Urteil des BVerwG vom 11.04.2005

Satzung, Rechtsgrundlage, Bestimmtheit, Form

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 58.04
OVG 1 L 332/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. April 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht Dr. N o l t e und D o m g ö r g e n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes
Sachsen-Anhalt vom 8. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 12 077,76 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Der genannte Zulas-
sungsgrund liegt nur dann vor, wenn die Rechtssache eine für die erstrebte Revisi-
onsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Inte-
resse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf.
Entsprechend dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ist inso-
weit eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsent-
scheidung erhebliche Rechtsfrage zu formulieren und anzugeben, worin die allge-
meine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26). Dem trägt die Beschwerde nicht ausreichend Rechnung.
Die als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
ob das Gericht zulässigerweise einen Beitragstatbestand als
ungeschriebenen Tatbestand des KAG einführen darf, dessen
Nachvollziehbarkeit für den Beitragsschuldner nicht gegeben ist,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn sie unterstellt dem Ober-
verwaltungsgericht rechtliche Erwägungen, die in der Urteilsbegründung keinen Aus-
druck gefunden haben. Das Gericht hat § 6 Abs. 1 und 6 KAG-LSA im Wege der
Auslegung einen einschlägigen Tatbestand für die Beitragserhebung entnommen
und nicht losgelöst von dieser Norm einen Tatbestand "eingeführt". Ob mit seiner
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Auslegung der Regelungsgehalt der landesrechtlichen Bestimmung des § 6 KAG-
LSA zutreffend erfasst worden ist, unterliegt nicht der Nachprüfung durch das Bun-
desverwaltungsgericht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Dass die Bedeutung oder Tragweite
bundesrechtlicher Grundsätze die des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der
Abgabenerhebung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Oktober 1978 - 2 BVR 154/74 -
BVerfGE 49, 343 <362>) in diesem Zusammenhang klärungsbedürftig wäre, ist der
Beschwerde nicht zu entnehmen.
Die weiterhin aufgeworfene Frage,
ob ein Abwasserzweckverband seine Beitragsbescheide in jeg-
licher Form erlassen kann und lediglich vorausgesetzt sei, dass
der Abgabetatbestand bestimmt ist, wobei die zutreffende Be-
zeichnung des in der Satzung zu bestimmenden Tatbestandes
nicht Voraussetzung für ihre Wirksamkeit sei,
verleiht der Rechtssache ebenfalls keine grundsätzlich Bedeutung im Sinne des
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beschwerde will insoweit offenbar geklärt wissen, ob
die fehlerhafte Bezeichnung eines beitragsfähigen Tatbestandes (falsa demonstratio)
im Beitragsbescheid bzw. der zugrunde liegenden Satzung mit Rücksicht auf das
berechtigte Interesse des Abgabenschuldners, die Korrektheit der Beitragserhebung
überprüfen zu können, die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung und ihrer Rechts-
grundlage berührt. Das Berufungsgericht hat diese Frage in Anwendung von § 2
Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA verneint; nach dieser Vorschrift reiche es aus, wenn der Ab-
gabetatbestand bestimmt sei. Warum eine solche Fehlbezeichnung unter der ge-
nannten Voraussetzung hinreichender Bestimmtheit des Abgabetatbestandes bun-
desrechtliche Relevanz haben und insofern revisionsgerichtlich zu klärende Proble-
me aufwerfen sollte, führt die Beschwerde nicht ansatzweise aus.
Der eingangs der Beschwerdebegründung formulierten allgemeinen Fragestellung
will die Beschwerde wohl schon selbst keine über die beiden vorstehend behandelten
spezielleren Fragen hinausgehende Bedeutung für die erhobene Grundsatzrüge
beimessen. Jedenfalls fehlt es an entsprechenden Darlegungen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3, § 72 Nr. 1
GKG.
Hien
Dr. Nolte
Domgörgen