Urteil des BVerwG vom 30.06.2009

Pakistan, Unrichtigkeit, Anhörung, Wiedergabe

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 49.08
VGH A 10 S 3032/07
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 20. Mai 2008 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten
Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 132 Abs. 2
Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) nicht in einer den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
1. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechts-
sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt voraus, dass eine klärungsfähige und
klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen wird. Eine solche
lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die von ihr aufgeworfenen Fragen,
„ob Ahmadis in Pakistan, bei - auch i.S.d. Art. 10 Abs. 1
lit. b der Richtlinie 2004/83/EG öffentlicher - Ausübung ih-
rer Religion mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Ver-
folgungsmaßnahmen, die für sich oder in ihrem Zusam-
menwirken die insoweit nötigen Maßnahmen erfüllen, be-
droht sind“
und
„ob sich durch das Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG
der Maßstab für die Annahme einer flüchtlingsrechtlichen
Eingriffshandlung im Verhältnis zum Maßstab für eine
asylrechtliche Eingriffshandlung im Sinne von Art. 16a GG
derart geändert hat, dass nunmehr entweder die die Reli-
gionsausübung von Ahmadis in Pakistan betreffenden
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Strafgesetze bereits für sich allein genommen oder in Ge-
samtbetrachtung mit anderen belastenden Maßnahmen
die Schutzverpflichtung auslösen müssen“
und
„ob nur für Ahmadis mit besonders tiefer oder enger Bin-
dung bzw. religiös geprägter Persönlichkeit oder sog. be-
kennende Ahmadis oder Ahmadis, die ihren Glauben nach
außen tragen wollen oder gar nur solche, die auch
entsprechend Funktionen mit Öffentlichkeitsbezug in der
Gemeinde ausüben, die internationale Schutzverpflichtung
gem. Art. 9 und 10 der Richtlinie 2004/83/EG ausgelöst
wird“,
betreffen in erster Linie die den Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung und
Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse in Pakistan. Dem verschließt sich
letztlich auch die Beschwerde nicht, wenn sie ausführt, dass diese Rechts- und
Tatsachenfragen bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärt seien. Das
Revisionsgericht darf aber von sich aus keine Tatsachen ermitteln; es hat - auf
der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellun-
gen - Fragen des revisiblen Rechts zu klären (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO).
2. Die Beschwerde macht als Gehörsverstoß geltend, das Berufungsgericht
habe den Kläger in der Berufungsverhandlung zu seinen Aktivitäten in Deutsch-
land und zu den Vorgängen im Heimatland angehört; sein angeblicher Vortrag
finde sich in den Gründen der angefochtenen Entscheidung (UA S. 8 - 11), die
Fragen und Antworten seien jedoch nicht in der Sitzungsniederschrift festgehal-
ten worden. Damit könne nicht nachvollzogen werden, ob das Vorbringen des
Klägers in seinen Einzelheiten auch korrekt dokumentiert worden sei.
Mit diesem Vorbringen wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dar-
getan. Selbst wenn - was von der Beschwerde nicht substantiiert vorgetragen
wird - die Angaben des Klägers im Tatbestand des Berufungsurteils nicht richtig
wiedergegeben worden wären, läge darin kein Verfahrensmangel. Die Unrich-
tigkeit des Tatbestands kann gemäß § 119 VwGO nur mittels eines fristgebun-
denen Antrags auf Berichtigung geltend gemacht werden (vgl. Beschluss vom
7. Juni 1989 - BVerwG 2 B 70.89 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 5 S. 2 und
Urteil vom 16. Oktober 1984 - BVerwG 9 C 67.83 - Buchholz 310 § 117 VwGO
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Nr. 25). Demzufolge ist nicht zu erkennen, dass die Vorgehensweise des Beru-
fungsgerichts das Recht des Klägers, sich zu dem der Entscheidung zugrunde
liegenden Sachverhalt zu äußern, in irgendeiner Weise verletzt haben könnte.
Sie ist auch ansonsten nicht zu beanstanden, denn ein Verstoß gegen § 105
VwGO i.V.m. §§ 159, 160 Abs. 1 - 3 ZPO liegt nicht vor. Der Kläger ist in der
mündlichen Verhandlung nicht als Partei vernommen worden (§ 96 Abs. 1, § 98
VwGO i.V.m. §§ 447 ff. ZPO). Seine formlose Anhörung (§ 86 Abs. 3 VwGO)
diente vielmehr der Ergänzung seiner - aus Sicht des Berufungsgerichts - noch
unvollständigen Angaben zu den Asylgründen. Dafür ist eine Wiedergabe in der
Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben (Beschlüs-
se vom 8. April 1983 - BVerwG 9 B 1277.81 - Buchholz 310 § 105 VwGO Nr. 33
und vom 18. November 2004 - BVerwG 10 B 17.04 juris ).
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung der Entscheidung ab (§ 133
Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 Satz 1 RVG.
Dr. Mallmann
Richter
Prof. Dr. Kraft
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