Urteil des BVerwG vom 24.08.2006

Rechtliches Gehör, Firma, Ausschreibung, Beweisantrag

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 45.06
OVG 6 A 10149/06
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. August 2006
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar, Prof. Dr. Rubel
und Dr. Nolte
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 25. April 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 1 276,53 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO)
gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Grundsätzliche Bedeutung misst die Beschwerde der Rechtssache bei, weil
es
„um die Benachteiligungen des Bürgers durch die Art der
Ausschreibung und Akzeptieren von Ausschreibungsan-
geboten durch die Verwaltung aufgrund so genannter
Mischkalkulationen sowie Abpreisungen einzelner Positio-
nen zum Nachteil anderer Positionen“
gehe.
Es kann offen bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerde zur grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache den Anforderungen entspricht, die § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO an die Bezeichnung eines solchen Zulassungsgrundes stellt (vgl.
hierzu Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310
§ 133 VwGO Nr. 26). Jedenfalls fehlt es an der Klärungsfähigkeit des
Anliegens der Beschwerde. Denn es betrifft die vom Oberverwaltungsgericht als
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid herangezogenen Normen
des Kommunalabgabengesetzes für das Land Rheinland-Pfalz und des
Satzungsrechts der Beklagten, deren Auslegung und Anwendung vom Revisi-
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onsgericht nicht nachgeprüft wird (§ 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann.
Das Anliegen der Beschwerde wird auch nicht dadurch zu einer Frage des revi-
siblen Rechts, dass sie unter Hinweis auf „Benachteiligungen des Bürgers“
möglicherweise die Vereinbarkeit der Auslegung und Anwendung dieser Nor-
men durch das Oberverwaltungsgericht mit Bundesrecht rügen will. Denn ab-
gesehen davon, dass die Beschwerde konkrete bundesrechtliche Maßstäbe
schon nicht benennt, zeigt sie die Klärungsbedürftigkeit bundesrechtlicher Nor-
men jedenfalls nicht auf. Die Rüge einer Verletzung von Bundesrecht bei der
vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung irrevisiblen Landesrechts vermag
die Zulassung der Grundsatzrevision aber nur zu rechtfertigen, wenn die Be-
schwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundesrechts darlegt,
nicht aber dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landes-
recht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996
- BVerwG 6 B 11.96 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.).
Sollte die Beschwerde mit ihrer Grundsatzrüge Fragen der Auslegung und An-
wendung der Verdingungsordnung für Bauleistungen - Teil A - (VOB/A) aufwer-
fen wollen, könnte dies die Klärungsfähigkeit ihres Anliegens ebenfalls nicht
begründen. Denn auch sie stellt keine revisible Rechtsnorm dar, sondern besitzt
allenfalls den Charakter von Verwaltungsvorschriften (Beschluss vom 25. April
2000 - BVerwG 11 B 4.00 - unter Hinweis auf den Beschluss vom
23. November 1998 - BVerwG 8 B 173.98 - Buchholz 401.84 Benutzungsge-
bühren Nr. 91 S. 86 f.).
Schließlich ist auch der bloße Hinweis der Beschwerde, die angefochtene Ent-
scheidung stehe „im krassen Widerspruch“ zu einer Entscheidung des Bundes-
gerichtshofs, nicht geeignet, die grundsätzliche Bedeutung der Sache darzutun.
Sollte die Beschwerde damit eine Divergenzrüge erheben wollen, könnte auch
dies die Zulassung der Revision nicht begründen. Denn abgesehen davon, dass
das Beschwerdevorbringen insoweit den Anforderungen des § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO an die Darlegung eines solchen Zulassungsgrundes nicht ent-
spricht (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.), ist eine Divergenz
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jedenfalls nicht erkennbar. Das Oberverwaltungsgericht hat den von der Be-
schwerde insoweit offenbar angesprochenen Beschluss des Bundesgerichts-
hofs vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04 - (BGHZ 159, 186) ausdrücklich zitiert und
ist ihm auch inhaltlich gefolgt, indem es zum Ergebnis gelangt ist, dass die Er-
teilung des Zuschlags bei der öffentlichen Ausschreibung an die obsiegende
Firma mit den maßgebenden Vorschriften nicht zu vereinbaren war. Zu der vom
Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob dieser Umstand einem Erstat-
tungsanspruch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KAG entgegensteht, verhält sich die
Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht.
2. Die von der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge greift ebenfalls nicht
durch.
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG,
§ 108 Abs. 2 VwGO) sieht die Beschwerde darin, dass das Oberverwaltungsge-
richt die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus Kostengründen un-
terlassen habe, ohne zuvor einen rechtlichen Hinweis zu geben. Der Kläger
habe deswegen davon abgesehen, einen Beweisantrag zu stellen, weil er auf
Grund des Zulassungsbeschlusses sowie der Ausführungen in der mündlichen
Verhandlung davon habe ausgehen müssen, dass für das Gericht eine „erheb-
liche Benachteiligung des Bürgers“ feststehe.
Dieses Vorbringen erfüllt nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO. Danach erfordert die Rüge, das rechtliche Gehör sei verletzt, regelmä-
ßig die substantiierte Darlegung dessen, was die Prozesspartei bei ausreichen-
der Gehörsgewährung noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vor-
trag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre
(Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.). Die Beschwerde legt weder dar, wel-
chen Beweisantrag der Kläger gestellt hätte, noch inwieweit er - insbesondere
angesichts der Befugnis des Gerichts, im Rahmen von § 287 ZPO auch von
bereits beantragten Beweiserhebungen abzusehen (vgl. Urteil vom 1. März
1995 - BVerwG 8 C 36.92 - Buchholz 303 § 287 ZPO Nr. 3 S. 14) - geeignet
gewesen wäre, seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen.
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Dass das Oberverwaltungsgericht - insbesondere nach den im Urteil (UA S. 14)
erwähnten Erläuterungen des Diplom-Ingenieurs L. in der mündlichen Verhand-
lung - den Kläger über die Auffassung des Gerichts zur Frage einer „erhebli-
chen Benachteiligung“ in falscher Gewissheit hielt, macht die Beschwerde nicht
substantiiert geltend. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt im Übrigen
nicht davor, dass das Gericht in der abschließenden Beratung eine zuvor ge-
äußerte vorläufige Meinung ändert (vgl. Beschluss vom 28. Dezember 1999
- BVerwG 9 B 467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2 m.w.N.).
Dass sich das Oberverwaltungsgericht, das im Hinblick auf den Vergleich zwi-
schen den auf die Hausanschlüsse bezogenen Angebotspreisen der Firma T.
und denjenigen der übrigen Bieter den Ausführungen des Verwaltungsgerichts
gefolgt ist, seiner Auffassung Gesichtspunkte zugrunde gelegt hätte, zu denen
sich der Kläger nicht hätte äußern können, macht die Beschwerde selbst nicht
geltend. Die Angriffe der Beschwerde richten sich somit letztlich gegen die
Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts, was eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör jedoch nicht begründen kann.
3. Soweit die Beschwerde das Urteil des Oberverwaltungsgerichts hinsichtlich
der angefochtenen Kosten für einen Wasserzählschacht überprüft wissen will,
lässt dieses Vorbringen einen Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2
VwGO nicht erkennen (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Vallendar Prof. Dr. Rubel Dr. Nolte
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