Urteil des BVerwG vom 15.04.2008

Rechtliches Gehör, Asyl, Hauptsache, Verfahrensmangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 135.07 (10 PKH 39.07)
OVG 1 LB 52/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
beschlossen:
Der Klägerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozess-
kostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Klaus Piening,
20457 Hamburg, beigeordnet.
Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 18. Januar 2007 wird aufgehoben, so-
weit es das Begehren auf Asyl- und Flüchtlingsanerken-
nung betrifft.
Die Sache wird insoweit zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück-
verwiesen.
Die Kostenentscheidung in der Hauptsache bleibt der
Schlussentscheidung vorbehalten.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdever-
fahrens folgt der vorbehaltenen Kostenentscheidung in der
Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen vor
(§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
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Die Beschwerde, die nur die Abweisung der Klage hinsichtlich der Asyl- und
Flüchtlingsanerkennung betrifft, hat mit einer der von ihr erhobenen Verfah-
rensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) Erfolg. Im Interesse der Verfahrensbe-
schleunigung verweist der Senat die Sache nach § 133 Abs. 6 VwGO unter
Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils an das Berufungsgericht zu-
rück.
Die Beschwerde rügt zu Recht eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Ge-
hör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass
die Klägerin, eine armenische Volkszugehörige, die aserbaidschanische Staats-
angehörigkeit nicht von ihren Eltern ableiten könne. Dabei hat es bezüglich der
Mutter der Klägerin auf sein Urteil vom gleichen Tag - OVG 1 LB 51/03 - ver-
wiesen. Danach hat die Mutter der Klägerin nie die aserbaidschanische Staats-
angehörigkeit besessen. Diese Entscheidung hat der beschließende Senat we-
gen Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör mit Beschluss vom heu-
tigen Tag - BVerwG 10 C 122.07 - aufgehoben. Auf die Ausführungen in diesem
Beschluss nimmt der Senat Bezug.
Darüber hinaus rügt die Beschwerde der Sache nach zu Recht, das Berufungs-
gericht habe gegen das Gebot verstoßen, seine tatrichterliche Überzeugungs-
bildung nachvollziehbar zu begründen (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Darin liegt
unter den hier gegebenen Umständen ein Verfahrensmangel. Die Beschwerde
hat im Einzelnen schlüssig dargelegt, dass die tragende Begründung des Beru-
fungsgerichts unzureichend ist.
Das Gericht hat hinsichtlich der Frage, ob die Klägerin, eine armenische Volks-
zugehörige, die aserbaidschanische Staatsangehörigkeit von ihrem Vater ablei-
ten kann und bei einem etwaigen Verlust dieser Staatsangehörigkeit von einer
asylrechtsrelevanten Benachteiligung armenischer Volkszugehöriger auszuge-
hen ist, auf seine Urteile vom 6. Juli 2006 - OVG 1 LB 94/02 und 1 LB 95/02 -
verwiesen. Der beschließende Senat hat auf entsprechende Verfahrensrügen
des Prozessbevollmächtigten der Klägerin diese Urteile aufgehoben und die
beiden Sachen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Beru-
fungsgericht zurückverwiesen (Beschlüsse vom 6. Dezember 2007 - BVerwG
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10 B 76.07 und 10 B 77.07 -). Auf die Ausführungen in diesen Beschlüssen
nimmt der Senat Bezug.
Auf die weiteren Rügen der Beschwerde kommt es demnach nicht mehr an. Der
Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO).
Dr. Mallmann Richter Fricke
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