Urteil des BVerwG vom 01.02.2005

Beschränkung, Form, Zivilprozessordnung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 75.04
OVG 1 ME 301/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Februar 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und
Prof. Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:
- 2 -
Die "außerordentliche" Beschwerde der Antragsteller gegen
den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsge-
richts vom 15. Dezember 2004 wird verworfen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Der von den Antragstellern als "außerordentliche Beschwerde" eingelegte Rechtsbe-
helf ist unzulässig.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist nicht mit einem Rechtsmittel zum
Bundesverwaltungsgericht angreifbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO). Nach der Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auch in Fällen geltend gemachter
"greifbarer Gesetzeswidrigkeit" - wie sie die Antragsteller hier annehmen - seit der
Einfügung des § 321 a in die Zivilprozessordnung durch das Zivilprozessreformge-
setz vom 27. Juli 2001 (BGBl I S. 1887) kein Raum mehr für eine Befassung des
Gerichts der nächst höheren Instanz mit außerordentlichen Rechtsbehelfen. Denn
der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Entschei-
dung kann entnommen werden, dass eine im Rechtsmittelzug nicht mögliche Nach-
prüfung einer gerichtlichen Entscheidung aufgrund eines außerordentlichen Rechts-
behelfs demjenigen Gericht vorbehalten bleiben soll, das die Entscheidung erlassen
hat (BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2004 - BVerwG 2 B 90.04 - juris Rn. 4; Be-
schluss vom 16. Mai 2002 - BVerwG 6 B 28.02 und 6 B 29.02 - Buchholz 310 § 152
VwGO Nr. 14). An dieser Einschätzung hat sich durch das Anhörungsrügengesetz
vom 9. Dezember 2004 (BGBl I S. 3220) nichts geändert; denn durch dieses Gesetz
wurden mit dem neuen § 152 a VwGO und entsprechenden Bestimmungen in zahl-
reichen anderen Prozessordnungen außerordentliche Rechtsbehelfe bei erheblichen
Gehörsverletzungen in Form der Fortführung des gerichtlichen Verfahrens in der
betreffenden Instanz eingeführt. Auch danach ist eine Befassung der nächst höheren
Instanz mit der Sache nicht vorgesehen (§ 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Dem Hinweis
in der Begründung des Gesetzentwurfs, dass mit der Einführung der Anhörungsrüge
bewusst keine Aussage zu der Frage gemacht werden sollte, wie die Gerichte im
Übrigen künftig mit Verletzungen etwa des Willkürverbots umgehen sollten, dass
insbesondere die bisher in diesen Fällen zur Anwendung gekommenen außer-
- 3 -
ordentlichen Rechtsbehelfe wie die außerordentliche Beschwerde oder die Gegen-
vorstellung durch diese Beschränkung nicht ausgeschlossen werden sollten
(BTDrucks 15/3706 S. 14), kann nichts Gegenteiliges entnommen werden, da die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits seit geraumer Zeit in diesen
Fällen keinen außerordentlichen Rechtsbehelf mehr zulässt.
Bei dem von den Antragstellern mit der "außerordentlichen Beschwerde" angegriffe-
nen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts kommt hinzu, dass er bereits seiner-
seits auf eine "Gegenvorstellung und außerordentliche Beschwerde" der Antragstel-
ler hin ergangen ist. Soweit er auf einer über § 173 VwGO entsprechenden Anwen-
dung des § 321 a ZPO in der damals noch gültigen Fassung beruht, war auch nach
dessen Abs. 4 Satz 4 die Beschwerde hiergegen ausgeschlossen. Dies gilt, wie be-
reits erwähnt, auch nach dem nunmehr einschlägigen § 152 a Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Unabhängig hiervon ist der Rechtsbehelf der Antragsteller auch deshalb unzulässig,
weil er in keiner Weise substantiiert darlegt, worin die "greifbare Gesetzeswidrigkeit"
des angefochtenen Beschlusses begründet sein sollte. Auf die entscheidungstra-
genden Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts, dass ein Gehörsverstoß in sei-
nem mit dem außerordentlichen Rechtsbehelf angegriffenen Beschluss vom
3. Dezember 2004 offensichtlich nicht vorliegt und dass die Antragsteller auch dort
nicht dargelegt hätten, worin die greifbare Gesetzeswidrigkeit der vom Oberverwal-
tungsgericht bestätigten Annahme des Verwaltungsgerichts zu sehen sein sollte,
dass die Antragsteller mit ihrem Eilantrag keinen Wiederaufnahmegrund geltend
gemacht hätten, setzen sich die Antragsteller wiederum nicht auseinander. Solche
Gründe greifbarer Gesetzeswidrigkeit vermag der Senat im Übrigen auch in der Sa-
che in dem angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht zu erken-
nen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung
bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1
zum GKG ergibt. Dass das Oberverwaltungsgericht, wie von den Antragstellern be-
- 4 -
anstandet, insoweit einen Streitwert festgesetzt hat, ist unschädlich und ändert nichts
an der auch dort fälligen Gebühr nach Nr. 5400 der Anlage 1 zum GKG.
Hien Vallendar Prof. Dr. Eichberger