Urteil des BVerwG vom 29.01.2008

Politische Verfolgung, Togo, Gefährdung, Universität

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 89.07 (10 PKH 19.07)
OVG 4 L 381/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Beck und den Richter am
Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskos-
tenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abge-
lehnt.
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. Januar 2007 wird
verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Der Klägerin kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil
die beabsichtigte Rechtsverfolgung - unabhängig von dem Vorbringen der
Beklagten im Schriftsatz vom 21. Januar 2008 - aus den nachstehenden Grün-
den keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie legt den geltend gemachten
Verfahrensmangel der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in einer den An-
forderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe zwei in der mündli-
chen Verhandlung gestellte Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt, die
behaupteten Tatsachen würden als wahr unterstellt. Es habe sich um die Tat-
sachen gehandelt, dass die Klägerin im akademischen Jahr 1998/1999 Mitglied
des Vorstands des Studentenausschusses der Universität in Lomé als Beauf-
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tragte für den Informationsaustausch gewesen sei und auch in ihrer übrigen
Studienzeit eng mit dem Vorstand des Studentenausschusses zusammengear-
beitet habe und entsprechend an der Universität bekannt gewesen sei. Das
Berufungsgericht erläutere in den Urteilsgründen allerdings nicht, warum sich
- unabhängig von der Glaubhaftigkeit ihres übrigen Vortrags - allein aus diesen
Umständen keine Gefährdung der Klägerin bei der Rückkehr nach Togo erge-
ben solle. Das Fehlen dieser Begründung verletze den Anspruch der Klägerin
auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Mit diesem Vorbringen wird der behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungs-
gemäß aufgezeigt. Allerdings verletzt die Ablehnung eines Beweisantrags den
Anspruch des Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn sie im Pro-
zessrecht keine Stütze findet. Dass die Ablehnung des von der Beschwerde
allein inhaltlich angesprochenen ersten Beweisantrags aus dem Schriftsatz vom
2. Dezember 2004 prozessrechtlich fehlerhaft ist, lässt sich dem Be-
schwerdevorbringen indes nicht entnehmen. Wenn das Berufungsgericht die
beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens des Auswärtigen Am-
tes zum Beweis der in dem Antrag bezeichneten Tatsachen mit der Begrün-
dung abgelehnt hat, diese Tatsachen würden als wahr unterstellt, hat es den
Beweisantrag der Sache nach wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit
abgelehnt. Das ist ein prozessrechtlich zulässiger Ablehnungsgrund, da über
Umstände, auf die es nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Beru-
fungsgerichts für die Entscheidung nicht ankommt, kein Beweis erhoben wer-
den muss.
Entgegen der Ansicht der Beschwerde lässt sich aus dem Gesamtzusammen-
hang der Urteilsgründe auch entnehmen, dass und aus welchen Gründen sich
nach Auffassung des Berufungsgerichts aus der Tatsache, dass die Klägerin
die behauptete aktive Rolle im Vorstand des Studentenausschusses der Uni-
versität Lomé gespielt hat und deshalb an der Universität bekannt war, keine
Verfolgungsgefahr ergeben hat und ergibt. Dies geht nicht nur daraus hervor,
dass das Berufungsgericht die von der Klägerin als Beleg für ihre Gefährdung
angeführten konkreten Übergriffe von staatlicher Seite vor ihrer Flucht im Jahre
2002 nicht für glaubhaft gehalten hat, sondern auch daraus, dass nach den
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Feststellungen des Berufungsgerichts der Klägerin vor ihrer Ausreise aus Togo
offenbar keine Repressionen drohten. Auch wenn das Berufungsgericht dies
zunächst im Rahmen der Prüfung einer Gefährdung wegen der Mitgliedschaft
der Klägerin in der CDPA bzw. später der UFC erörtert, gelten diese Erwägun-
gen bei verständiger Würdigung der Urteilsgründe auch für die studentischen
Aktivitäten der Klägerin. Das Berufungsgericht führt nämlich aus, es dürfe ins-
besondere nicht außer Acht gelassen werden, dass die Klägerin über einen
langen Zeitraum ihr Studium fortgesetzt habe, ohne konkrete Schwierigkeiten
bekommen zu haben; sie habe sich auch überwiegend in Lomé frei bewegt, so
dass sie eine Furcht vor staatlichen Repressionsmaßnahmen tatsächlich nicht
empfunden haben dürfte; die Klägerin habe ihr Heimatland Togo nach dem
Gesamteindruck des Senats deshalb nicht aufgrund individueller Verfolgung
verlassen, und zwar unabhängig von ihren Aktivitäten für den Studentenrat und
für ihre Kontaktperson in Deutschland, so dass der Senat insoweit die von der
Klägerin unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr habe unterstellen können.
Die angeblichen Vorfälle in Togo schieden somit sowohl als Hinweis auf eine
bereits erlittene wie auch als Anlass für eine künftige politische Verfolgung aus
(UA S. 10 f.). Aus diesen Ausführungen folgt hinreichend deutlich, dass das
Berufungsgericht mangels konkreter ernsthafter Bedrohungen oder Schwierig-
keiten der Klägerin während ihres Aufenthalts in Togo auch eine Gefährdung
aufgrund ihrer bereits im Jahr 1998/99 begonnenen Aktivitäten im Vorstand des
Studentenausschusses verneint hat. Die Beschwerde, die sich mit den Urteils-
gründen nicht im Einzelnen auseinandersetzt, zeigt mithin die behauptete Ge-
hörsverletzung nicht auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30
RVG.
Dr. Mallmann
Beck
Prof. Dr. Kraft
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