Urteil des BVerwG vom 04.03.2014

Strafanzeige, Strafantrag, Rechtsirrtum, Strafprozessordnung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 10 A 3.14
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Fricke
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Maidowski
beschlossen:
Das Bundesverwaltungsgericht erklärt sich für unzustän-
dig. Das Verfahren wird an das sachlich und örtlich zu-
ständige Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.
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G r ü n d e :
1. Das mit Schriftsatz vom 7. Februar 2014 bei dem Bundesverwaltungsgericht
angebrachte Rechtsschutzbegehren, für das mit einem am 3. März 2014 bei
dem Bundesverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 22. Februar
2014 die im Schriftsatz vom 7. Februar 2014 auf dessen Seite 20 fehlende Un-
terschrift nachgeholt worden ist, ist als Klage zu werten, die darauf gerichtet ist,
folgende, in dem Schriftsatz bezeichnete Feststellungen zu treffen:
„1. Es wird zum Bundesverwaltungsgericht Antrag gestellt
festzustellen, dass es als Folge der Gewaltenteilung ge-
gen Entscheidungen der Staatsanwaltschaften und Gene-
ralstaatsanwaltschaften als Justizbehörden und damit Be-
hörden der zweiten Gewalt einen Rechtsweg geben muss,
auf dem die Entscheidungen der Staatsanwaltschaften
analog zu Entscheidungen z. B. eines Arbeitsamtes, eines
Sozialamtes oder einer sonstigen staatlichen Behörde
unmittelbar einem Rechtsmittel unterworfen sein müssen,
im Rahmen dessen ein Gericht die Richtigkeit und Verein-
barkeit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft mit der
gegebenen Sach- und Rechtslage unmittelbar zu prüfen
und die beanstandete Entscheidung ggf. aufzuheben hat,
verbunden mit der Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, in
der beanstandeten Rechtssache erneut zu entscheiden.
2. Es wird beantragt festzustellen, ob der Rechtsweg ge-
gen Entscheidungen von Staatsanwaltschaften in erwei-
terter Zuständigkeit des § 40 VwGO bei der Verwaltungs-
gerichtsbarkeit liegt, oder der Rechtsweg nach Artikel 19
Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz GG zur ordentlichen Gerichts-
barkeit gegeben ist.
3. Es wird beantragt, im Fall der Gegebenheit des Verwal-
tungsrechtsweges die Rechtssache an das zuständige
Verwaltungsgericht zu verweisen. Sofern dieser nicht er-
öffnet ist, beantragt der Kläger- da es ‚einen Rechtsweg
gemäß Artikel 19 Abs. 4 GG geben muss!’ - die Verwei-
sung der Rechtssache als Rechtssache gemäß Artikel 19
Abs. 4 GG an das zuständige ordentliche Gericht.“
Der Kläger hat mit einem am 3. März 2014 bei dem Bundesverwaltungsgericht
eingegangenen Schriftsatz vom 22. Februar 2014 klargestellt, dass seine Erklä-
rung in dem bereits am 24. Februar 2014 per Telefax bei dem Bundesverwal-
tungsgericht eingegangenen weiteren Schriftsatz vom 22. Februar 2014, „(d)ie
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zum BVerwG eingereichten Unterlagen werden hiermit zurückgezogen“, nicht
als Klagerücknahmeerklärung zu verstehen war.
2. Für diese Klage ist das Bundesverwaltungsgericht ebenso wenig zuständig
wie für die in dem Schriftsatz vom 7. Februar 2014 (S. 3 f.) bezeichneten weite-
ren Anträge; für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsge-
richts nach §§ 50, 51 VwGO oder sonstigen Regelungen fehlt jeder Anhalts-
punkt (s. auch Beschlüsse vom 28. Januar 2014 - BVerwG 10 AV 1.14 - und
vom 25. Februar 2014 - BVerwG 10 A 1.14).
Das Verfahren ist aus den im Schreiben des Vorsitzenden vom 11. Februar
2014 mitgeteilten Gründen von Amts wegen gemäß § 83 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 17a Abs. 2 GVG an das gemäß §§ 45, 52 Nr. 5 VwGO sachlich zuständige
Verwaltungsgericht Stuttgart zu verweisen.
Dass der Kläger von der offenkundig rechtsirrigen Rechtsauffassung ausgeht,
durch Art. 19 Abs. 4 GG sei neben einem einfachgesetzlich ausgestalteten und
hier vom Kläger möglicherweise bereits auch in Anspruch genommenen
Rechtsweg bei Nichtgefallen des Ergebnisses auch noch ein verfassungsun-
mittelbarer Rechtsweg eröffnet und dass er auch die geltenden, verfassungs-
rechtlich jedenfalls in dem vorliegend erheblichen Umfange unbedenklichen
Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Einführungsgesetzes zum
Gerichtsverfassungsgesetzes für nicht anwendbar hält, steht der Verweisung
nicht entgegen. Dies gilt auch für die ebenso rechtsirrige Auffassung, Staats-
anwälte seien grundsätzlich nicht berechtigt, in Sachen einer Strafanzeige oder
einem Strafantrag gegen einen Richter tätig zu werden und für die Annahme,
der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebiete, Strafanzeigen eines Bürgers
gegen einen Träger öffentlicher Gewalt und solche gegen diesen Bürger wegen
verschiedener Tathandlungen nicht nur gleichermaßen nach Recht und Gesetz
zu behandeln und damit an denselben rechtlichen Maßstäben zu messen, son-
dern dass diese auch zu demselben Ergebnis führen müssten. Ob für das
Rechtsschutzbegehren des Klägers der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1
VwGO) eröffnet ist, so dass der Rechtsirrtum des Klägers lediglich zur Erfolglo-
sigkeit der verwaltungsgerichtlichen Klage führt, oder dem schon für die
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Rechtswegzuordnung entgegensteht, dass der Kläger der Sache nach Feststel-
lungen zu Verfahren und Entscheidungen begehrt, die dem Rechtsweg zu den
ordentlichen Gerichten zugewiesen sind (s.a. VGH München, Beschluss vom
25. Oktober 1978 - Nr. 271 IX/78 - NJW 1979, 1471), wird das Verwaltungsge-
richt als instanziell zuständiges Gericht zu entscheiden haben.
Der Verweisung steht hier nicht entgegen, dass der Kläger vor dem Bundes-
verwaltungsgericht nicht ordnungsgemäß vertreten ist (vgl. Beschlüsse vom
17. April 2002 - BVerwG 3 B 137.01 - DVBl 2002, 1050 und 23. März 2005
- BVerwG 1 A 1.05 - juris).
Prof. Dr. Berlit
Fricke
Dr. Maidowski
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