Urteil des BVerwG vom 02.11.2006

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Aufwand, Hundesteuer, Satzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 5.06
OVG 14 A 4089/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. November 2006
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Dr. h.c. Hien,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Buchberger
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. November 2005
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 13,80 € (entspricht 27 DM) festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn in dem angestreb-
ten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in
ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hi-
nausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl.
§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist (Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran
fehlt es hier.
Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig, „ob das Halten eines Hundes aus-
schließlich der Erzielung von Einnahmen dienen muss oder ob Aspekte der
Eigennutzung, die von absolut untergeordneter Bedeutung sind, mit einfließen
dürfen“. Diese Frage betrifft die Auslegung der vom Oberverwaltungsgericht als
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogenen Hunde-
steuersatzung des Beklagten, die auf § 3 KAG NW beruht. Dieses Landesrecht
wird vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft und kann eine Zulassung der Re-
vision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen. Zudem
hat das Berufungsgericht einen Sachverhalt, wie ihn die aufgeworfene Frage
voraussetzt, seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Für den Senat bindend
(§ 137 Abs. 2 VwGO) hat das Berufungsgericht festgestellt, dass von dem
Wachhund des Klägers das zur Hofstelle gehörende Wohnhaus ebenfalls be-
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wacht wird. Deshalb ist es davon ausgegangen, dass der Hund auch zu per-
sönlichen Zwecken gehalten werde. Diese Tatsachen hat es der Anwendung
der Hundesteuersatzung zugrunde gelegt. Die Hundesteuersatzung des Be-
klagten wird nicht dadurch zu revisiblem Recht, dass Art. 105 Abs. 2a GG zur
Erhebung von Aufwandsteuern und damit auch der Hundesteuer ermächtigt.
Für die grundsätzliche Klärung einer Frage des Bundesrechts kommt es nicht
darauf an, wie Landesrecht, hier die Gemeindesatzung, im Lichte des Bundes-
rechts auszulegen ist. Die Zulassung der Grundsatzrevision ist nur zu rechtfer-
tigen, wenn die Beschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bun-
desrechts darlegt, nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allen-
falls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom
7. März 1996 - BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7
m.w.N.).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die
Aufwandsteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG (nur) den besonderen, über
die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für
die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensver-
wendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirt-
schaftliche Leistungsfähigkeit besteuern (Urteile vom 29. November 1991
- BVerwG 8 C 107.89 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 17 S. 3 <5>, vom 10. Ok-
tober 1995 - BVerwG 8 C 40.93 - BVerwGE 99, 303 <304 f.> und vom 6. De-
zember 1996 - BVerwG 8 C 49.95 - Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer
Nr. 12 S. 15 <16>). Die Hundesteuer ist eine solche Aufwandsteuer. Das Halten
eines Hundes geht über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs
hinaus und erfordert einen - wenn auch unter Umständen nicht sehr erhebli-
chen - zusätzlichen Vermögensaufwand (vgl. Beschlüsse vom 28. November
1997 - BVerwG 8 B 224.97 - Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 5, vom 31. Ok-
tober 1990 - BVerwG 8 B 72.90 - Buchholz 11 Art. 105 GG Nr. 16 S. 2 f.).
Nach der für den Senat verbindlichen Auslegung der Hundesteuersatzung des
Beklagten durch das Berufungsgericht ist die Hundesteuer als Aufwandsteuer
im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG ausgestaltet. Danach liege im Halten von
Hunden, das nicht persönlichen, sondern allein gewerblichen Zwecken diene,
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keine Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Auf-
wandes, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Er-
forderliche hinausgehe. Ein solcher nicht persönlichen Zwecken dienender
Aufwand gehöre nicht zu dem, das zu besteuern durch Art. 105 Abs. 2a GG
den Ländern die Gesetzgebungsbefugnis für örtliche Aufwandsteuern verliehen
sei (UA S. 6). Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts. Danach kann eine Aufwandsteuer nicht für Gegenstände
erhoben werden, die nicht der Einkommensverwendung (privatem Aufwand),
sondern allein der Einkommenserzielung dienen (Urteil vom 26. Juli 1979
- BVerwG 7 C 53.77 - BVerwGE 58, 230 <235> = Buchholz 401.61 Zweitwoh-
nungssteuer Nr. 1). Hier besteht kein Klärungsbedarf.
Soweit die Beschwerde einwenden will, der Satzungsgeber habe verkannt, dass
unter den Begriff der Aufwandsteuer nicht eine Hundehaltung falle, die über-
wiegend zu betrieblichen Zwecken erfolge, geht dieser Einwand fehl. Der
Satzungsgeber kann sich nämlich im Rahmen der ihm zustehenden Gestal-
tungsfreiheit für eine generalisierende Satzungsregelung entscheiden. Da es
sich bei der Erhebung von Steuern um ein Massengeschäft handelt, sind typi-
sierende und generalisierende Regelungen grundsätzlich zulässig, solange die
steuerlichen Vorteile der Typisierung in einem angemessenen Verhältnis zu den
mit ihr notwendig verbundenen Nachteilen stehen (BVerfG, Beschluss vom
6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325 <354 f.>). Das ist der
Fall. Hier wurden die betrieblichen Interessen, die nicht als steuerpflichtiger
Aufwand anzusehen sind, in § 4 Abs. 2 der Satzung insoweit berücksichtigt, als
für Hunde, die zur Bewachung von landwirtschaftlichen Anwesen, welche von
dem nächsten im Zusammenhang bebauten Ortsteil mehr als 400 m entfernt
liegen, erforderlich sind, die Steuer auf Antrag auf ein Viertel des Steuersatzes
nach § 2 der Satzung zu ermäßigen ist.
Zudem ist revisionsgerichtlich geklärt, dass ein Gegenstand auch einer Auf-
wandsteuer unterworfen werden darf, wenn er einerseits zur Einkommenserzie-
lung wie auch andererseits zur Einkommensverwendung dient (Urteil vom
26. September 2001 - BVerwG 9 C 1.01 - BVerwGE 115, 165 <170 f.> zur
Zweitwohnungssteuer). Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des
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Einzelfalles können pauschalierend Beträge, die die unterschiedlichen Nutzun-
gen berücksichtigen, festgelegt werden (Urteil vom 26. September 2001 a.a.O.
S. 172).
Die Verletzung revisiblen Bundesrechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) macht der
Kläger mit der Behauptung geltend, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das
Übermaßverbot seien verletzt. Zudem verletze eine unvertretbare Rechtsan-
wendung Art. 3 GG. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu prüfen, ob das Lan-
desrecht in der ihm vom Oberverwaltungsgericht gegebenen Auslegung mit
Bundesrecht vereinbar ist (vgl. Urteil vom 30. Januar 1996 - BVerwG 1 C 9.93 -
Buchholz 430.2 Kammerzugehörigkeit Nr. 7 S. 4 ff.). Nach dem oben unter an-
deren Gesichtspunkten Dargelegten ist offensichtlich, nicht zuletzt angesichts
einer jährlichen Belastung des Klägers in Höhe von 13,80 €, dass keiner der
genannten Rechtsgrundsätze verletzt wurde.
Grundsätzliche Bedeutung kommt der aufgeworfenen Frage auch nicht deshalb
zu, weil Obergerichte die Hundesteuerpflicht bei Hunden, die sowohl zu betrieb-
lichen Zwecken wie auch zur privaten Lebensführung gehalten werden, unter-
schiedlich beurteilen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 16. Dezember 2002 - 2 S
2113/00 - VBlBW 2003, 288; VGH Kassel, Beschluss vom 5. Juli 2006 - 5 UZ
1006/06 - KStZ 2006, 198; Urteil vom 25. Juni 2003 - 5 UE 1174/01 - NVwZ-RR
2004, 213). Die Hundesteuerpflicht wird aufgrund jeweiliger landesrechtlicher
Normen erhoben. Diese entziehen sich revisionsgerichtlicher Prüfung, soweit
sie den von Art. 105 Abs. 2a GG vorgegebenen und revisionsgerichtlich geklär-
ten Begriff des Aufwands nicht verletzen (vgl. Urteile vom 12. April 2000
- BVerwG 11 C 12.99 - BVerwGE 111, 122 <125> und vom 30. Juni 1999
- BVerwG 8 C 6.98 - BVerwGE 109, 188 <189>).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Dr. h.c. Hien Vallendar Buchberger
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