Urteil des BVerwG vom 11.08.2004

Übergangsregelung, Zukunft, Beendigung, Einfluss

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 B 11.04
OVG 2 L 274/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. August 2004
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n und die Richter
am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r und Prof. Dr. R u b e l
beschlossen:
- 2 -
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Lan-
des Sachsen-Anhalt vom 15. April 2004 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 212,19 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Sache hat nicht die geltend
gemachte grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Beschwerde verweist auf die Vorschrift des § 36 d Abs. 1 KrW-/AbfG, die nach
ihrer Ansicht die schon vor ihrem In-Kraft-Treten geltende Rechtslage klargestellt
habe, dass die vom Betreiber für die Ablagerung von Abfällen in Rechnung zu stel-
lenden Kosten die geschätzten Kosten für die Stilllegung und Nachsorge für einen
Zeitraum von mindestens 30 Jahre abdecken müssten. Da Abfallgebühren nicht den
bundesrechtlichen Zielvorgaben im Abfallbereich zuwiderlaufen dürften, stelle das
von der Vorinstanz in Anwendung von § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 KAG LSA ge-
wonnene Ergebnis, dass Kosten für Nachsorgemaßnahmen an alten Deponien, die
ganz oder - wie hier - teilweise nicht mehr in Betrieb seien, nicht mehr in künftige
Rechnungsperioden als betriebsbedingte Kosten in Ansatz gebracht werden dürften,
einen Verstoß gegen Bundesrecht dar. Hiervon ausgehend hält die Beschwerde die
Frage für klärungsbedürftig,
"ob es zulässig sein kann, die prognostizierten Gesamtkosten der Deponie-
nachsorge durch einen doppelten Periodenbezug zu reduzieren und damit nicht
nur den Periodenbezug bei dem gebührenrechtlichen Abrechnungszeitraum,
sondern bei dem diesen Kalkulationen zugrunde gelegten Kosten nochmals
- kostenmindernd - wirksam zu machen".
- 3 -
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Den Kostenbegriff, der für
ihre Entscheidung tragend geworden ist, hat die Vorinstanz allein dem Landesrecht
entnommen, so dass das Revisionsgericht an diese Auslegung gebunden wäre (vgl.
§ 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Revisibilität erlangt die Frage nach dem Kostenbe-
griff aber auch nicht dadurch, dass die Beschwerde geltend macht, das Landesrecht
sei unter Verstoß gegen Bundesrecht angewandt worden. Die Vorinstanz hat sich mit
dem von der Beschwerde in diesem Zusammenhang geltend gemachten Einfluss,
den § 36 d Abs. 1 KrW-/AbfG auf die Auslegung des landesrechtlichen Kostenbe-
griffs im Bereich der Abfallgebührenkalkulation haben soll, nicht auseinander gesetzt.
Eine für die Entscheidung der Vorinstanz nicht maßgebliche Rechtsfrage kann aber
die Zulassung der Revision regelmäßig nicht rechtfertigen (vgl. z.B. BVerwG, Be-
schluss vom 7. November 2001 - BVerwG 6 B 55.01 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2
Ziff. 1 VwGO Nr. 23). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Vorinstanz ent-
schieden hat, dass der Landesgesetzgeber den maßgeblichen Kostenbegriff mit
Wirkung vom 22. Juli 2003 durch eine Novellierung des sachsen-anhaltinischen Ab-
fallgesetzes dahingehend erweitert habe, dass nunmehr auch die Kosten für die
Nachsorge nach Beendigung der Ablagerungsphase in die Abfallgebühren einzube-
ziehen seien, wobei sich die Neuregelung allerdings keine Rückwirkung beilege (UA
S. 9 f.). Fragen des auslaufenden oder nur übergangsweise geltenden Rechts kommt
regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil ihre Klärung nicht zur
Fortentwicklung des Rechts beiträgt. Die Zulassung der Revision ist auch nicht aus-
nahmsweise damit zu rechtfertigen, dass die von der Beschwerde aufgeworfene
Frage noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zu-
kunft von Bedeutung sein wird (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2000
- BVerwG 2 B 64.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 21). Letzteres
wird von der Beschwerde mit dem Hinweis, die Übergangsregelung entschärfe nicht
das in diesem Fall anstehende Problem, nämlich nicht hinreichend substantiiert dar-
gelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung
auf § 13 Abs. 2, § 14 GKG a.F. (§ 72 Nr. 1 GKG n.F.).
Hien
Vallendar
Prof. Dr. Rubel