Urteil des BVerwG vom 03.02.2010

Überprüfung, Ermessen, Prozessrecht, Hauptsache

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WNB 1.10
TDG N 2 Bla 4/09
TDG N 2 GL 7/09
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn Hauptmann …,
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 3. Februar 2010 beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Beschluss des Truppendienstgerichts … vom
19. März 2009 ist wirkungslos.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
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G r ü n d e :
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend
für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von
§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 22b Abs. 1 Satz 2 i.V.m.
§ 22a Abs. 5 Satz 2, § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 20 Abs. 3 WBO nur noch über
die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Der Beschluss des Truppendienst-
gerichts Süd vom 19. März 2009 ist wirkungslos (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in
entsprechender Anwendung).
Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden
Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklä-
rung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bis-
herigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161
Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 22. April 2008 - BVerwG
1 WB 4.08 - m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens (Be-
schwerdeverfahren und Verfahren vor dem Truppendienstgericht) zu tragen,
weil seine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen gewesen
wäre. Der Antragsteller hat keinen der Zulassungsgründe ordnungsgemäß dar-
gelegt (§ 22b Abs. 2, § 22a Abs. 2 WBO).
Für den Antragsteller wurde unter dem 25. April 2008 nach den Bestimmungen
über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vom
17. Januar 2007 (ZDv 20/6) eine planmäßige Beurteilung zum Termin 31. März
2008 erstellt. Zu der Beurteilung gaben Oberst G. unter dem 9. Mai 2008 und
Brigadegeneral Sch. unter dem 15. Mai 2008 Stellungnahmen als nächsthöhe-
rer bzw. weiterer höherer Vorgesetzter ab (Nr. 904 ff. bzw. Nr. 911 ff. ZDv 20/6
i.V.m. Abschnitt 8 bzw. 10 des Vordrucks). Der Antragsteller erhob gegen die
Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten Beschwerde; diese war Ge-
genstand des Parallelverfahrens Az.: N 2 BLa 5/09. Zur Stellungnahme des
weiteren höheren Vorgesetzten erhob der Antragsteller hingegen keine Be-
schwerde, sondern gab - unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Nr. 1001 und
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1002 ZDv 20/6 - nur eine Gegenvorstellung ab. Hierzu nahm Brigadegeneral
Sch. als der (im Beurteilungsverfahren) stellungnehmende Vorgesetzte, auf
dessen Aussagen oder Wertungen sich die Gegenvorstellung bezog, unter dem
2. Juni 2008 Stellung (Nr. 1002 Buchst. a ZDv 20/6). Diese Stellungnahme zur
Gegenvorstellung, gegen die der Antragsteller mit Schreiben vom 16. Juni 2008
Beschwerde erhob, ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 28. Mai 2009 äußert sich
ausschließlich zu den Pflichten, die den nächsthöheren - bzw. hier richtigerwei-
se: den weiteren höheren - Vorgesetzten gemäß Kapitel 9 der ZDv 20/6
treffen. Die Nichtzulassungsbeschwerde verfehlt damit den
eben dargelegten Gegenstand des Verfahrens. Das Truppendienstgericht hat
nicht über die Stellungnahme entschieden, die Brigadegeneral Sch. unter dem
15. Mai 2008 als weiterer höherer Vorgesetzter des Antragstellers im Beurtei-
lungsverfahren erstellt hat, sondern über die Stellungnahme, die Brigadegene-
ral Sch. unter dem 2. Juni 2008 zu der Gegenvorstellung des Antragstellers ab-
gegeben hat. Bei dieser geht es nicht um das Recht oder die Pflicht des weite-
ren höheren Vorgesetzten, nach Maßgabe der Nr. 911 ff. ZDv 20/6 gegebenen-
falls korrigierend in die Beurteilung und die Stellungnahme des nächsthöheren
Vorgesetzten einzugreifen, sondern - nachdem das Beurteilungsverfahren mit
der Stellungnahme vom 15. Mai 2008 abgeschlossen war (Nr. 912 Buchst. a
ZDv 20/6) - lediglich darum, der personalbearbeitenden Stelle die Sichtweise
des Vorgesetzten, gegen dessen Aussagen oder Wertungen sich die Gegen-
vorstellung richtet, als Auswertungsgrundlage zur Kenntnis zu bringen (vgl.
Nr. 1003 ZDv 20/6). Die von der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Fra-
gen nach den Pflichten des weiteren höheren Vorgesetzten
würden sich daher, unabhängig davon, ob ihnen grundsätzliche Bedeu-
tung im Sinne von § 22a Abs. 2 Nr. 1 WBO zukäme, in einem Rechtsbe-
schwerdeverfahren nicht stellen. Aus dem gleichen Grund kann die Entschei-
dung des Truppendienstgerichts auch nicht von dem Beschluss des Senats
vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - abweichen (§ 22a Abs. 2 Nr. 2
WBO), weil sich diesem nur Aussagen zu Stellungnahmen von Vorgesetzten im
Beurteilungsverfahren, nicht aber zu Stellungnahmen zu Gegenvorstellungen
entnehmen lassen.
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Unabhängig von der Unzulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde ist der
Beschluss des Truppendienstgerichts vom 19. März 2009 auch in der Sache
nicht zu beanstanden. Das Truppendienstgericht hat insbesondere zu Recht
ausgeführt, dass nicht auf dem „Umweg“ über eine Beschwerde gegen eine
Stellungnahme zu einer Gegenvorstellung die Überprüfung einer unanfechtbar
gewordenen Stellungnahme zu einer dienstlichen Beurteilung erreicht werden
kann.
Golze Dr. Frentz Dr. Langer
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