Urteil des BVerwG vom 24.04.2013

Erlass, Soldat, Prozessstandschaft, Vertrauensperson

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 1 WDS-VR 7.13
In dem Wehrbeschwerdeverfahren
des Herrn …
hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer
am 24. April 2013 beschlossen:
Der Antrag, dem Bundesminister der Verteidigung aufzu-
geben, den Erlass „Errichtung von Vertrauenspersonen-
ausschüssen in der Übergangsphase“ (BMVg - FüSK II 4 -
Az 15-02-01) vom 30. November 2012 bis zu einer Haupt-
sacheentscheidung des Senats außer Vollzug zu setzen,
wird abgelehnt.
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G r ü n d e :
I
Der Antragsteller ist Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat beim Bundesminis-
terium der Verteidigung und als solcher gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG Mitglied
des 6. Gesamtvertrauenspersonenausschusses (GVPA). Er wendet sich gegen
den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung „Errichtung von Vertrau-
enspersonenausschüssen in der Übergangsphase“ vom 30. November 2012,
mit dem bereits vor einer Novellierung des Soldatenbeteiligungsgesetzes und
der damit angestrebten gesetzlichen Errichtung von Vertrauenspersonenaus-
schüssen bei den dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar nach-
geordneten Kommandos der militärischen Organisationsbereiche eine Beteili-
gung der Soldatinnen und Soldaten bei Grundsatzregelungen der Inspekteure
im personellen, sozialen und organisatorischen Bereich ermöglicht werden soll.
Mit dem „Dresdner Erlass“ vom 21. März 2012 entschied der Bundesminister
der Verteidigung, die Inspekteure der Teilstreitkräfte bzw. der militärischen Or-
ganisationsbereiche aus dem Ministerium auszugliedern und sie ihre Organisa-
tionsbereiche als nachgeordnete Dienststellen führen zu lassen. Vor diesem
Hintergrund erließ das Bundesministerium der Verteidigung - FüSK II 4 - am
30. November 2012 den strittigen Erlass. Dafür war maßgeblich, dass infolge
der Ausgliederung der Inspekteure in den nachgeordneten Bereich eine Beteili-
gung des GVPA an einer nicht unwesentlichen Anzahl von Grundsatzentschei-
dungen im personellen, sozialen und organisatorischen Bereich nicht mehr
stattfinde.
In Abschnitt II.1 des Erlasses ist geregelt, dass Mitglieder des GVPA, die nach
§ 35 Abs. 1 Satz 1 SBG in den GVPA gewählt worden sind, ab 3. Dezember
2012 entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe des militärischen Orga-
nisationsbereichs im GVPA die Funktion eines Vertrauenspersonenausschus-
ses in der Übergangsphase (Ü-VPA) wahrnehmen. Nach Abschnitt II.2 erfolgt
die Beteiligung bezüglich der Entscheidungen des Inspekteurs für den jeweili-
gen militärischen Organisationsbereich analog zu den Beteiligungsrechten des
GVPA, also bei Grundsatzregelungen im personellen, sozialen und organisato-
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rischen Bereich, soweit diese Soldaten betreffen, sowie bei Grundsatzregelun-
gen, soweit sie einen Regelungsgehalt betreffen, für den Vertrauenspersonen
ein Mitbestimmungsrecht nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz zusteht. In den
folgenden Absätzen des Abschnitts II. sind die Rechte und Pflichten des Ü-VPA
im Einzelnen geregelt. Die zum GVPA nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG hinzutre-
tenden Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Ver-
teidigung werden bei der Errichtung der Ü-VPA nicht berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 beantragte der Antragsteller gemäß
§ 36 Abs. 5 i.V.m. § 16 SBG,
1. den Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung
- FüSK II 4 - Az 15-02-01 vom 30. November 2012 aufzu-
heben,
2. dem Bundesminister der Verteidigung zu untersagen,
außerhalb der gesetzlichen Grundlagen des Soldatenbe-
teiligungsgesetzes „Vertrauenspersonenausschüsse“ in
der Weise zu bilden, dass diese nur mit bestimmten Teilen
der Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenausschus-
ses beim Bundesministerium der Verteidigung besetzt
werden.
Zur Begründung führte er insbesondere aus:
Er sei ein nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG gewähltes Mitglied des 6. GVPA. Die-
ses Gremium sei bis zur Ausgliederung der Inspekteure aus dem Bundesminis-
terium der Verteidigung auch - im Wege von Gruppenangelegenheiten der ein-
zelnen Organisationsbereiche (Gruppen nach § 35 SBG) - an Grundsatzrege-
lungen der Inspekteure beteiligt worden. An der Wahrnehmung dieser Beteili-
gungsrechte habe er, der Antragsteller, in Angelegenheiten seiner Gruppe teil-
genommen. Entsprechend der Rechtsprechung des 1. Wehrdienstsenats sei
eine unterschiedliche Behandlung von Mitgliedern des GVPA im Soldatenbetei-
ligungsgesetz nicht vorgesehen. Es gebe keine unterschiedlichen Klassen von
Mitgliedern des GVPA. Vielmehr seien alle Mitglieder des GVPA seitens des
Dienstherrn gleich zu behandeln. Daher sei es dem Bundesministerium der Ver-
teidigung verwehrt, ohne gesetzliche Grundlage im Soldatenbeteiligungsgesetz
unterschiedliche Arten von Mitgliedschaften im GVPA auf dem Erlasswege ein-
zuführen. Die mit dem angefochtenen Erlass eingeführten Beteiligungsmaß-
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nahmen beträfen in aller Regel in gleicher Weise seine Wählerschaft, nämlich
die Soldaten, die in den jeweiligen Organisationsbereichen Vertretungen nach
§ 49 SBG wählten. Maßnahmen, welche allein die in § 2 Abs. 1 SBG genannten
Wahlbereiche beträfen, seien in den bisherigen 20 Jahren der Tätigkeit des
GVPA unbekannt geblieben. Einem - noch dazu außergesetzlichen - Gremium,
welches ausschließlich mittelbar für die Wahlbereiche nach § 2 Abs. 1 SBG
demokratisch legitimiert sei, könnten daher keine Befugnisse in Angelegenhei-
ten zugewiesen werden, die in gleicher Weise die Soldaten der Wahlbereiche
nach § 49 SBG beträfen, es sei denn, für diese werde eine gesonderte inhalts-
gleiche Beteiligung durch ein weiteres Gremium vorgesehen. Dies sei jedoch
nicht der Fall. Soweit der Gesetzgeber diese Beteiligungsfälle regele, werde er
selbstverständlich die Wahl der Ausgestaltung haben. Ohne gesetzliche Grund-
lage sei es jedoch nicht möglich, außergesetzliche Ausschüsse unter Einfüh-
rung gesetzlich nicht vorgesehener Unterscheidungen innerhalb des GVPA ein-
zuführen. Der angegriffene Erlass sei daher evident willkürlich im Sinne des
Art. 3 Abs. 1 GG und verletze ihn, den Antragsteller, in seinen Mitgliedsrechten.
Der angegriffene Erlass verletze ihn auch in seinen Rechten als Soldat, indem
einem gesetzlich nicht vorgesehenen Gremium in ihn betreffenden Angelegen-
heiten Beteiligungsrechte zugeschrieben würden.
Darüber hinaus erzeuge der Erlass die Gefahr, dass seinem zuständigen örtli-
chen Personalrat die Ausübung der Befugnisse der Vertrauensperson nach
§ 52 Abs. 1 SBG mit der Begründung verweigert werde, es sei bereits ein
„Gremium“ durch den Inspekteur beteiligt worden, nämlich der strittige „Vertrau-
enspersonenausschuss“. Der Erlass sei daher auch insoweit rechtswidrig und
aufzuheben, weil er die Handhabe schaffen solle, die Tätigkeit der nach dem
Soldatenbeteiligungsgesetz legitimierten Vertretungen durch die Befassung au-
ßergesetzlicher Organe zu behindern und zu beeinträchtigen. Dies verletze ihn
in seinen Rechten als Soldat, weil dazu auch sein Recht gehöre, dass in beteili-
gungsfähigen Angelegenheiten die durch ihn legitimierte zuständige Vertretung
beteiligt werde.
Zugleich erklärte der Antragsteller, er wünsche die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes, weil die in unzulässiger Weise geformten Ausschüsse schon
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während des laufenden Verfahrens Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte in
ihn betreffenden Angelegenheiten ausüben würden.
Der Antragsteller beantragt,
dem Bundesminister der Verteidigung aufzugeben, den
Erlass BMVg - FüSK II 4 - Az 15-02-01 vom 30. November
2012 bis zu einer Hauptsacheentscheidung des Senats
außer Vollzug zu setzen.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes
zurückzuweisen.
Er hält den Antrag für unzulässig, weil dem Antragsteller hinsichtlich seiner An-
träge im Hauptsacheverfahren die erforderliche Antragsbefugnis fehle. Dies
folge bereits aus § 1 Abs. 4 WBO, weil sich der Antragsteller gemeinsam mit
sechs weiteren Soldaten in wortgleichen Schriftsätzen gegen denselben Anlass
wende und dabei als beteiligungsrechtliches Einzelorgan des 6. GVPA auftrete.
Die Absicht dieser Soldaten, gemeinsam auf den Bundesminister der Verteidi-
gung einzuwirken, sei unverkennbar. Rechte des Antragstellers seien durch den
strittigen Erlass nicht berührt. Das Soldatenbeteiligungsgesetz sehe keine Bil-
dung von soldatischen Beteiligungsgremien auf der Ebene der Kommandos der
militärischen Organisationsbereiche vor, wie sie durch den angegriffenen Erlass
erfolgt sei. Auf dieser Ebene gebe es auch keine gesetzliche Lücke, die es zu
schließen gelte. Die Beteiligung eines soldatischen Beteiligungsgremiums zu
Grundsatzangelegenheiten, soweit diese Soldaten beträfen, habe bislang auf
dieser Ebene nicht stattgefunden. Vielmehr handele es sich bei dem strittigen
Erlass um eine freiwillige Beteiligungserweiterung des Bundesministeriums der
Verteidigung, aus der der Antragsteller keine gesetzlichen Ansprüche geltend
machen könne. Dies werde in dem strittigen Erlass im Abschnitt II.3 deutlich
zum Ausdruck gebracht.
Außerdem übten die Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse keine gesetz-
lichen Beteiligungsrechte aus, die dem Antragsteller zustünden. Nach der Aus-
gliederung der Inspekteure aus dem Bundesministerium der Verteidigung in den
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nachgeordneten Bereich seien deren Grundsatzentscheidungen nicht mehr
einer Beteiligung des GVPA zugänglich, weil es sich nicht mehr um Regelungen
des Ministeriums im Sinne des § 37 Abs. 1 SBG handele. Der Versuch des An-
tragstellers, mit der Antragsbegründung die Rechte der örtlichen Personalräte
als Prozessstandschafter wahrzunehmen, entbehre einer verfahrensrechtlichen
oder materiellrechtlichen Grundlage.
In der Sache sei an der Rechtmäßigkeit des strittigen Erlasses nicht zu zwei-
feln. Zwar gebe es unstreitig keine unterschiedlichen Arten von Mitgliedschaften
im GVPA. Der Antragsteller verkenne jedoch, dass es sich vorliegend nicht um
die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten durch den GVPA, sondern um neue
Aufgaben für einen Teil der Mitglieder des Gremiums zur Wahrnehmung außer-
halb des GVPA handele, die in keinem Zusammenhang mit den in §§ 35 ff.
SBG geregelten Aufgaben stünden. Materielle Überschneidungen von Beteili-
gungsrechten des für den Antragsteller zuständigen örtlichen Personalrats so-
wie der Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse und der ab 1. April 2013
bei den Kommandos der militärischen Organisationsbereiche zu bildenden Be-
zirkspersonalräte könnten nicht entstehen, weil es sich um voneinander unab-
hängige beteiligungsrechtliche Regelungskreise handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Ak-
ten Bezug genommen. Die Verfahrensakten des Bundesministers der Verteidi-
gung - R II 2 - …/12 und …/12 sowie die Gerichtsakte BVerwG 1 WB 17.13 ha-
ben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.
1. Der Antragsteller hat den richtigen Rechtsweg beschritten.
Für den gerichtlichen Rechtsschutz der Vertrauensperson ist nach erfolglos
durchgeführtem Beschwerdeverfahren gemäß § 16 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1
WBO der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet, wenn die Vertrau-
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ensperson geltend macht, sie sei in der Ausübung der ihr nach dem Soldaten-
beteiligungsgesetz eingeräumten Befugnisse behindert oder wegen ihrer Tätig-
keit benachteiligt worden (stRspr seit dem Beschluss vom 10. November 1993
- BVerwG 1 WB 85.92 - BVerwGE 103, 43 <45> = NZWehrr 1994, 70; ebenso
Beschluss vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223
<225 ff.> = Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2). Dasselbe gilt gemäß § 36 Abs. 5
SBG für die Mitglieder des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, wie hier
den Antragsteller (vgl. dazu Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB
17.08 - Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1 Rn. 24 m.w.N.). Mit seinem Vortrag, das
Bundesministerium der Verteidigung habe mit dem strittigen Erlass seinen An-
spruch auf Gleichbehandlung als Mitglied des GVPA verletzt, macht der An-
tragsteller sinngemäß eine Behinderung in der Ausübung seiner Befugnisse als
Mitglied des Gesamtvertrauenspersonenausschusses geltend. Soweit er sich
außerdem auf die mögliche Verletzung von Beteiligungsrechten des für ihn zu-
ständigen örtlichen Personalrats und auf die Verletzung seiner eigenen Rechte
als Soldat im Hinblick auf die mögliche Beteiligung falscher Beteiligungsorgane
bezieht, ist auch insoweit gemäß § 17 Abs. 1 WBO i.V.m. § 35 SG und § 16
SBG der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.
2. Für die Entscheidung ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig.
Gegenstand des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist ein
Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung. Eine Maßnahme des Bun-
desministers der Verteidigung im Sinne von § 21 Abs. 1 WBO liegt auch dann
vor, wenn er unter der Bezeichnung „Bundesministerium der Verteidigung“
- hier: FüSK II 4 - als oberste Dienstbehörde handelt (stRspr, vgl. z.B. Be-
schluss vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 25
Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1> m.w.N.).
3. Der Antrag hat keinen Erfolg, weil dem Antragsteller keine Antragsbefugnis
zusteht.
a) Das folgt allerdings nicht aus der Vorschrift des § 1 Abs. 4 WBO, der ge-
meinschaftliche Beschwerden für unzulässig erklärt. Bei dem Antragsbegehren
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des Antragstellers handelt es sich nicht um eine gemeinschaftliche Beschwer-
de. Dafür wäre Voraussetzung, dass sein Rechtsbehelf so verstanden werden
müsste, dass er ihn zugleich im Namen der weiteren sechs Soldatenvertreter im
Hauptpersonalrat im Bundesministerium der Verteidigung stellt, die ebenfalls
den strittigen Erlass mit einem Hauptsacheantrag und mit einem Antrag auf
Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes angefochten haben, die inhaltlich den
Anträgen des Antragstellers entsprechen. Aus den gesamten Umständen ergibt
sich indessen, dass der Antragsteller für sich in seiner Person das vorliegende
Verfahren führen will und nicht zugleich auch für mehrere Kameraden, die sich
durch denselben Beschwerdeanlass unrichtig behandelt fühlen (vgl. zu diesem
Abgrenzungskriterium im Einzelnen: Beschluss vom 28. August 2012 - BVerwG
1 WB 52.11 - Rn. 22).
b) Der Antragsteller hat für das Verfahren jedoch keine Antragsbefugnis als
Mitglied des 6. GVPA gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG.
Er wünscht nicht als gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 SBG zum GVPA hinzutretendes
Mitglied seine Aufnahme in einen der Übergangs-Vertrauenspersonen-
ausschüsse auf der Basis einer Gleichstellung mit den GVPA-Mitgliedern nach
§ 35 Abs. 1 Satz 1 SBG. Vielmehr wendet er sich mit seinen Sachanträgen im
Hauptsacheverfahren gegen die Entscheidung des Bundesministeriums der
Verteidigung, im Erlasswege ohne gesetzliche Grundlage ein neues Beteili-
gungsgremium für Grundsatzregelungen auf der Ebene der dem Ministerium
unmittelbar nachgeordneten Kommandos der fünf militärischen Organisations-
bereiche zu bilden, in dem nur die Mitglieder des GVPA nach § 35 Abs. 1
Satz 1 SBG, nicht aber die Soldatenvertreter im Hauptpersonalrat beim Bun-
desministerium der Verteidigung Mitglieder sind. Auf ein in diesem Sinne gel-
tend gemachtes Abwehrrecht als Mitglied des GVPA gegen die Schaffung zu-
sätzlicher Beteiligungsgremien kann sich der Antragsteller nicht berufen.
Als Mitglied des GVPA verfügt der Antragsteller - entsprechend den Regelun-
gen in Kapitel 3 Abschnitt 2 des Soldatenbeteiligungsgesetzes - über Mitwir-
kungs- und Beteiligungsrechte, die allerdings nicht ihm allein, sondern nur dem
GVPA als Gremium zustehen. Eventuelle Verletzungen dieser Beteiligungs-
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rechte können deshalb nur durch den GVPA selbst, vertreten durch seinen
Sprecher, gegebenenfalls gemeinsam mit dem jeweiligen Bereichssprecher
(§ 40 Abs. 2 Satz 2 und 3 SBG), im Wehrbeschwerdeverfahren geltend ge-
macht werden; eine Geltendmachung dieser Rechte des Gremiums durch ein-
zelne Mitglieder des GVPA ist ausgeschlossen (vgl. im Einzelnen: Beschluss
vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 30 m.w.N.
Buchholz 449.7 § 36 SBG Nr. 1>).
Die mittelbaren und unmittelbaren Rechte der einzelnen Mitglieder des GVPA
sind sämtlich dadurch gekennzeichnet, dass sie sich auf die Wahrnehmung der
Mitglieds-Befugnisse GVPA beziehen. Der mitgliedsbezogene Gleichbe-
handlungsanspruch des Antragstellers kann sich deshalb nur auf die Rechte
GVPA beziehen. Diese Rechte werden durch den angefochtenen Erlass jedoch
inhaltlich weder verkürzt noch überhaupt tangiert. Der GVPA mit seinen Mitglie-
dern nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SBG stellt weiterhin das Beteiligungs-
organ der Soldaten auf der höchsten, zentralen Ebene der Bundeswehr dar.
Die Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse sind demgegenüber völlig
neue Beteiligungsgremien, die unabhängig vom GVPA bestehen; ihnen werden
in Abschnitt II des Erlasses eigenständige Rechte eingeräumt. Der strittige Er-
lass berührt mithin nicht die Rechte der GVPA-Mitglieder ihrem Gremium,
sondern lediglich Beteiligungs, weil durch die Ausgliederung der Inspek-
teure aus dem Bundesministerium der Verteidigung deren Grundsatzregelun-
gen nicht mehr solche des Bundesministeriums der Verteidigung sind. Die Ent-
scheidung zur Ausgliederung der Inspekteure aus dem Ministerium ist eine Or-
ganisationsentscheidung des Bundesministers der Verteidigung im Dresdner
Erlass.
Da das Personalvertretungsrecht (und damit auch das Soldatenvertretungs-
recht) ein Organisationsfolgerecht darstellt, richten sich die Mitwirkungs-, Mit-
glieds- und Beteiligungsrechte der jeweils betroffenen Vertretungsorgane nach
der von der Dienststelle vorgegebenen Organisation (OVG Rheinland-Pfalz,
Beschluss vom 8. Februar 2000 - 4 B 10148/00 - PersR 2000, 171 = juris
Rn. 15; vgl. auch Beschluss vom 4. Februar 2010 - BVerwG 6 PB 38.09 - Buch-
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holz 250 § 14 BPersVG Nr. 6 Rn. 7). Ein individuelles Recht des einzelnen Mit-
glieds des GVPA darauf, dass die innere Struktur des Bundesministeriums der
Verteidigung organisatorisch unverändert bleibt, existiert nicht. Ebenso wenig
gibt es für das einzelne Mitglied des GVPA ein individuelles Schutz- oder Ab-
wehrrecht (oder eine entsprechende Befugnis im Sinne des § 16 SBG) da-
gegen, dass außerhalbdes GVPA neue Beteiligungsorgane etabliert werden.
c) Eine Antragsbefugnis steht dem Antragsteller auch nicht zur Wahrnehmung
von Rechten für andere Gremien, hier für den für ihn zuständigen örtlichen Per-
sonalrat, zu.
Eine Wahrnehmung der Rechte des örtlichen Personalrats durch Dritte im Sin-
ne einer Prozessstandschaft ist weder nach der Wehrbeschwerdeordnung noch
nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz zulässig. Vielmehr kann sich der Antrag-
steller im Rahmen des § 16 SBG nur auf „seine“ Befugnisse und auf die ihm als
Mitglied des GVPA zustehenden Rechte berufen. Sollte der für den Antragstel-
ler zuständige örtliche Personalrat durch Entscheidungen der Über-
gangs-Vertrauenspersonenausschüsse in seinen Rechten verletzt werden, blie-
be es ihm unbenommen, sich dagegen im Rahmen des § 16 SBG i.V.m. § 17
Abs. 1 WBO selbst zu wehren.
Nach diesen Kriterien kommt auch die Annahme einer Prozessstandschaft für
einen der neu zu wählenden Bezirkspersonalräte bei den Kommandos der mili-
tärischen Organisationsbereiche für den Antragsteller nicht in Betracht.
d) Soweit der Antragsteller schließlich geltend macht, er könne persönlich „als
Soldat“ in seinen Rechten verletzt sein, wenn die Übergangs-Vertrauens-
personenausschüsse eine Entscheidung träfen, die sich auf Entscheidungen
oder Maßnahmen auswirken könnten, die ihn individuell in seinen Rechten ver-
letzten, ist seine Antragsbefugnis ebenfalls nicht ersichtlich. Außerdem fehlt ihm
insoweit für den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes das erfor-
derliche Rechtsschutzbedürfnis. Da die Voraussetzungen für die Inanspruch-
nahme Rechtsschutzes unmittelbar gegen Entscheidungen der
Übergangs-Vertrauenspersonenausschüsse nicht vorliegen, weil diese Ent-
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scheidungen in der Regel einer Umsetzung im Ermessenswege bedürfen, ist
der Antragsteller vorrangig gehalten, gegen eine Maßnahme im Sinne des § 17
Abs. 3 WBO, die auf eine Entscheidung gestützt ist, an der ein Übergangs-
Vertrauenspersonenausschuss mitgewirkt hat, die Rechtsbehelfe nach der
Wehrbeschwerdeordnung zu ergreifen.
Dr. von Heimburg Dr. Frentz Dr. Langer