Urteil des BVerwG vom 08.11.2011

Irak, Asylverfahren, Leib, Gefahr

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 31.11
VGH 20 B 10.30316
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. November 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Ver-
waltungsgerichtshofs vom 14. Juli 2011 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Sie legt den allein geltend ge-
machten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des re-
visiblen Rechts aufgeworfen wird. Solch eine Frage lässt sich der Beschwerde
nicht entnehmen. Die von ihr aufgeworfenen Fragen, ob Sunniten im Irak einer
Gruppenverfolgung unterliegen bzw. ob Sunniten im Irak bzw. in Bagdad einer
erheblichen individuellen Gefahr für Leib und Leben im Rahmen eines inner-
staatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG
ausgesetzt sind, betreffen in erster Linie die den Tatsachengerichten vor-
behaltene Klärung und Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Irak. Dem
verschließt sich letztlich auch die Beschwerde nicht, wenn sie ausführt, dass die
jeweilige Frage „für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich ist und noch
nicht obergerichtlich entschieden wurde“ und sie „sich in einer Vielzahl von
Asylverfahren von Sunniten aus dem Irak gleichermaßen auswirken und […]
daher verallgemeinerungsfähig“ seien. Das Revisionsgericht darf aber von sich
aus keine Tatsachen ermitteln; es hat - auf der Grundlage der vom Berufungs-
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gericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen - Fragen des revisiblen Rechts
zu klären (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) (Beschluss vom 30. Juni 2009 - BVerwG
10 B 49.08 - juris Rn. 2 f.). Der Kläger verkennt, dass sich der herangezogene
Revisionszulassungsgrund von dem Berufungszulassungsgrund der „grund-
sätzlichen Bedeutung“ (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) unterscheidet, der in Asyl-
rechtsstreitigkeiten auch solche Fälle umfasst, in denen sich die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache allein aus den verallgemeinerungsfähigen Aus-
wirkungen ergibt, die die in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung
von Tatsachenfragen haben wird (Urteil vom 31. Juli 1984 - BVerwG 9 C
46.84 - BVerwGE 70, 24 Leitsatz 1 = Buchholz 402.25 § 32 AsylVfG Nr. 4).
Grundsätzlicher Klärung bedürftige Rechtsfragen zur Auslegung des § 60
Abs. 1 oder Abs. 7 Satz 2 AufenthG bezeichnet die Beschwerde weder aus-
drücklich noch sinngemäß.
Die pauschalen Angriffe der Beschwerde auf die Bewertung der Sicherheitslage
im Irak durch das Berufungsgericht betreffen die einzelfallbezogene Rechts-
anwendung des Berufungsgerichts, die grundsätzlich dem materiellen Recht
zuzuordnen ist, und lässt nicht erkennen, dass auch eine Verfahrensrüge hätte
erhoben werden sollen, die jedenfalls nicht ausreichend dargelegt wäre. Im Üb-
rigen stützt sich die Beschwerde zum Teil auf neues tatsächliches Vorbringen,
das in einem Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden könnte.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung der Entscheidung ab (§ 133
Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden
gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30
Satz 1 RVG.
Prof. Dr. Berlit
Richter
Fricke
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