Urteil des BVerwG vom 25.06.2009

Befragung, Rüge, Name

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 61.08
OVG 15 A 2803/06.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 2008 wird
verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die allein auf die Verletzung seines rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) gestützte Beschwerde des Klägers ist unzulässig,
denn sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO.
Die Beschwerde beanstandet, der Kläger habe nach dem Ablauf der Beru-
fungsverhandlung nicht erkennen können, dass das Berufungsgericht durch-
greifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des von ihm geschilderten Verfol-
gungsschicksals darauf stütze, dass er den Namen seiner Kontaktperson nicht
gleich zu Beginn seiner Befragung erwähnt habe. Er habe den maßgeblichen
Sachverhalt zu Beginn der Befragung dargestellt und der Name der Frau, den
er durchgängig im ganzen Verfahren immer wieder angegeben habe, sei für die
geschilderte Verfolgung nicht von maßgeblicher Bedeutung. Es sei für ihn über-
raschend, dass ihm diese Beweiswürdigung erstmals im Urteil entgegen gehal-
ten werde.
Mit diesem Vorbringen wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs infolge einer
unzulässigen Überraschungsentscheidung nicht schlüssig dargelegt. Grund-
sätzlich ist das Gericht nicht verpflichtet, die ihm obliegende abschließende
Sachverhalts- und Beweiswürdigung vorab mit den Beteiligten zu erörtern (Be-
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schlüsse vom 21. Januar 2000 - BVerwG 9 B 614.99 - Buchholz 310 § 130a
VwGO Nr. 46 und vom 26. November 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz
310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52; stRspr).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten
rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entschei-
dung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Betei-
ligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten
(vgl. Urteil vom 10. April 1991 - BVerwG 8 C 106.89 - Buchholz 310 § 108
VwGO Nr. 235 und Beschlüsse vom 23. Dezember 1991 - BVerwG 5 B 80.91 -
Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 241 und vom 11. Mai 1999 - BVerwG 9 B
1076.98 - juris m.w.N.).
Die Rüge einer unzulässigen Überraschungsentscheidung kann hier schon des-
halb nicht zum Erfolg führen, weil es an der erforderlichen Darlegung dessen
fehlt, was auf den vermissten Hinweis des Berufungsgerichts noch vorgetragen
worden wäre. Des Weiteren hätte es eines eingehenden Vorbringens zum Vor-
liegen einer für die Beteiligten unerwarteten Wende des Rechtsstreits bedurft,
weil schon das der Berufungsentscheidung vorausgehende Urteil des Verwal-
tungsgerichts und der Bescheid des Bundesamtes die Angaben des Klägers zu
seinen Verfolgungsgründen für unglaubhaft erachtet haben. Im Übrigen lässt
sich der Beschwerde nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht seine Hin-
weispflichten verletzt hat. Es hat in der angefochtenen Entscheidung die feh-
lende Glaubhaftigkeit des vom Kläger geschilderten Sachvortrags u.a. darauf
gestützt, dass dieser die für sein Verfolgungsschicksal entscheidende Funktion
der Frau Z. als Kontaktperson der Guerilla in der Berufungsverhandlung - wie
aus der Niederschrift ersichtlich - erst auf mehrmalige Nachfrage des Gerichts
offenbart hat. Diese tatrichterliche Wertung im Rahmen der Beweiswürdigung
knüpft an dem Inhalt der Aussage des Klägers und nicht an einer Lücke oder
einem Widerspruch in seinem Sachvortrag an, dem das Gericht durch einen
entsprechenden Hinweis oder durch weitere Befragung hätte nachgehen kön-
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Die Beschwerde wendet sich letztlich im Gewande der Gehörsrüge gegen die
dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung. Damit kann sie die Zulassung
der Revision nicht erreichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 RVG.
Dr. Mallmann
Richter
Prof. Dr. Kraft
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