedro-
hung nicht erreicht werde (vgl. UA S. 7). Auch übersieht die Beschwerde, dass
das Berufungsgericht das Bestehen eines gleichwertigen Abschiebungsschut-
zes verneint hat (vgl. UA S. 6). Damit fehlt es an der hinreichenden Darlegung
einer konkreten, mit der Qualifikationsrichtlinie zusammenhängenden Rechts-
frage, die sich in einem Revisionsverfahren in entscheidungserheblicher Weise
stellen könnte.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30
Satz 1 RVG.
Dr. Mallmann Prof. Dr. Dörig Fricke
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