Urteil des BVerwG vom 28.07.2005

Rasse, Willkür, Beweisantrag, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 35.05
OVG 14 A 1817/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juli 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 wird zu-
rückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 1 533,87 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 VwGO) ge-
stützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die von der Beschwerde geltend gemachten Grundsatzrügen werfen
keine Rechtsfragen auf, die einer rechtsgrundsätzlichen Klärung in dem angestrebten
Revisionsverfahren zugänglich wären (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
a) Die erste Frage (Beschwerdebegründung S. 8), die die Vereinbarkeit
der für gefährliche Hunde im Gemeindegebiet des Beklagten geltenden erhöhten
Besteuerung von Hunden der Rasse Staffordshire Bullterrier mit dem allgemeinen
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zum Gegenstand hat, ist mit zahlreichen tatsächli-
chen Annahmen zur von der Beschwerde behaupteten Ungefährlichkeit oder jeden-
falls nicht nachgewiesenen Gefährlichkeit dieser Hunderasse verknüpft, die vom Be-
rufungsgericht so nicht festgestellt wurden. Die aufgeworfene Rechtsfrage könnte
schon deshalb von dem in der Revision grundsätzlich auf die Tatsachenfeststellun-
gen des Berufungsgerichts beschränkten Bundesverwaltungsgericht nicht geklärt
werden.
b) Auch die zweite von der Beschwerde aufgeworfene Frage (Beschwer-
debegründung S. 15),
ob ein Normgeber (…) darauf verzichten (kann), die Sachrichtigkeit
einer Regelung und das Vorliegen des dieser Regelung zugrunde gelegten Le-
benssachverhalts zu prüfen, wenn ein anderer, höherrangiger Normgeber be-
reits von der Sachrichtigkeit und einem bestimmten zugrundeliegenden Le-
benssachverhalt bzw. von bestimmten Tatsachen ausgegangen ist,
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ist wiederum unter anderem mit der tatsächlichen Annahme verknüpft,
dass "der Lebenssachverhalt bzw. die Tatsachen wissenschaftlich nicht zu begrün-
den sind, weil (dieser Normgeber) sich auf eine bloße, nicht wissenschaftlich über-
prüfte Annahme stützt", die vom Berufungsgericht so nicht festgestellt wurde und
deshalb aus den gleichen Gründen wie die vorangehende Frage nicht zur Zulassung
der Revision führen kann.
Soweit der Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts, der hinter der von
der Beschwerde aufgeworfenen Frage steht, einer Prüfung am Maßstab von Bun-
desrecht zugänglich ist, lassen sich die damit verbundenen Fragen im Übrigen ohne
weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es hierfür der Zulassung der Re-
vision bedürfte.
aa) Der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt, dass der ört-
liche Steuersatzungsgeber, der sich mit Lenkungsabsicht entscheidet, erhöhte Steu-
ersätze für solche Hunde einzuführen, die nach den Vorgaben des Landesordnungs-
rechts wegen ihrer Gefährlichkeit nicht gezüchtet werden dürfen, und damit einer
vom Landesrecht vorgegebenen Typisierung folgt, deshalb nicht gehalten sei, von
sich aus weitere, eigene Untersuchungen darüber anzustellen, ob die durch die lan-
desrechtlichen Rasselisten vorgenommene Typisierung von Hunden, bei denen ein
erhebliches Gefährdungspotenzial vermutet wird, sachgerecht ist (Beschlussabdruck
S. 6), verstößt nicht gegen höherrangiges Bundesrecht. Er ist insbesondere mit dem
Rechtsstaatsprinzip und dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar.
Es steht außer Frage, dass ein Satzungsgeber Regelungen eines ande-
ren Normgebers durch Verweisung oder wörtliche Aufnahme in seinen Normtext ü-
bernehmen kann, wenn er dieselbe oder eine vergleichbare Regelung erlassen und
sich dabei den Wertungen der übernommenen Normierungen anschließen will. Dabei
braucht der Satzungsgeber die der übernommenen Regelung zugrundeliegenden
Erkenntnisse und Tatsachen nicht notwendig selbst erneut zu erheben und auf ihre
sachliche Richtigkeit zu überprüfen, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass
sie offensichtlich falsch sind. Nur wenn Letzteres der Fall ist, wäre er gehindert,
gleichsam sehenden Auges eine in erheblicher Weise auf offensichtlich unrichtigen
Annahmen begründete Regelung zu übernehmen. Selbst wenn die andere Norm
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- was die Beschwerde unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 3. Juli 2002 (BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347) geltend macht - etwa aus
kompetenzrechtlichen Gründen nichtig sein sollte, wäre davon nicht notwendig die
sachliche Richtigkeit der von diesem Normgeber getroffenen Auswahl der als mit
besonderem Gefährdungspotenzial angenommenen Hunderassen und damit deren
Verwertbarkeit für den kommunalen Satzungsgeber in Frage gestellt.
Mithin verlangen weder das Rechtsstaatsprinzip noch der hier in Rede
stehende allgemeine Gleichheitssatz, dass jede Gemeinde komplexe und strittige
Tatsachenfragen zum Gefährdungspotenzial bestimmter Hunderassen je für sich
selbst erheben muss, bevor sie eine hierauf gestützte ordnungs- oder steuerrechtli-
che Regelung erlassen darf. Es dient im Gegenteil der Rechtseinheit und ist in ho-
hem Maße verfahrensökonomisch, wenn die Gemeinden sich hierzu der Erkenntnis-
se des Normgebers auf Landesebene bedienen, sofern sie davon ausgehen können,
dass die der dortigen normativen Konzeption zugrundeliegenden Annahmen - für den
ordnungsrechtlichen Umgang mit gefährlichen Hunden - auch für ihren Rege-
lungszweck - der steuerrechtlichen Lenkung der Population gefährlicher Hunde -
nutzbar gemacht werden können. Ist dies der Fall, sind die Gemeinden auch nicht
gehindert, auf dieser Grundlage vorgenommene normative Wertungen des Landes-
gesetz- oder -verordnungsgebers in ihren eigenen Rechtsetzungswillen aufzuneh-
men. Dies sieht das Berufungsgericht im Grundsatz offenbar ebenso.
bb) Mit dieser Auffassung wird auch nicht - wie die Beschwerde meint -
das in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwal-
tungsgerichts immer wieder betonte Gebot in Frage gestellt, dass der Normgeber
gehalten ist, insbesondere eine auf unsicherer Tatsachengrundlage erlassene Rege-
lung gleichsam "unter Kontrolle zu halten", indem er sowohl die Auswirkungen der
Regelung als auch den Erkenntnisfortschritt in tatsächlicher Hinsicht beobachtet und
daraus gegebenenfalls die erforderlichen Konsequenzen zieht (vgl. etwa BVerfG,
Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - BVerfGE 110, 141 <166>; BVerwG, Ur-
teil vom 19. Januar 2000 - BVerwG 11 C 8.99 - BVerwGE 110, 265 <276>; Be-
schluss vom 24. Oktober 2001 - BVerwG 6 C 3.01 - BVerwGE 115, 189 <194 f.>).
Nimmt nämlich ein Satzungsgeber die Regelung eines anderen Normgebers in sein
eigenes Regelwerk auf, gilt sie kraft seiner Rechtsetzungsmacht mit der Folge, dass
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er von Anfang an in vollem Umfang verantwortlich ist für ihre Vereinbarkeit mit höher-
rangigem Recht, auch soweit sie von der Richtigkeit etwa jener tatsächlichen An-
nahmen und Erkenntnisse abhängt, die der Regelung des Landesnormgebers
zugrunde liegen. Dies umschließt auch die beschriebene Pflicht des Satzungsgebers,
die übernommene Regelung unter Kontrolle zu halten und gegebenenfalls zu
korrigieren. Auch hierbei kann er sich freilich etwaigen Reaktionen des anderen
Normgebers auf mögliche neuere Erkenntnisse und Entwicklungen anschließen.
cc) Aus dieser uneingeschränkten Verantwortung des Satzungsgebers
für die Rechtmäßigkeit der übernommenen Regelung folgt zugleich, dass Einwände
gegen sie nicht - wie das Berufungsgericht meint - mit der Erwägung abgewehrt wer-
den dürfen, hierauf könne es von vornherein nicht ankommen, weil die Vorschrift
zulässigerweise von dem anderen Normgeber übernommen worden sei und der Sat-
zungsgeber sie daher auch hinsichtlich der ihr zugrundeliegenden tatsächlichen An-
nahmen nicht auf ihre Richtigkeit habe überprüfen müssen. Dieser Standpunkt ver-
kennt die aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip folgende eigene Verantwor-
tung jedes Normgebers für das durch ihn gesetzte Recht. Zugleich "immunisiert" das
Berufungsgericht dadurch die von dem Satzungsgeber erlassene Vorschrift gegen
Angriffe auf ihre Rechtmäßigkeit. Das ist nicht vereinbar mit dem Anspruch des Bür-
gers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Denn im Grund-
satz gebietet diese Rechtsschutzgarantie eine umfassende Nachprüfung des Verfah-
rensgegenstandes in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (vgl. BVerfG, Beschluss
vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <111>, Beschluss vom
22. Oktober 1986 - 2 BvR 197/83 - BVerfGE 73, 339 <373>; BVerwG, Urteil vom
18. März 2004 - BVerwG 3 C 24.03 - BVerwGE 120, 227 <231>). Diesen Anforde-
rungen genügt ein Tatsachengericht nicht, wenn es - wie hier das Berufungsgericht -
eine Beweisregel aufstellt, die im Ergebnis dazu führt, dass der von der übernom-
menen Vorschrift Betroffene - hier der mit einer erhöhten Hundesteuer für gefährliche
Hunde Belastete - die Regelung ohne Rechtsschutzmöglichkeit hinnehmen muss,
selbst wenn sie rechtswidrig ist. Das Berufungsgericht schneidet ihm durch seinen
Rechtsstandpunkt den Einwand ab, dass die Listen von Hunderassen mit einem
erheblichen Gefährdungspotenzial schon vom Landesverordnungsgeber unter
Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zusammengestellt wurden und - ungeachtet dessen,
dass der Satzungsgeber hierzu keine eigenen Ermittlungen anstellen musste - nun
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auch auf kommunalrechtlicher Ebene an dem gleichen Fehler leiden. Diese Verkür-
zung des Rechtsschutzes ist nicht zu rechtfertigen.
Die Vereinbarkeit seines Standpunktes mit Bundesrecht vermag das
Berufungsgericht auch nicht dadurch zu erreichen, dass es eine eigene Überprü-
fungspflicht des kommunalen Satzungsgebers bei der Übernahme landesrechtlicher
Regelungen dann annimmt, "wenn ohne weitere Prüfung offensichtlich wäre, dass
die Liste der vom Zuchtverbot der LHV NRW betroffenen Hunde willkürlich wäre"
(Beschlussabdruck S. 6 f.). Zwar eröffnet das Berufungsgericht mit der unter dieser
Voraussetzung vorbehaltenen Nachforschungspflicht des kommunalen Satzungsge-
bers wohl auch der Klägerin die Möglichkeit, das Unterbleiben einer solchen Über-
prüfung im Prozess geltend zu machen. Abgesehen davon, dass das Berufungsge-
richt damit nach wie vor den grundsätzlichen Unterschied zwischen einer etwaigen
Pflicht zur eigenen Tatsachenerhebung durch den Satzungsgeber und seiner unein-
geschränkten Verantwortlichkeit für die Rechtmäßigkeit der Satzung verkennt, ist der
Anwendungsbereich der von ihm geforderten Nachforschungspflicht mit der Begren-
zung auf "offensichtliche Willkür" indes zu eng und so rechtlich nicht begründbar. Es
ist zwar anerkannt, dass dem kommunalen Satzungsgeber ein beträchtlicher Ein-
schätzungs- und Prognosespielraum bei der Auswahl der als abstrakt gefährlich ein-
geschätzten Hunde zusteht (BVerfG, Urteil vom 16. März 2004, a.a.O., S. 157) und
dass er hinsichtlich der Typisierungen und Pauschalierungen über eine "weitgehende
Gestaltungsfreiheit" verfügt (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2000 - BVerwG 11 C
8.99 - BVerwGE 110, 265 <272>). Eine Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung
auf Fälle offensichtlicher Willkür lässt sich aus der Einräumung dieser Spielräume
jedoch nicht ableiten.
Der Verstoß gegen Bundesrecht war indes - wie unter 3 noch auszufüh-
ren ist - für das Ergebnis des vorliegenden Rechtsstreits nicht entscheidungserheb-
lich.
c) Die Beschwerde hat schließlich auch keinen Erfolg, soweit sie die
Klärung der Frage für grundsätzlich bedeutsam hält (Beschwerdebegründung
S. 16 f.),
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ob es mit Art. 90 EG vereinbar ist, wenn eine Hundesteuerrege-
lung, die im Interesse einer Gefahrenvorbeugung in der Gemeinde die Zahl ge-
fährlicher Hunde im Verhältnis zu den Hunden, die als weniger gefährlich ein-
geschätzten Rassen angehören, vermindern soll, die Haltung von Hunden, die
aus dem Europäischen Ausland importierten Rassen zugerechnet werden, ei-
nem mehr als
5-fachen Steuersatz unterwirft, während vergleichbare inländische Hunde die-
ser Höherbesteuerung nicht unterworfen werden, obwohl es keinen wissen-
schaftlichen Nachweis dafür gibt, dass die höher besteuerten Hunde wegen ih-
rer Zugehörigkeit zu einer Rasse gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen.
Diese Frage kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Revision füh-
ren, weil sie von der tatsächlichen Annahme ausgeht, dass "es keinen wissenschaft-
lichen Nachweis dafür gibt, dass Hunde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse
gefährlicher sind als Hunde anderer Rassen", die das Berufungsgericht so nicht fest-
gestellt hat. Dem Bundesverwaltungsgericht könnte sich daher in dem angestrebten
Revisionsverfahren die auf der zitierten Annahme beruhende Rechtsfrage nicht stel-
len, da es als Revisionsgericht zur eigenen Tatsachenerhebung nicht berufen ist (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - BVerwG 10 B 21.04 - NVwZ 2005,
598 zu einer gleich lautenden Grundsatzrüge sowie die dortigen ergänzenden Hin-
weise).
2. Die von der Beschwerde behauptete Divergenz zwischen der ange-
fochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts und dem Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts vom 16. März 2004, a.a.O., liegt nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Weder hat das Berufungsgericht den auf S. 23 Mitte der Beschwerdebegründung
umschriebenen Rechtssatz mit den dort enthaltenen Maßgaben auch nur sinngemäß
aufgestellt, wie es die Beschwerde der Entscheidung entnehmen zu können meint,
noch liegt dem von der Beschwerde herangezogenen Urteil des Bundesverfas-
sungsgerichts der auf S. 24 Mitte der Beschwerdebegründung wiedergegebene
Rechtssatz zugrunde, wonach sich ein Normgeber "nicht auf ein Regelungsmodell
eines anderen Normgebers verlassen" dürfe.
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3. Auch die geltend gemachte Verfahrensrüge bleibt im Ergebnis ohne
Erfolg.
Die Beschwerde beanstandet in erster Linie, dass das Berufungsgericht
dem im Schriftsatz vom 3. September 2004 gestellten Beweisantrag der Klägerin,
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis darüber zu erhe-
ben, dass Hunde, die der Rasse Staffordshire Bullterrier zugerechnet werden,
bei abstrakter Betrachtungsweise nicht gefährlicher sind als Hunde anderer
Rassen, ihnen insbesondere kein anderes genetisches Potenzial innewohnt, zu
einem gefährlichen Hund zu werden, als Hunden anderer vergleichbarer Ras-
sen und dass auch kein größerer Verdacht oder größeres Besorgnispotenzial
gegenüber Hunden vergleichbarer, nicht aufgelisteter Rassen besteht, es han-
dele sich bei Hunden der Rasse Staffordshire Bullterrier um gefährliche Hunde,
nicht nachgekommen ist, ohne hierfür eine verwaltungsprozessual tragfähige Grund-
lage zu haben, und so den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs
verletzt zu haben.
Die Verfahrensrüge ist berechtigt, soweit das Berufungsgericht den
Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt hat, es komme auf die unter Beweis
gestellte Tatsache schon deshalb nicht an, weil der Beklagte Hunde der Rasse Staf-
fordshire Bullterrier durch Übernahme der entsprechenden Rasseliste aus der bis
zum 31. Dezember 2002 gültigen Landeshundeverordnung Nordrhein-Westfalen zu
den unwiderleglich gefährlichen Hunden gezählt habe und deshalb jedenfalls für das
hier maßgebliche Steuerjahr 2001 - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall
offensichtlicher Willkür - davon entbunden sei zu überprüfen, ob Hunde dieser Rasse
tatsächlich das vermutete Gefährdungspotenzial aufweisen. Deshalb könne für die-
sen Zeitraum die von der Klägerin unter Beweis gestellte Tatsache sogar als wahr
unterstellt werden (Beschlussabdruck S. 6 f.). Damit verkennt das Berufungsgericht
die - wie oben unter 1 b näher ausgeführt - von Anfang an bestehende uneinge-
schränkte Verantwortung der Stadt für die Rechtmäßigkeit ihrer Satzung und
schränkt zugleich die Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin unzulässig ein (vgl.
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dazu auch den zur Veröffentlichung vorgesehenen Beschluss des Senats vom heuti-
gen Tag in der Sache BVerwG 10 B 34.05).
Das Berufungsgericht hat jedoch die Ablehnung des Beweisantrags der
Klägerin selbständig tragend auf eine zweite, im Ergebnis verwaltungsprozessual
tragfähige Begründung gestützt. Das Berufungsgericht verweist "im übrigen" auf das
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (1 BvR 1778/01 - BVerfGE
110, 141) und hebt hervor, dass dort gerade auch im Hinblick auf Hunde der Rasse
Staffordshire Bullterrier das Bundesverfassungsgericht die auf die abstrakte Gefähr-
lichkeit dieser Tiere abstellenden Regelungen des HundVerbrEinfG auf der Grundla-
ge eigener Ermittlungen als verfassungsgemäß bestätigt habe (Beschlussabdruck
S. 7). Es gibt damit zu erkennen, dass nicht nur, wie es meint, der Satzungsgeber
vor diesem Hintergrund keinen erkennbaren Anlass hatte, die Zuordnung des Staf-
fordshire Bullterrier zu den "gefährlichen Hunden" im Sinne der Hundesteuersatzung
zu prüfen. Der Sache nach macht das Berufungsgericht damit auch hinreichend
deutlich, dass es im Hinblick auf die erneute, in diesem Fall verfassungsgerichtliche
Bestätigung der bei Hunden der Rasse Staffordshire Bullterrier verbreiteten Praxis,
sie in ordnungs- und steuerrechtlichen Regelungen den Hunderassen mit erhöhtem
Gefährdungspotenzial zuzuordnen, auch selbst keine Veranlassung zur Erhebung
eines Sachverständigengutachtens sieht. Damit beruft sich das Berufungsgericht
- hier auch im Ergebnis vertretbar - auf einen grundsätzlich zulässigen Beweisableh-
nungsgrund. Denn es steht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts im tatrichterlichen Ermessen des Berufungsgerichts (§ 98 VwGO i.V.m.
§ 412 ZPO in entsprechender Anwendung), die Einholung eines (weiteren) Sachver-
ständigengutachtens etwa wegen bereits vorhandener Erkenntnismittel oder im Hin-
blick auf die sonst ausreichend bestehende eigene Sachkunde abzulehnen (vgl. dazu
etwa BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310
§ 98 VwGO Nr. 60; Beschluss vom 30. Januar 2002 - BVerwG 1 B 326.01 - Buchholz
310 § 98 VwGO Nr. 69, S. 31, jeweils m.w.N.).
Soweit die Beschwerde sich darüber hinaus mit ihrer Verfahrensrüge
auf den Beschluss des Senats vom 22. Dezember 2004 (BVerwG 10 B 21.04) be-
zieht und daraus die Aussage ableitet, dass eine europarechtswidrige Diskriminie-
rung im Sinne von Art. 90 EG durch eine Hundesteuersatzung nur dann ausge-
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schlossen werden könne, wenn wissenschaftlich nachgewiesen sei, dass Hunde be-
stimmter Rassen, hier die des Staffordshire Bullterrier, gefährlicher seien als die an-
derer Rassen (Beschwerdebegründung S. 26), verkennt sie die dortigen Ausführun-
gen. Sie erschöpfen sich in der revisionsverfahrensrechtlichen Feststellung, dass die
in jenem Verfahren aufgeworfene Grundsatzfrage sich in dem angestrebten Revisi-
onsverfahren nicht stellen würde, weil die in der Fragestellung enthaltenen tatsächli-
chen Annahmen nicht durch entsprechende Tatsachenfeststellungen des Beru-
fungsgerichts in jenem Fall gedeckt waren.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Fest-
setzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 3 GKG.
Hien
Vallendar
Prof. Dr. Eichberger