Urteil des BVerwG vom 29.04.2014

Rechtliches Gehör, Religionsgemeinschaft, Irak, Heimat

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 28.14
OVG 9 A 2564/10.A
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. April 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Dörig und Prof. Dr. Kraft
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2014
wird verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
Die Beschwerde, die sich nicht ausdrücklich auf einen der in § 132 Abs. 2
VwGO genannten Zulassungsgründe bezieht, ist unzulässig. Sie legt einen Zu-
lassungsgrund nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
genügenden Weise dar.
Die Beschwerde rügt, dass das Oberverwaltungsgericht die Annahme abge-
lehnt habe,
„dass die Klägerin vor ihrer Ausreise oder nunmehr im Fal-
le einer Rückkehr in den Irak allein wegen ihrer Zugehö-
rigkeit zu der yezidischen Religionsgemeinschaft von einer
GruppenverfoIgung durch nichtstaatliche Akteure bedroht
war bzw. ist. Die für die Annahme einer Gruppenverfol-
gung erforderliche Verfolgungsdichte sei weder landesweit
noch in Bezug auf die yezidischen Stammesgebiete Sinjar
gegeben“.
Zur Begründung beruft sie sich u.a. auf einen eingereichten Bericht einer Per-
son, die innerhalb der yezidischen Religionsgemeinschaft eine exponierte geist-
liche Persönlichkeit darstelle, bereits im Irak Menschenrechtsaktivist gewesen
sei und sich nach dem Sturz des Saddam-Regimes für die Belange der Yeziden
eingesetzt habe. Nach diesem Bericht seien für den Zeitraum von 2011 bis
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2013 mehr Ermordungen von Yeziden im Siedlungsgebiet Sinjar ausgewiesen
als vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt. Weiter macht die Beschwer-
de geltend, dass die irakische Zentralregierung an einer Schutzgewährung für
die Mitglieder der yezidischen Religionsgemeinschaft nicht interessiert sei und
Schutz nicht gewähre, und führt weiter Gesichtspunkte auf, die das Oberverwal-
tungsgericht übersehen oder nicht hinreichend gewürdigt habe. Damit wird ein
Zulassungsgrund nicht dargelegt.
Soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen die grundsätzliche Bedeutung der
Frage einer Gruppenverfolgung von Angehörigen der yezidischen Religionsge-
meinschaft geltend machen will, verkennt sie, dass die Zulassung der Revision
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache voraussetzt, dass eine klä-
rungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufgeworfen
wird, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde. Ihr Vor-
bringen zielt im Kern aber nicht auf eine erkennbare Rechtsfrage, sondern auf
die dem Tatsachengericht vorbehaltene Prognose, ob der Klägerin aufgrund
ihrer persönlichen Verhältnisse angesichts der politischen Gegebenheiten in
ihrer Heimat und insbesondere der Lage der Yeziden im Irak Gefahren drohen,
die zu einer Gewährung internationalen Schutzes führen können. Sie greift da-
mit der Sache nach die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Fest-
stellungen zu den Prognosegrundlagen sowie die darauf aufbauende Prognose
als Teil der Beweiswürdigung an und stellt dem ihre eigene Einschätzung der
Sachlage entgegen, ohne insoweit eine konkrete Rechtsfrage aufzuzeigen.
Das Vorbringen der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht habe bestimmte As-
pekte außer Acht gelassen, übersehen oder nicht ausreichend gewürdigt, legt
auch keinen Verfahrensfehler, insbesondere keine Verletzung ihres Anspruchs
auf rechtliches Gehör, in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 2
VwGO entsprechenden Weise hinreichend dar. Der Sache nach beschränkt sie
sich darauf, der eingehenden Würdigung der Verfolgungslage durch das Beru-
fungsgericht in Teilaspekten ergänzende, im Ergebnis abweichende Tatsa-
chenelemente entgegenzuhalten, ohne darzulegen, inwieweit sich dem Beru-
fungsgericht eine ausdrückliche Auseinandersetzung hiermit hätte aufdrängen
bzw. es die von der Klägerin gezogenen Schlüsse hätte ziehen müssen.
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Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten wer-
den gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus
§ 30 Satz 1 RVG; Gründe für eine abweichende Festsetzung nach § 30 Abs. 2
RVG liegen nicht vor.
Prof. Dr. Berlit
Prof. Dr. Dörig
Prof. Dr. Kraft
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